vonRedaktion Salzburg
JÄNNER 26, 2024
Wie alles begann: Obwohl der Hund als Weggefährte und Sozialpartner seit gut 15.000 Jahren an der Seite des Menschen lebt, sind Hunde im Rettungswesen eine recht moderne Erscheinung.
Der Hund als Retter des Menschen
Durch Zufall entdeckte man im Jahre 1939 in Andermatt in der Schweiz bei einem Lawinenunglück, die Fähigkeit des Hundes, Verschüttete aufzuspüren. Ein Dackel namens „Moriztli“, der einem Holzfäller gehörte, fand damals den Verunglückten, der lebend geborgen werden konnte. Den „Durchbruch“ für die Notwendigkeit von Lawinenhunden brachte der Katastrophenwinter 1950/51. In Trins hatte der Hund „Zorn“ fünf Stunden nach dem Abgang einer Lawine Erfolg: Der Verunglückte konnte lebend geborgen werden. Damals gab es aber nur vereinzelt Hunde im Bergrettungsdienst. In den Ortsstellen der Bergrettung Salzburg führten einige wenige Bergretter privat Lawinenhunde. 1947 wurde von der Landesleitung der Aufruf gestartet, dass sich geeignete Hundeführer-Teams zur Ausbildung als Lawinenhundeführer melden sollten. Die Bergrettungshundestaffel wurde in Salzburg offiziell 1948 mit der Entsendung von einigen Hundeführern zur Ausbildung nach Tirol gegründet.
Der erste Leiter der Lawinenhundestaffel Salzburg der Bad Gasteiner Hans Laventhaler. Laventhaler folgten als Referenten Bassetti, Rohrmoser, Mayerhofer, Egger, Hirscher, Hettegger und Zeferer.
Die Anzahl der Lawinenhunde im Österreichischen Bergrettungsdienst wuchs ständig. In Salzburg gibt es derzeit 30 Hundeführer und Hundeführerinnen und in Österreich sind momentan etwa 260 ausgebildete Lawinen- und Suchhundeführer das ganze Jahr im Einsatz.
Lange Alarmierungskette für Lawineneinsätze
In den frühen 50er-Jahren wurde bei einem Lawineneinsatz noch über die Gendarmarie alarmiert. Zuerst verständigte man telefonisch den Landesleiter, dieser gab den jeweiligen Einsatz dann an den zuständigen Hundereferenten weiter. So wurde bis in die 60er-Jahre alarmiert. In diesen Jahren erstellte die Hundestaffel der Bergrettung Listenaushänge mit den jeweiligen Lawinenhundeführern in den Bezirken. Die Listen wurden an Meldestellen, Schutzhütten, Alpengasthäuser, Bahnhöfen, Hotels oder Seilbahnbetrieben weitergeleitet und dort ausgehängt. Es gab Telefonketten, jeder Hundeführer informierte weitere fünf Hundeführer usw. Die Alarmierung geschah aber bis in die späten 70er-Jahren über den Referenten der Hundestaffel. Trotz körperlichen Einsatzes kamen die Rettungsmannschaften meist zu spät zum Unfallort. Funkgeräte kamen bereits in den 50-er Jahren zum Einsatz. Schon 1962 standen funktionstüchtigere Funkgeräte der Marke Osbone zur Verfügung. 1967 konnte bei der Bergrettung Salzburg die erste größere Anschaffung von UKW-Sprechfunkgeräten durchgeführt werden.
1961 wurden die ersten Hubschraubereinsätze mit Lawinenhunden ge?ogen. Damit hatte man ein äußerst wertvolles Transportgerät im Kampf gegen die Zeit gewonnen. 1984 führte man eine Pager-Alarmierung für Hundeführer ein. Alarmiert wurde jedoch immer noch zuerst telefonisch über den Referenten. Erst im März 1989 wurde ein „Pager-Rufsystem“ in Betrieb genommen. Die Alarmierung erfolgte über RK-Bezirksleitstellen, später über die RK-Leitstellen Süd und Nord.
