vonRedaktion Salzburg
NOVEMBER 04, 2022
Wirtschaftsvertreter betonen enorme Bedeutung von leistbaren Eigenheimen für den niederösterreichischen Wirtschaftsstandort
Die Schaffung von leistbarem Eigentum stand am heutigen Freitagvormittag im Mittelpunkt eines Bauwirtschaftsgipfels des Landes Niederösterreich in St. Pölten mit Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger, Professor Christian Helmenstein vom Economica-Institut, WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker, Stefan Graf, Geschäftsführender Gesellschafter der Waldviertler Baufirma Leyrer + Graf und Fachvertretungsvorsitzender der Bauindustrie Niederösterreich, Erwin Krammer von der Landesinnung Bau und ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki.
Jährlich werden im Bundesland rund 5.870 Eigenheime errichtet. Zwölf Prozent des in Niederösterreich erzielten Einkommens kommen direkt und indirekt aus der Bauwirtschaft und sie ist für mehr als elf Prozent der Beschäftigten in unserem Bundesland verantwortlich. Rund 30.000 Arbeitsplätze werden in der Bauwirtschaft gesichert. „Wohnbau und leistbares Eigentum spielen in Niederösterreich eine wesentliche Rolle – sowohl für die Landsleute als auch für Wirtschaft und Arbeitsplätze. Für Niederösterreich ist es heute und in der Zukunft wichtig, dass sich die Menschen die Schaffung von Eigenheimen leisten können. Dazu müssen Finanzmarktaufsicht (FMA) und Bundesregierung an einigen Stellschrauben drehen“, betonte Wirtschaftslandesrat Danninger.
„Besonders für die Jugend stellt die Finanzierung ihres Eigenheimes eine große Herausforderung dar. Steigende Zinsen, höhere Baukosten und auch eine Richtlinie der Finanzmarktaufsicht FMA erschwert die Schaffung von Eigenheimen. Wir halten diese Richtlinie für unverhältnismäßig, weil sie für viele Menschen viel zu hohe Hürden aufbaut und so jungen Familien die Möglichkeit auf ein Eigenheim nimmt und damit gleichzeitig die regionale Bauwirtschaft um mögliche Aufträge umfällt. Wir sehen bereits heute, dass die Kreditvergaben zurückgehen“, so Danninger. Der Landesrat sieht zudem den Bund bei der Wiedereinführung der Absetzbarkeit von Ausgaben zur Wohnraumschaffung und beim Entfall der Gebühren bei der Eintragung ins Grundbuch gefordert.
Christian Helmenstein, Leiter des Economica Instituts, betonte den starken Anstieg der Immobilienpreise innerhalb der vergangenen Jahre im Verhältnis zum Nettoeinkommen der Bevölkerung: „Junge Menschen in Niederösterreich müssen heute im Schnitt ihr 22-faches Nettojahreseinkommen aufwenden, um sich eine Eigentumswohnung leisten zu können. Zusätzlich zu den Leitzinsanhebungen der Notenbanken erhöhen neue regulatorische Vorgaben die Finanzierungskosten für neuen Wohnraum. Der Erwerb von Wohneigentum wird somit für immer mehr Menschen nicht leistbar. Dementsprechend sind die Neukreditvergaben im August auf das Niveau des Jahres 2014 eingebrochen. Hier bedarf es einer regulatorischen Reform, die Kreditvergaben einfacher möglich macht.“
Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, zeigte die Bedeutung von leistbaren Eigenheimen für den niederösterreichischen Wirtschaftsstandort auf und betonte: „Ein leistbares Eigenheim in Niederösterreich ist eng mit der niederösterreichischen Bauwirtschaft verknüpft. Durch ein gebautes Einfamilienhaus werden nicht nur 2,7 Jobs pro Jahr geschaffen, sondern auch eine Wertschöpfung von 511.200 Euro generiert. Dazu kommen Renovierungen und Restaurierungen von bestehenden Häusern. Leistbares Eigenheim ist daher wichtig für die regionale Wertschöpfung und eine aktive Bauwirtschaft. Diese garantiert in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten Stabilität. Damit Eigentum auch in Zukunft leistbar bleibt, braucht es insbesondere die Wiedereinführung des Absetzbetrages für Wohnraumschaffungs-Projekte“.
Erwin Krammer, Landesinnungsmeisterstellvertreter der Landesinnung Bau, unterstrich die Wichtigkeit der Bauwirtschaft und meinte: „Die Kostenentwicklungen der letzten Zeit setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Um leistbares Wohnen auch zukünftig gewährleisten zu können, gilt es daher, diese gemeinsam zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Die Bauwirtschaft ist selbstverständlich gerne bereit, ihren Teil dazu beizutragen, beispielsweise bei der Identifizierung von Einsparungspotenzialen in den bestehenden Regelwerken. Wichtig ist uns, festzuhalten, dass die Baubetriebe nicht von der aktuellen Situation profitieren, sondern ebenfalls den steigenden Gestehungskosten unterliegen. Die Baubranche ist und war, insbesondere in den letzten Jahren, ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Volkswirtschaft und Garant für regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Da im ersten Halbjahr 2023 mit einem deutlichen Abflachen der Baukonjunktur zu rechnen ist, appellieren wir daher an die öffentliche Hand, hier ausgleichende Maßnahmen zu setzen.“
Stefan Graf, Geschäftsführender Gesellschafter der Waldviertler Baufirma Leyrer + Graf und Fachvertretungsvorsitzender der Bauindustrie Niederösterreich, erklärte: „Der Bau eines eigenen Hauses zählt für viele Menschen zu einem ihrer Lebensträume und ist zugleich aber auch eine der größten Investitionen im Leben. Die niedrigen Zinsen der letzten Jahre, verbunden mit einer expansiven Geldpolitik haben das Bauen begünstigt, was zusätzlich die Attraktivität von Immobilien als Wertanlage gesteigert hat. Pandemie und Krieg haben derzeit Auswirkungen auf die Stabilität des Wirtschaftssystems und beschleunigen mit ihren starken Störungen der Liefer- und Produktionsketten die Entwicklung in Richtung Inflation, was wiederum weitere Kostenspiralen in Gang setzt. Für den Weg hinaus muss dieser Teufelskreis durchbrochen werden – und das erfordert Leistungsorientierung und Eigenverantwortung. Dafür steht Niederösterreich und das sichert Wohlstand und damit auch die Leistbarkeit des Eigenheims.“ Graf fordert deswegen eine Förderung dieser Prinzipien durch Anreize in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik.
Ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki führte aus: „Als Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich unterstützen wir im Rahmen unserer Cluster Branchen und Themen, die für den Wirtschaftsstandort von Bedeutung sind – die heimische Bauwirtschaft zählt seit über 20 Jahren dazu. Sie steht für viele tausend Arbeitsplätze. Leistbarer Wohnraum hat aber auch direkten Einfluss auf die Lebensqualität der Menschen und ist ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, wo man in Zukunft leben und arbeiten möchte. Daher tragen alle Maßnahmen zur Förderung von leistbarem Bauen und Sanieren auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts bei“.
Quelle: Land Niederösterreich