Österreich: Alpenverein gedenkt 100 Jahren Ausschluss jüdischer Mitglieder

vonOTS
DEZEMBER 10, 2024

Foto: Privatarchiv Nicholas Teller, Hamburg (Fotograf unbekannt)

Die Alpenvereinssektion „Donauland“ war 1921 von jüdischen und liberalen Bergsteigern in Wien gegründet worden. Nur drei Jahre später wurde sie zum Austritt aus dem Alpenverein aufgefordert und schließlich ausgeschlossen. Dieser Höhepunkt der antisemitischen Strömung im Alpenverein jährt sich heuer zum 100. Mal. Im Rahmen des Gedenkjahres erinnert der Österreichische Alpenverein an die dramatischen Hintergründe und erzählt die bewegenden Geschichten jüdischer Bergsteiger. Am 13. Dezember wird mit dem Deutschen Alpenverein eine gemeinsame Gedenkveranstaltung im Alpinen Museum in München umgesetzt.

Die antisemitische und völkische Strömung war im damaligen „Deutschen und Oesterreichischen Alpenverein“ (DuOeAV) schon Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg gegenwärtig. Sie erreichte im Dezember 1924 mit dem Ausschluss der jüdisch-liberalen Sektion Donauland ihren Höhepunkt. Nun, 100 Jahre später, erinnert der Österreichische Alpenverein daran. „Der Alpenverein stellt sich gegen Intoleranz und Hass. Aus diesem Grund nehmen wir die Aufgabe ernst, uns mit Antisemitismus in unserer Vereinsgeschichte auseinanderzusetzen. Auf mehreren Ebenen werden Projekte umgesetzt, um an die Geschehnisse zu erinnern, insbesondere an den Ausschluss der Sektion Donauland aus dem Verein“, so Wolfgang Schnabl, Präsident des Österreichischen Alpenvereins.

Historische Akten: Fragmente der Vergangenheit

In nur wenigen Klemmmappen finden die historischen Akten Platz, die noch heute die Geschichte von Donauland erzählen. Sie befinden sich im Alpenvereins-Archiv in Innsbruck, nehmen physisch wenig Platz in Anspruch, inhaltlich sind sie umso brisanter: Die Unterlagen dokumentieren die Gründung der Sektion, die sofort einsetzenden Proteste und Verleumdungen. Vor allem belegen diverse Briefwechsel die schrittweise Entwicklung hin bis zum Ausschluss der Sektion.

„Jüdische Pionierinnen und Pioniere prägten den Alpinismus mit und engagierten sich im Alpenverein”, weist Wolfgang Schnabl hin. „In diversen Publikationen informiert der Alpenverein im heurigen Gedenkjahr auch über jüdische Persönlichkeiten dieser Zeit, die stellvertretend für alle Mitglieder stehen, die einst aus antisemitischen Gründen ausgegrenzt wurden.”

Ausgeschlossen, aufgelöst, enteignet

Die historischen Dokumente zeugen davon, wie sich das antisemitische Gedankengut nach dem Ersten Weltkrieg verbreitete: Viele österreichische Sektionen des Alpenvereins führten einen „Arierparagraphen“ ein, um die Mitgliedschaft jüdischer und für jüdisch gehaltener Bergsteiger zu verhindern. Ausgestoßene Bergsteiger gründeten daraufhin 1921 die Sektion Donauland. Der darauffolgenden Aufforderung zum Austritt aus dem Alpenverein kam Donauland nicht nach. Sie wurde dann vor genau 100 Jahren im Dezember 1924 unter fadenscheinigen Argumenten und mit überwältigender Mehrheit von 89,7 Prozent der Delegiertenstimmen ausgeschlossen. Trotzdem setzte Donauland seine Tätigkeit als unabhängiger Verein mit doppeltem Einsatz fort. 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich, wurde Donauland enteignet und als Verein aufgelöst. Nach 1945 reaktivierten Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung Donauland, der Verein musste aber 1976 mangels Mitglieder aufgelöst werden.

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Quelle: OTS

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