Beispiele Lawinen Kaprun Werfenweng – siehe Beilage
Pick-up-System für Hundeführer der Bergrettung
Erst 2010 wurde im Bundesland Salzburg das sogenannte Pick-up System eingefügt. Beim Pick-up-System werden verfügbare Bergrettungshundeführer vom Einsatz-Hubschrauberteam direkt von deren aktuellen Standplatz aufgenommen und sofort zum Lawinenkegel geflogen. Nur so gelingt es nun, in kürzester Zeit die best- und schnellstmögliche Hilfe zu gewährleisten. Denn, bei Lawinenunfällen spielt bekanntlich der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle für das Überleben der Opfer, da die Überlebenschance nach 15 Minuten dramatisch sinkt. Trotzdem wurden in der Vergangenheit und werden Verschüttete auch jetzt immer wieder erst nach mehreren Stunden lebend geborgen. Doch durch Einführung dieses Systems konnte von einem Hundeführer der Bergrettung erstmals etwa im März 2013 ein Verschütteter rasch lebend gerettet werden. Der Lawinenabgang war im Jakoberkar zwischen Großem und Kleinem Mosermandl (2.680) im Zederhauser Riedingtal.
Hundeführer der Bergretter sind Einsatzleiter
Die Bergrettung ist die gesetzlich anerkannte alpine Einsatzorganisation für alpine Unfälle in Österreich. Daher ist seit Jahren die Ausbildung standardisiert vorgeschrieben: alle Hundeführer und Hundeführerinnen der Bergrettung müssen vor ihrer Ausbildung zum Hundeführer die Ausbildung zum Bergretter/zur Bergretterin durchlaufen: sie absolvieren einen alpinen Erste-Hilfe-Kurs, einen Fels- und Eiskurs. Zusätzlich sind sie in ihren jeweiligen Ortsstellen aktiv und haben eine Ausbildung zum Einsatzleiter absolviert: „So stellen wir sicher, dass unsere Hundeführer, wenn sie bei Lawineneinsätzen als Erste/r vor Ort sind, diese auch übernehmen und koordinieren können“, sagt Referent Thomas Zeferer.
Schäferhunde bevorzugte Rasse
Der erste Aufruf zu organisierten, eigenen Lawinenhundekursen in Salzburg erfolgte im Jahr 1955 von der Landesleitung: Der Kurs wurde im Dezember 1955 beim Arthurhaus abgehalten; die Hundeführer sollten „geeignete Hunderassen wie Schäferhunde“ haben und vorausgesetzt wurde eine Unterordnungsprüfung „BGH“. Erst in den 80-er Jahren setzte man auch auf andere Rassen; vor allem auf wintertaugliche Hunde, die gut kälte- und nässeverträglich und nicht zu groß oder zu klein sind. „Generell ist es gut, wenn Hunde einen ausgeprägten Spieltrieb haben, den wir für die Sucharbeit nützen“, so Ausbildungsleiter Christian Binggl aus Obertauern. „Viele unsere Hunde werden auch für die Jagd gezüchtet, wie Laufhunde, Vorstehhunde, Apportier-, Stöber- und Wasserhunde oder auch Hütehunde. „Wir haben aber keine Showlinen, dafür etwa Schäferhunde (zuchtabhängig), Retriever, Border Collies, französische Vorstehhunde oder Münsterländer.“
Ausbildung einst und jetzt
Ferdinand Schmutz, ein weltberühmter Kynologe (Hundeforscher) entwickelte etwa in der Zeit des zweiten Weltkrieges in der Schweiz, ein System zum Abrichten von Lawinenhunden: das sogenannte „5-Phasen-System“. In Österreich wurden gegen Ende des Kriegs, in der Höheren Militärschule in St. Johann in Tirol, ähnliche Versuche durchgeführt. Karl Frei trug die Idee an den Österreichischen Bergrettungsdienst heran, wo sie auf fruchtbaren Boden fiel.
