Wien: Anthropozän - Wiener Forschungsförderung mit mehrfachem Output

vonRedaktion Salzburg
JUNI 01, 2024

Wien

Ausstellung „testing grounds“ von Katrin Hornek in der Wiener Secession fußt auch auf WWTF Projekten zum Thema Anthropozän – Letzter Ausstellungstag mit Performance am Sonntag

Es kommt sicher nicht alle Tage vor, dass der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) eine Kunstausstellung koproduziert. Der Fall ist dies allerdings bei Katrin Horneks Ausstellung ‚testing grounds‘ im Hauptraum der Wiener Secession, die am Sonntag (2. 6. 2024) mit einer letzten Live-Performance zu Ende geht.

„Kunst und Wissenschaft als zwei kommunizierende Gefäße zu betrachten, fasziniert mich als Stadträtin für Kultur sowie für Wissenschaft selbstverständlich besonders“, betont Veronica Kaup-Hasler. „Es ist inspirierend zu sehen, dass der Output wissenschaftlicher Forschungen sich nicht allein auf ein abschließendes Paper beschränken muss, sondern zusätzlich auch in künstlerische Ausdrucksformen münden kann. In dieser klugen wie poetisch-sinnlichen Arbeit von Katrin Hornek vermittelt sich eine andere Dimension von Wissenschaft“, so die Wiener Stadträtin.

Ausstellungs- und Forschungsprojekt zum Anthropozän

Viele Überlegungen der zugleich lyrischen, atmosphärischen wie wissenschaftlichen Präsentation der Otto-Mauer-Preisträgerin in der Secession fußen im geologischen Forschungsprojekt ‚Die Anthropozän-Welle – Entwicklung, Ausdehnung und Tiefe der urbanen Umwelt Wiens‘, das Katrin Hornek von der Universität für angewandte Kunst gemeinsam mit Michael Wagreich von der Universität Wien durchgeführt hat. Die menschlichen Eingriffe in geologische Prozesse und die dabei hinterlassenen Spuren haben den Begriff des Anthropozäns geprägt.

Untersucht wurde das Anwachsen des menschlichen Einflusses in der obersten geologischen Schicht Wiens, u.a. konnten tatsächlich Spuren radioaktiven Niederschlags von atmosphärischen Atombombentests (sogenannter nuklearer „Fallout“) nachgewiesen werden. Diese lokale Erdprobe wurden als einzige urbane Referenzprobe (von der internationalen Anthropozänen Arbeitsgruppe) eingereicht um den Startpunkt der vorgeschlagenen Eopche zu definieren.

In ihrer künstlerischen Zusammenarbeit mit der Choreographin Karin Pauer, der Autorin Sabina Holzer und der Soundkünstlerin Zosia Ho?ubowska verknüpft Katrin Hornek (Jg. 1983) die wissenschaftlichen Fakten mit der ethischen Dimension der Atomwaffenversuche, die 1946 ausgehend von der Operation Crossroads im Bikini-Atoll, das globale Wettrüsten und den Kalten Krieg eröffnet haben. Eingebettet in eine immersive Installation in der Secession, transformiert die Künstlerin vor der Frage, in welchem Ausmaß die Atomenenergie in jeden Aspekt unseres Lebens eingedrungen ist, die Fu?lle an erfahrener und gesammelter Information (Fachwissen, Medien- und Zeitzeug*innenberichte, literarische Verarbeitungen etc.) in eine reduzierte räumlich-visuelle Setzung.

Hornek: "Folge den Geschichten in die verschiedensten Archive und Kreislöufe"

„Fast all meine künstlerischen Arbeiten gehen von Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungen aus, trotzdem berühren meine Themen auch stark die Gefühlsebene. In der Recherche folge ich den Geschichten in die verschiedensten Archive und biogenen Kreisläufe, bis in unsere Körper. Wenn ich die Erdschicht in Wien berühre, die Partikel des Fallouts enthalten, so berühre ich gleichzeitig Teile des Bikini-Atolls und der anderen Testorte. Zugleich lagern sich aber die Radionuklide in unseren eigenen Knochen ab. Wir sind also Teil dieses globalen Archivs. Wovon erzählen uns unsere Knochen, wenn wir ihnen zuhören?“

Michael Stampfer: "Wien hat exzellentes Forschungsniveau im Umweltbereich"

Das Forschungsprojekt ‚Die Anthropozän-Welle – Entwicklung, Ausdehnung und Tiefe der urbanen Umwelt Wiens‘ (‚The Anthropocene Surge - evolution, expansion and depth of Vienna's urban environment‘) wurde durch einen Projektcall des WWTF 2017 mit Fokus auf die urbane Umweltsystemforschung finanziert, ebenso das Anschlussprojekt ‚From Romans tot he Anthropocene, from Carnuntum to Vienna‘. „Die Wiener Forschungscommunity im Umweltbereich ist mittlerweile in Wien auf einem exzellenten Niveau angekommen. Das Feedback unserer internationalen Gutachter*innen ist sehr gut. Hier bewegt sich etwas“, so Michael Stampfer, Geschäftsführer des WWTF.

Auch Katrin Horneks aktuelles Forschungsprojekt „Embodied Soils“ wurde vom WWTF gefördert, es ist Teil von „NEXT – New Exciting Transfer Project Calls“, eine Forschungsschiene, in der es darum geht, den Output bereits geförderter Projekte in andere Gesellschaftsbereiche wie eben auch künstlerische Interventionen zu übertragen. Der WWTF wird von der Stadt Wien mit jährlich 12 Mio. Euro unterstützt, weitere Finanzgeber sind die AVZ Stiftung und private Spender. „Allein zum Thema ‘Anthropozän‘ haben wir zwischen 2017 bis 2022 insgesamt rund 1 Mio. Euro an Förderungen vergeben. Was uns hier besonders freut ist, dass es über den exzellenten wissenschaftlichen Output hinaus eine künstlerische Auseinandersetzung gibt, um Forschung erfahrbar zu machen.“

Weiterführende Informationen:

Über die Ausstellung

„testing grounds“, Secession (Friedrichstraße 12, 1010 Wien) bis 2. 6. 2024, Performance nach einer Choreografie von Karin Pauer, 2. 6., 15 bis 18 Uhr, https://secession.at/ausstellung_katrin_hornek; Pressefotos: https://secession.at/presse_katrin_hornek

Über den WWTF

Der WWTF ist ein privat-gemeinnütziger Forschungsförderer für Wien. Seine Aufgabe ist die Finanzierung von Spitzenprojekten in der wissenschaftlichen Forschung, gleichzeitig hat der WWTF das Ziel, exzellente junge Forscher*innen an den Standort Wien zu binden. Derzeit kann der Fonds zwischen 18 und 20 Mio. Euro an Förderungen jährlich vergeben. Seit 2003 hat der WWTF im Rahmen von zahlreichen hochkompetitiven Calls mehr als 265 Mio. Euro in die Wiener Wissenschaft investiert. Neben der Umweltsystemforschung zählen Life Sciences, Information- und Kommunikationstechnologien und die Kognitionswissenschaften zu den weiteren Schwerpunkten der zahlreichen Förderprogramme des WWTF. Weitere Informationen auf wwtf.at.


Quelle: Stadt Wien

Mehr Nachrichten aus

Wien