vonRedaktion Salzburg
MÄRZ 11, 2021
LRin Schaar: Aktuelle Erdbeben-Forschung berücksichtigen - grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert – Raus aus EURATOM
Klagenfurt (LPD). Der slowenische Atomreaktor Krško läuft bereits seit 40 Jahren. Das schwere Erdbeben der Stärke 6,4 im Dezember 2020 zeigte erneut, dass das nur 85 Kilometer vom Epizentrum entfernte Atomkraftwerk (AKW) mitten in einem Erdbebengebiet liegt und von den europäischen Reaktoren am stärksten durch seismische Erschütterungen gefährdet ist, wie neueste Forschungsergebnisse belegen.
Kärnten ist nicht nur gegen eine Verlängerung bzw. Erweiterung des bestehenden Kernkraftwerkes Krsko, sondern hat sich bereits mehrfach für eine Stilllegung ausgesprochen. „Wir fordern zum wiederholten Male - zum Schutz der österreichischen Bevölkerung und als Lehre aus Atomkatastrophen – im Falle einer Laufzeitverlängerung eine umfassende technische und seismische Prüfung der Anlage sowie eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)! Beim Endlager der Brennstäbe gibt es bereits ein grenzüberschreitendes UVP-Verfahren. Wir haben uns dabei als Land Kärnten gemeinsam mit dem Land Steiermark und der zuständigen LR.in Ursula Lackner innerösterreichisch im Zuge des Verfahrens beim Bund und der zuständigen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mit einer Kostenbeteiligung angehängt. Diesbezüglich bin ich laufend im Austausch mit LR.in Lackner und der zuständigen Klimaschutzministerin Gewessler. Es muss auch bei der Laufzeitverlängerung zu einer grenzüberschreitenden UVP kommen, hier werden wir analog vorgehen,“ betont Energie- und Umweltlandesrätin Sara Schaar heute, Mittwoch, im Rahmen einer Online-Pressekonferenz gemeinsam mit GLOBAL 2000.
„Kernkraft ist keine nachhaltige und zukunftsfähige Technologie. Die Risiken für die Bevölkerung sind unabsehbar wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Man sieht dies auch an der noch nicht geklärten Lagerung der Brennstäbe in Krsko: Es muss ein Hochsicherheitslager gefunden werden, dass für Jahrhunderte betreut werden muss“, appelliert Schaar. Durch den veralteten EURATOM-Vertrag fließen zudem weiterhin staatliche Beihilfen in problematische Technologien. „Wir fordern die Verantwortlichen der EU dringend auf, den EURATOM-Vertrag durch eine neue Rechtsgrundlage zu ersetzen, welche die Atomkraft nicht fördert, sondern auf erneuerbare Energieträger setzt. Um die Energiewende zu beschleunigen, ist es wichtig, jetzt in nachhaltige Technologien wie etwa Photovoltaik zu investieren“, so Schaar.
Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von GLOBAL 2000: „Die Betreibergesellschaft will den alten Reaktor in Krsko noch bis 2043 laufen lassen. Aufgrund der erfolgreichen Klage unserer slowenischen Partnerorganisation muss jetzt dieses Jahr eine internationale Umweltverträglichkeitsprüfung des Reaktors durchgeführt werden.“ Die neuere Erdbeben-Forschung zeigt, dass die Risiko-Annahmen, unter denen das AKW errichtet wurde und die seither sogar noch erhöht werden mussten, nicht mit aktuellen Erkenntnissen zu den Bruchlinien in der Nähe des Reaktors und dem daraus abgeleiteten Risiko vereinbar sind. „Krško wurde auf einen Spitzenwert der horizontalen Bodenbeschleunigung von 0,3 g ausgelegt. Schon das Beben der Stärke 5,4 (Intensität VII) vom 22.03.2020 bei Zagreb entsprach einer maximalen Bodenbeschleunigung von 0,4 g – und im 40 Kilometer vom Epizentrum entfernten Krško waren 0,2 bis 0,3 g zu erwarten“, erklärt Roman Lahodynsky, emeritierter Geologe am Institut für Risikoforschung der Universität Wien. „Das Gebiet von Krško wurde in historischer Zeit von mehreren Starkbeben erschüttert, deren stärkstes (1640) die Intensität IX hatte. Das Beben von Brezice (1917) erreichte die Stärke 5,7 (Intensität VIII). Von solchen Starkbeben an den Randstörungen des Krško-Beckens oder in der Nähe des Reaktors sind daher wesentlich höhere Bodenbeschleunigungen zu erwarten, für die es im alten AKW keine Sicherheitsspielräume mehr gibt.“
Da die schon seit 1995 empfohlenen höheren Werte für eine Nachrüstung des Reaktors nicht berücksichtigt wurden, hingegen jetzt ein angedachter weiterer Reaktor am Standort und ein Brennelemente-Lager auf 0,78 g - für einzelne Bauteile sogar auf 1,2 g - ausgelegt werden soll, ist ein Weiterbetrieb des alten Atomreaktors offenkundig unverantwortlich. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit einer Prüfung des Reaktors nicht nur ’auf dem Papier‘ dem permanenten Risiko eines schweren Atomunfalls tatsächlich ein Ende zu bereiten“, betont Uhrig. „Diese Prüfung kann 2021 im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen – erforderliche Umrüstungen sind teuer bis technisch unmöglich – dann erreicht der Reaktor in zwei Jahren das Ende seiner Laufzeit und muss abgeschaltet werden.“ Eine solche umfassende Prüfung ist aber laut Auskunft des slowenischen Ministeriums derzeit nicht vorgesehen – daher startet GLOBAL 2000 eine Petition, um den Alterungszustand des Krško-Reaktors zu überprüfen und das Erdbeben-Risiko neu bewerten zu lassen.
Quelle: Land Kärnten