vonRedaktion Salzburg
OKTOBER 20, 2021
Sie ist Olympiasiegerin im Straßenradrennen, promovierte Mathematikerin und seit Kurzem auch Sportlerin des Jahres: Zwischen Trainingseinheiten und Differenzialgleichungen fand Anna Kiesenhofer Zeit für einen kurzen Graz-Besuch.
Es war ein historischer Sieg, der Anna Kiesenhofer von einer Minute auf die andere zum Sportstar machte: Beim Straßenradrennen der Damen in Tokio radelte sie direkt zu Olympiagold und schrieb damit österreichische Sportgeschichte. "Ich habe es selbst bis zur Ziellinie nicht glauben können. Die letzten 40 Kilometer bin ich alleine gefahren und dann habe ich mir gedacht: Es gibt eine gewisse Chance, dass ich gewinne. Das Überraschungsmoment war sicher auf meiner Seite", erinnert sich die 30-jährige Niederösterreicherin.
Im Zuge eines Besuchs bei ihrer steirischen Mannschaft, dem Team Cookina Graz, fand die Radrennsportlerin heute Zeit sich in das Goldene Buch der Stadt Graz einzutragen. Sportstadtrat Kurt Hohensinner empfing die Olympionikin stellvertretend für Bürgermeister Siegfried Nagl im Rathaus. „Für uns als Stadt ist es eine große Ehre, dass eine Olympiasiegerin für ein Grazer Team fährt. Wir waren alle begeistert", freut sich Hohensinner, der der Sportlerin bei dieser Gelegenheit auch gleich die Staatsmeisterehrung der Stadt nachreichte. „In erster Linie gehört der Sieg immer der Sportlerin. In zweiter Linie ist es aber nicht nur olympisches Gold, sondern auch Gold wert, wenn so ein Sieg die Kinder mitzieht", ergänzt Hohensinner. Ganz in diesem Sinne stimmte Anna Kiesenhofer auch gleich zu, offiziell Botschafterin des Sportjahres 2021 und damit ein Vorbild für die Nachwuchstalente zu werden.
Das perfekt durchkalkulierte Rennen lag nicht zuletzt an dem Beruf der frisch gekürten Sportlerin des Jahres 2021: Als promovierte Mathematikerin ist Kiesenhofer an der École polytechnique fédérale in Lausanne beschäftigt. Ihre Spezialität: partielle Differenzialgleichungen.
In das Grazer Team holte sie Klaus Kabasser, Sportlicher Leiter des Nationalteams im Frauenradsport, nach ihrem Sieg bei den Staatsmeisterschaften 2019. Er verfolgte sie bei ihrer Olympiafahrt im Begleitwagen und war auch heute mit dabei. Für die Einzelfahrerin, die ihren Fokus auf Zeitrennfahren legt, ist das kleine Team genau passend und auch die Stadt sagt ihr zu: „Ich finde Graz echt nett, ich mag die Atmosphäre gerne", so Kiesenhofer.
Dank der dreifachen Staatsmeisterin gibt es nach 125 Jahren, als Adolf Schmal 1896 Olympiasieger im Zwölf-Stunden-Rennen wurde, wieder Olympia-Gold im Radsport für Österreich. Um den Erfolg im Radsport aufrechtzuerhalten, braucht es aber auch die passende Infrastruktur, wie Gerald Pototschnig, Präsident des Landes-Radsport-Verbandes Steiermark, erklärte: „Die Grundkenntnisse eines Radrennfahrers lernt man nicht auf der Straße, sondern auf der Bahn. Ein Fußballplatz in Graz um den herum wir ein Asphaltband mit leicht erhobenen Kurven in der nötigen Breite ziehen können, würde schon reichen. Das wäre ein Meilenstein für unseren Sport."
Zum Saisonabschluss belegte die Ausnahmesportlerin Platz zwei im Einzelzeitfahren „Chrono des Nations" im französischen Les Herbiers und sorgte so für den ersten rot-weiß-roten Podiumsplatz in der Geschichte. Für die kommenden Jahre hat sich Anna Kiesenhofer noch große Ziele gesetzt: „Jetzt ist einmal Saisonpause. Danach stehen die Olympischen Spiele in Paris 2024 auf dem Plan - mit ein paar Zwischenstopps, wie den Weltmeisterschaften." Nach ihrem Besuch ging es für die Nominierte gleich weiter nach Wien zur Preisverleihung der „ÖsterreicherInnen des Jahres 2021".
Quelle: Stadt Graz