Kärnten: 1920/2020 - Festakt des Landes – Historisches Zeichen der Völkerverbindung

vonRedaktion International
OKTOBER 11, 2020

Foto: Landespressedienst/Fritzpress bzw. Bauer

Höhepunkt im Jubiläumsjahr: Geschichtsträchtige 10. Oktober-Feier des Landes ¬erstmals gemeinsam mit Bundespräsident Van der Bellen und Sloweniens Staatspräsident Pahor – LH Kaiser: Basis für erfolgreiche Zukunft Kärntens vor 100 Jahren geschaffen, in Vielfalt geeint! Van der Bellen entschuldigt sich bei Volksgruppe für Versäumnisse

Klagenfurt (LPD). Mit einem großen Aufgebot der Politik aus Österreich und Slowenien fand heute der Festakt des Landes Kärnten anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Volksabstimmung unter strengen Coronaauflagen im Landhaus und Landhaushof in Klagenfurt statt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Slowenische Staatspräsident Borut Pahor erwiesen erstmals gemeinsam Kärnten die Ehre und nahmen am historischen Gedenken an den Abwehrkampf und die demokratiepolitisch geschichtsträchtige Entscheidung 1920 Teil.

Landeshauptmann Peter Kaiser strich den denkwürdigen Tag auch in seiner Begrüßung hervor und tat es in zwei Sprachen: „Zum allerersten Mal nehmen heute zwei Staatsoberhäupter und große Freunde Kärntens an der Feier zum Gedenken der Volksabstimmung teil! Geschätzter Herr Bundespräsident Van der Bellen, lieber Alexander, Spo?tovani gospod predsednik Republike Slovenje, Pahor, /dragi Borut: Es ist mir ein tiefes Bedürfnis, mich bei euch für eure Teilnahme an den heurigen Feierlichkeiten zu bedanken. Hvala za vašo udeležbo! Danke für eure Teilnahme!“

Kaiser fand in seiner Rede klare Worte, wie die geschichtsträchtige Entscheidung am 10. Oktober 1919 zustande gekommen ist, wie sehr in langen Jahren das Trennende vor dem Verbindenden stand, wie tiefe Gräben gerissen wurden und wie Kärnten mit einem politischen Paradigmenwechsel, einem klaren Blick in die Zukunft und auf ein in Vielfalt geeintes Europa all diese Jahre überwunden hat und mit einer neuen Verbundenheit in die Zukunft blickt.

„Wenn wir heute der Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 – quasi der Geburtsstunde unseres heutigen Kärnten – gedenken, dann tun wir das nicht in einem verklärten Blick in die Vergangenheit. Heute gedenken wir diesem Tag mit der notwendigen Demut, dem aller höchsten Respekt für die Leistungen, den Einsatz und die Opferbereitschaft unserer Eltern und Groß- und Urgroßeltern, die mit ihrer damaligen Entscheidung für einen Verbleib bei Österreich das Fundament für unser heutiges gemeinsames Kärnten/Koro?ka gelegt haben“, sagte Kaiser. Der Landeshauptmann erinnerte daran, dass der Abwehrkampf hunderte Todesopfer und noch viel mehr Verletzte auf beiden Seiten gefordert hatte. „Ihnen allen gedenken wir in dem Bewusstsein, wie kostbar und doch zerbrechlich Frieden sein kann“, so Kaiser.

In seiner Rede wies der Landeshauptmann auch auf Zustandekommen des historischen Ergebnisses der Volksabstimmung hin: „Über 59 Prozent der befragten Bevölkerung hat für den Verbleib Kärntens bei der jungen Republik Österreich gestimmt. Dass ohne die überwältigende Zustimmung der slowenisch sprechenden Landsleute dieses Ergebnis nicht zustande gekommen wäre, wurde viele Jahre bei den 10. Oktober-Feiern verschwiegen. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Das Leid, dass viele Landsleute, insbesondere Angehörige der Slowenischen Volksgruppe durch Verfolgungen und Vertreibungen erdulden mussten, aber auch der hohe Blutzoll im Kampf gegen die Nazi-Herrschaft sind Bestandteil der Kärntner Geschichte!“
Doch gerade in den letzten Jahren habe sich in Kärnten eine neue Form der Erinnerungskultur entwickelt, an der es laut Kaiser gilt, weiter zu arbeiten. „Das heißt konkret, Aufeinander zuzugehen, statt Forderungen ausschließlich mit dem Blick auf eigene, nationale, regionale oder parteipolitische Vorteile zu stellen. Das heißt, das Gemeinsame vor das Trennende stellen und das heißt, den Blick für eine gemeinsame Zukunft in einem gemeinsamen in Vielfalt geeinten, mehrsprachigen Europa zu öffnen!“ Kaiser wiederholte seine klare Botschaft in slowenischer Sprache.

