vonOTS
MÄRZ 16, 2022
Die Importabhängigkeit von einer Region in die andere zu verschieben ist der falsche Ansatz.
Wien (OTS) - Die starke Abhängigkeit von russischem Gas wird für Österreich zunehmend problematisch. Laut einem jüngsten Beschluss will die EU russische Gasimporte bis Ende des Jahres um zwei Drittel reduzieren, gleichzeitig droht die russische Regierung mit einem Gas-Lieferstopp. Österreich bezieht rund 80 Prozent des heimischen Gasverbrauchs aus Russland und zählt somit zu den EU-Mitgliedsstaaten mit der höchsten Abhängigkeit gegenüber russischen Importen.
Die aktuelle Situation rund um die Ukraine-Krise zeigt deutlich auf, dass es jetzt an der Zeit ist, sich von der Importabhängigkeit loszueisen. Dabei ist überlegtes Handeln erforderlich. Eine alleinige Konzentration der Diskussion auf Diversifizierung durch zusätzliche LNG-Terminals und neue Gaspipelines ist keinesfalls kurzfristig umsetzbar und lenkt uns wiederum nur in eine Sackgasse.
Die EU plant künftig, zwei Drittel des europäischen Importbedarfs von Erdgas aus Russland durch alternative Quellen wie beispielsweise LNG (verflüssigtes Erdgas) zu decken. Eine Umstellung der Importstrategie auf LNG aus anderen Krisenregionen wie Katar würde die Abhängigkeit jedoch nur verschieben. Um kurzfristig in Europa Gasmengen aus LNG beziehen zu können, müssen außerdem die bestehenden Transportströme umgelenkt werden. Diese Umlenkung erfolgt auf den Märkten rein preisgetrieben – geliefert wird an die Meistbieter.
Eine rasche Erhöhung der LNG-Kapazitäten ist gelinde gesagt sehr unrealistisch. Der Aufbau der Infrastruktur und der benötigten Tanker wird höchst wahrscheinlich weit in die 2030er Jahre hinein andauern. Somit zeigt sich, dass ein groß angelegter Ausbau der fossil basierten Kapazitäten keine Alternative darstellt, um mittel- bis langfristig die nötigen Gaslieferungen zu decken, sondern viel mehr den Ankauf weiterer fossiler Energie über Jahrzehnte zementiert.
Alternativen zu fossiler Energie sind vorhanden! Österreich verfügt über ein sehr hohes Potenzial an organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft für die Erzeugung inländischer erneuerbarer Gase. Nach wie vor besteht der Restmüll Österreichs aus bis zu 40 % aus biogenen Abfällen. Organische Abfälle und Reststoffe stehen in keiner Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion, im Gegenteil, durch die Sammlung und Vergärung dieser Materialien können die darin enthaltenen Nährstoffe im Kreislauf gehalten werden und dadurch die Importnotwendigkeit mineralischer Dünger substituieren. Durch diese Nährstoffrückführung könnten bis zu 75% der nationalen Weizenproduktion mit in Österreich anfallenden organischen Düngern versorgt werden und so ein wesentlicher Beitrag zur Kreislaufwirtschaft beigetragen werden.
Anstatt Importabhängigkeiten von einer Region in die nächste zu verschieben, muss die prioritäre Mobilisierung von erneuerbaren Gasen aus Österreich sichergestellt werden. Die Verwertung organischer Abfälle und Reststoffe der Land- und Forstwirtschaft stellt den ersten Schritt zur notwendigen Unabhängigkeit dar. Mit Biomethan aus Biogas, Klärgas und Holzgas können zukünftig insgesamt 40% des Gasinlandsverbrauchs gedeckt werden. Alleine die Umstellung bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung würde eine Produktion von 100 Mio. m3 erneuerbarem Gas in und aus Österreich innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre bedeuten.
Die Umstellung der Bezugsquellen unserer Energieträger wird Geld kosten. Die Frage ist, wo wir dieses Geld investieren. Langfristige Investitionen in fossile Energieträger werden in Anbetracht der geplanten Klimaneutralität Österreichs bis 2040 automatisch zu Fehlinvestitionen. Mit einer nennenswerten Gaslieferung aus alternativen aber fossilen Quellen kann nicht vor 2030 gerechnet werden. Getätigte Investitionen müssten somit innerhalb eines Jahrzehnts refinanziert werden – da mit 2040 Klimaneutralität gilt. Diese Investitionen wären besser in Österreich aufgehoben um einen bedeutsamen Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit zu gehen und gleichzeitig die heimische Wertschöpfung zu steigern. Die Zeit in die nationale erneuerbare Gasaufbringung zu investieren ist jetzt!
Quelle: OTS