„Das 5-Phasen-System wurde erstmals 1962 von den Tiroler Bergrettern in Heftform gebracht“, sagt der Ausbildungsleiter, „es hat aber nach wie vor volle Gültigkeit. Geändert hat sich - auch neben verschiedenen Rassen in unseren Reihen - in der Ausbildung vor allem die soziale Komponente. Es wird viel mehr das „soziale Wesen Hund“ berücksichtigt.“ So arbeiten die Bergretter mit weniger Strenge und dafür mit mehr Lob und Spiel. Eine gute Hund-Mensch-Beziehung ist Grundlage für erfolgreiche Sucharbeiten. „Während man früher mit der Sucharbeit erst nach einem Jahr startete, beginnen wir heute mit den Welpen spielerisch und bereiten sie so auf ihre künftigen Aufgaben vor.“ In den ersten Wochen und Monaten seines Lebens lernt ein angehender Lawinenhund bereits seine künftigen „Arbeitskollegen“ kennen. Auch wenn er das Suchen und Orten eines Verschütteten noch nicht einmal in Ansätzen beherrscht wird der junge Hund zu allen Ausbildungskursen mitgenommen, um die übrigen Suchhunde kennen zu lernen. „Im Rudel mit den anderen Tieren lernt der Junghund automatisch und ohne Anweisung ungeheuer viel: die Kommunikation mit den Artgenossen, die Gesten der Unterwerfung usw. Das ist wichtig. Denn stellen Sie sich vor, in einem Hubschrauber oder mit einem Pistengerät werden mehrere Hunde transportiert – da darf es zu keinen Rivalitäten unter den Tieren und zu keinen Beißereien oder gar Bissverletzungen kommen“, betont Binggl. Ist der Hund drei Jahre alt, dann hat er zumeist die wichtigsten Ausbildungen absolviert und ist für die Einsätze bereit.
Die Bergrettung Salzburg verfügt neben ausgebildeten Lawinenhunden über Flächensuchhunde (Stöberhunde) und seit dem Jahr 2008 verfügt die Bergrettung Salzburg über ausgebildete Mantrailerteams (Personenspürhunde, sie suchen nach individuellem Geruch Vermisster). Mit dieser Suche können seither auch im Sommer Einsätze effizienter und erfolgreicher gemacht werden.
40 Jahre Winterausbildung in Zauchensee
Seit 40 Jahren ist die Hundestaffel der Bergrettung in Zauchensee zu Gast und wird von den Bergbahnen und der Familie Scheffer bei der Winterarbeit unkompliziert unterstützt. Es dürfen von uns kostenlos die Seilbahnanlagen genutzt werden und zusätzlich werden die Hundeführer durch die Mitarbeiter der Bergbahnen durch Pistenraupen- oder Skidoofahren mit Hunden unterstützt. Das hat eine große Bedeutung für die Ausbildung der Hundeteams, denn je früher Welpen mit ihren späteren Aufgaben vertraut werden, umso leichter lernen sie. Besonders wichtig sind stressfreie Phasen des Lernens wie zwischen der achten und der 16. Lebenswoche. Was der Hund hier lernt, das bleibt ihm immer in Erinnerung. Daher sind bereits die kleinsten Welpen mit dabei und lernen spielerisch ihr künftiges Aufgabengebiet kennen. Mit ihren Besitzern fahren sie am Schlepp- oder Sessellift mit, oder lernen den Transport mittels Skidoo oder Pistenraupe kennen. Im Ernstfall zählt Zeit und es ist sehr wichtig, dass der Transport zum Lawineneinsatz für den Hund stressfrei erfolgt.
„Bereits mein Vater, Benedikt Scheffer, unterstützte gerne die Bergrettung und deren Hundeführer“, meint Vroni Scheffer, von der Liftgesellschaft Zauchensee. Vor über 40 Jahren waren einige starke Lawinenabgänge und Einsätze im Pongau und in der nähren Umgebung, daher „sind wir stolz darauf, dass die Bergrettung bei uns im Skigebiet aktiv ist. Denn auch wir brauchen immer wieder die Männer und Frauen der Bergrettung und deren Hunde. Immer wieder sind Wintersportler bei widrigsten Bedingungen - trotz aller Warnungen - abseits im Gelände unterwegs. Ich finde es ganz besonders bewundernswert, dass viele der Bergretter in Folge im gefährlichen und fordernden Gelände im Einsatz sind. Viele von ihnen haben Familie und Kinder und diese hoffen bei solchen Einsätzen auf ein gesundes Zurückkommen ihrer Angehörigen. Meiner Meinung ist es auch Aufgabe der Seilbahnen, die Bergrettung zu unterstützen.“
Quelle: Mag. Maria Riedler e.a. Pressereferentin Bergrettung Salzburg