Der Landeshauptmann ging in seiner Rede auf die historische Ortstafellösung ein, die „die Tür in eine gemeinsame europäische Zukunft für alle Kärntnerinnen und Kärntner, deutsch- und slowenisch sprechende, weit aufgestoßen hat“. So habe die Ortstafellösung den entsprechenden Rückenwind für die Änderung der Landesverfassung gebracht, in der nun die slowenische Volksgruppe explizit und dauerhaft erwähnt ist. Kaiser fand in diesem Zusammenhang durchaus kritische Worte: „Ich sage ganz bewusst in Richtung all jener, die mit dem bisher Erreichten unzufrieden sind: Justament-Standpunkte und überzogene Forderungen helfen niemandem weiter. Wichtig ist es, die Hand zur Zusammenarbeit auszustrecken, auf den jeweils anderen zuzugehen!“

Der Landeshauptmann verband mit seiner Rede eine Bitte: „Ich denke heute auch an unsere gemeinsamen Landsleute in Slowenien. Ich darf Sie, geschätzte Herren Präsidenten, um entsprechendes Gehör und Unterstützung für deren Anliegen ersuchen!“

Kaiser zeichnete einen Bogen über viele Jahre, die Kärnten durch beispielsweise die dunkle Zeit des Nationalsozialismus, den Ortstafelkonflikt oder die Hypo/Heta-Krise getroffen und geprägt haben. „Doch der Wille, eine Lösung zu finden, die konstruktiven und zukunftsorientierten Kräfte im Land, unsere Landsleute, die sich nicht entmutigen haben lassen, haben es geschafft, dass Kärnten in den letzten Jahren richtiggehend aufgeblüht ist“, so Kaiser. So sei auch die Coronakrise zu bewältigen: „Gemeinsam, Schulter an Schulter mit dem Bund, mit unseren Nachbarn und mit Europa werden wir auch diese Krise meistern. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Kärnten wird sich wieder erholen und wieder zu dem werden, wozu wir auf dem besten Weg waren: Eine Region im Herzen Europas, die in Vielfalt geeint ist, die Mehrsprachigkeit lebt, in der man sich wohl fühlt und jeder Mensch Unterstützung bekommt, um seine Träume zu verwirklichen – ein Land zum Leben und zum Verlieben!“

Der slowenische Staatspräsident, Borut Pahor, betonte, seine Ansprache an die Österreichische und Slowenische Bevölkerung gleichermaßen zu halten. „Ich wünsche uns, dass uns dieses Fest heute verbindet. Daher sind wir, Bundespräsident Van der Bellen und ich gemeinsam anwesend“, so Pahor, der aus diesem Grund auch die Stadt Klagenfurt heute als „Hauptstadt des vereinten Europas“ bezeichnete.
Gemeinsames Feiern sei in den europäischen Werten, wie Respekt, Frieden, Integration, Zusammenarbeit begründet und der Festakt zum 10. Oktober in Kärnten werde diesen Werten gerecht. Pahor verhehlte in seiner Rede nicht, dass der Slowenischen Volksgruppe vor und auch nach der Volksabstimmung viel versprochen worden ist. „Vieles des Artikel 7 im Staatsvertrag ist erfüllt, vieles noch nicht“, so Pahor.

Der Staatspräsident rückte jedoch die Gegenwart und Zukunft in den Mittelpunkt seiner Rede, in dem er auf das deutliche verbesserte Verhältnis zwischen Kärntnern und der slowenischen Volksgruppe einging. „Der EU-Beitritt ließ die Grenzen zwischen unseren Ländern weiter schwinden. Daher können wir eine friedliche und sichere Zukunft aufbauen. Das können wir nur gemeinsam“, so Pahor. Auch durch Bundespräsident Van der Bellen seien die nachbarschaftlichen Beziehungen wesentlich verbessert worden. „Die Vielsprachigkeit gibt uns allen Weite. Wir leben in der Besten aller Zeiten, wir leben in Frieden, womit Fortschritt möglich wird. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber wir können die Zukunft gestalten“, schloss Pahor seinen Appell an die Gemeinsamkeit.

Aufhorchen ließ schließlich Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Rede, als er sich in seiner Funktion für das „erlittene Unrecht, für das späte Umsetzen verfassungsmäßig abgesicherter Rechte“ bei der slowenischen Volksgruppe offiziell und auch in slowenischer Sprache entschuldigte. Die slowenische Volksgruppe sei ein selbstverständlicher Teil Österreichs, doch habe man sich „leider nicht immer an die im Artikel 8 festgehaltenen Umgangsformen und Bekenntnisse gehalten“.

Van der Bellen bekräftigte, dass das gemeinsame Feiern, das gemeinsame Gedenken, auch Mut erfordere, aber dieser Festakt sei damit auch ein Beweis für die guten nachbarschaftlichen Beziehungen, für das gegenseitige Verständnis und damit ein Zeichen, dass Europa wirke. „In Kärnten wurde vieles erreicht, manche offen Wunde ist verheilt. Aber Volksgruppenpolitik muss jeden Tag weiterentwickelt werden – überall, nicht nur in Kärnten“, so Van der Bellen.

Auf Grund der Coronapandemie konnte das Land dieses für Kärntens Einheit so bedeutende Jubiläum nicht im großen Rahmen feiern. Mittels mehrerer kleiner Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen in den Gemeinden und in Klagenfurt sowie der Übertragungen des Landespressedienstes über Internet und dem ORF schaffte das Land Kärnten Rahmenbedingungen, die es allem Kärntnerinnen und Kärntnern möglich machten, an den Feiern, den Würdigungen und dem Gedenken teilzuhaben.

Quelle: Land Kärnten

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