vonRedaktion International
OKTOBER 04, 2021
Salzburg. Die Corona-Pandemie hat der Bauwirtschaft viele Unsicherheiten beschert. Materialmangel, Kurzarbeit und eine hitzige Entwicklung der Baupreise bringen sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer ins Schwitzen. Während die Regierung die Situation durch Investitionsprämien zu kontrollieren versucht, fürchtet die hiesige Branche bereits das kommende Jahr aufgrund vorgezogener Aufträge.
Trotz steigender Mieten, Grundstückspreise und Baukosten konnte die Salzburger Bauwirtschaft im laufenden Jahr von einem regelrechten Bauboom profitieren. Allein bei der Unternehmensgruppe Salzburg Wohnbau, die im September 2021 ihr 20-jähriges Bestehen feierte (wir haben berichtet), befinden sich derzeit über ein Dutzend Objekte im Bau und fünf in Vorbereitung. Darunter ein Wohnhaus in Mauterndorf, das 18 neue Mietwohnungen umfassen soll und ein Komplex aus drei Gebäuden mit voraussichtlich 36 Wohnungen in der Marktgemeinde Golling. Auch auf Vergabeplattformen für öffentliche und gewerbliche Aufträgen herrscht reichlich Auswahl. Allein beim Infodienst DOCUmedia sind weit über 100 Aufträge im Raum Salzburg für Anfragen hinterlegt. Beim Großteil der Ausschreibungen handelt es sich um gewerbliche Neubauten.
Zu verdanken, ist der Boom unter anderem dem Eingreifen des Bundes. Weil sich die Investitionsbereitschaft von österreichischen Unternehmen zu Beginn der Corona-Krise im Sinkflug befand, hat die Bundesregierung eine Investitionsprämie zur Stärkung des heimischen Wirtschaftsstandorts beschlossen. Der Zuschuss für Betriebe beträgt bis zu 14 Prozent der förderfähigen Investitionen. Am 1. September 2020 fiel der Startschuss für das Förderprogramm und entsprechende Anträge konnten über den aws Fördermanager eingereicht werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Fördergelder nicht zurückgezahlt werden müssen, war die Nachfrage enorm.
Bauboom könnte bald ein Ende haben
Es gibt jedoch eine entscheidende Voraussetzung für den tatsächlichen Erhalt der Finanzspritze gemäß der Förderungsrichtlinie „COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen“ des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW): Unter Punkt 6.4 der Richtlinie heißt es, dass Fördernehmer spätestens drei Monate „ab zeitlich letzter Inbetriebnahme und Bezahlung der gemäß Förderungszusage zu fördernden Investitionen“ die Abrechnung über die durchgeführten Investitionen bei der aws vorgelegen müssen. Wie die Förderbank des Bundes Austria Wirtschaftsservice (aws) auf einer Informationsseite zur Abrechnung der Investitionsprämie (Hinweis 4) mitteilt, unterliegen Abrechnungen, die bis 30. September 2021 über den aws Fördermanager eingebracht wurden, der genannten 3-Monatsfrist nicht.
Die für Unternehmen überaus attraktive Prämie und die zeitlichen Vorgaben zur Abrechnung der förderfähigen Investitionen könnte dazu führen, dass sich die Auftragslage im kommenden Jahr 2022 negativ verändert. Unter anderem wurden viele Bauprojekte in der Tourismusbranche vorgezogen, um von der staatlichen Prämie zu profitieren und Baumaßnahmen noch während der Pandemie abzuschließen. Schließlich befindet sich der laufende Betrieb trotz zunehmender Lockerungen vielerorts längst nicht auf dem Niveau, das vor der Corona-Krise Standard war. Die Folge dieses Effekts könnte sein, dass die Zahl der Bauvorhaben im kommenden Jahr sinkt und sich die Auftragslage für Betriebe verschlechtert. Ob es soweit kommt, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass viele Unternehmen der Bauwirtschaft längst unter der Preisspirale leiden.
Recyclingbeton: Im Kampf gegen Materialknappheit
Ein weiterer negativer Effekt stellt sich im Bereich der Materialbeschaffung ein: Das Baumaterial ist knapp – Auftraggeber müssen mit deutlichen Mehrkosten rechnen. Die Materialknappheit führt inzwischen zu einem Umdenken in der Branche. Ein Forschungsprojekt in Salzburg könnte das Recycling von Beton in Zukunft vorantreiben. Es wurde von Salzburg Wohnbau ins Leben gerufen. Thema des Projekts ist die „Erhöhung der Recyclingquote bei Abbruchmaterial“ – der Schwerpunkt wurde auf Recyclingbeton gelegt. „Unsere Partner sind dabei die Universität Salzburg, die Fachhochschule Salzburg, Deisl-Beton, Steiner-Bau sowie die Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg“, erklärt Salzburg Wohnbau online.
Das Ziel bestehe darin, einen Anteil von bis zu 70 Prozent Recyclingbeton bei Neubauten zu ermöglichen. Die Aufbereitung des Materials erfolgt bei Deisl in Werfen. Bei aktuellen Bauprojekten der Unternehmensgruppe wie der Volksschule Anif sei der recycelte Beton bereits im Einsatz. In Schwarzach wurde eine Decke eines Wohnbauprojekts mit 350 Tonnen Recyclingbeton betoniert.