vonOTS
MÄRZ 28, 2025
Internationale Expert:innen einigen sich auf wegweisende Neuerungen, die Betroffenen eine maßgeschneiderte, schonendere Behandlung ermöglichen.
Wien war kürzlich Schauplatz eines bedeutenden medizinischen Fachkongresses für frühen Brustkrebs: der Internationalen St. Gallen Brustkrebskonferenz (SGBCC). Expert:innen aus über 100 Ländern haben hier die wichtigsten klinischen Empfehlungen zur Behandlung von Patient:innen mit frühem Brustkrebs erarbeitet, die St. Galler Brustkrebs-Konsensus-Leitlinien. „Ein besonders Merkmal dieser Konferenz ist, dass alle zwei Jahre die weltweit führenden Expert:innen auf dem Gebiet zusammenkommen. Vergleichbar mit einem Weltwirtschaftsgipfel, nur für die Behandlung von frühem Brustkrebs. Drei Tage lang wird diskutiert, welche neuen Forschungsergebnisse es gibt und welche davon den klinischen Standard verändern sollen“, sagt SGBCC-Organisator Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant. Die erarbeiteten Leitlinien fließen dann direkt in die Praxis ein und verbessern das Leben der Patient:innen. „Internationale Leitlinien haben einen wichtigen Einfluss auf die klinische Praxis in Österreich. Die Umsetzung neuer Leitlinien erfolgt bei uns relativ rasch“, sagt Gnant.
Der Tenor der Veranstaltung: Weniger ist oft mehr! Vorausgesetzt aber, dass die Erkrankung früh erkannt wurde. „Früher Brustkrebs ist zu 90 Prozent heilbar“, macht Gnant Mut und ergänzt: „Durch gezielte Früherkennungsprogramme und moderne Diagnostik kann vielen Frauen eine belastende Behandlung erspart bleiben.“
So wurde nun erstmals in der Geschichte der Brustkrebsbehandlung empfohlen, bei Frauen mit sehr frühem Brustkrebs ganz auf die Entfernung von Lymphknoten in der Achselhöhle zu verzichten. Voraussetzung ist ein unauffälliger Ultraschallbefund und ein kleiner Tumor. In Österreich könnten so bei rund 1.500 Frauen pro Jahr einen Achselschnitt und mögliche Folgeprobleme wie Bewegungseinschränkungen oder Lymphödeme vermieden werden.
Ein weiterer Lichtblick in der Behandlung: Auch die klassische sechswöchige Strahlentherapie wurde im Rahmen der SGBCC von den Expert:innen „abgewählt“. „80 Prozent der Patient:innen werden künftig nur noch zweieinhalb Wochen behandelt werden müssen“, sagt Gnant und hält auch eine Reduktion auf fünf Tage für möglich. Die kürzere Dauer entlastet nicht nur die Betroffenen, sondern spart auch Zeit und Ressourcen in den Spitälern.
Für viele Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs gibt es heute schonendere Alternativen zur Chemotherapie, etwa in Form von zielgerichteten Medikamenten. Eine pauschale Empfehlung wird hier bewusst vermieden, stattdessen soll möglichst individuell, je nach Tumor und Lebenssituation, behandelt werden.
Auch in der chirurgischen Behandlung setzt sich der Trend zu möglichst schonenden Eingriffen fort. Über 90 Prozent der internationalen Expert:innen sprachen sich bei der SGBCC für den brusterhaltenden Eingriff aus, bei rund 80 Prozent der Patient:innen in Österreich ist das bereits Realität.
Ein starkes Signal setzte die Konferenz auch mit der Einladung von Europa Donna, die maßgeblich beteiligt sind, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der SGBCC in Richtung der Patient:innen zu kommunizieren. „Es ist wichtig, dass bei der Konferenz auch die Lebensqualität und das Nebenwirkungsmanagement Thema waren und in die Leitliniendiskussion eingeflossen sind“, sagt Dr. Tanja Schneider von Europa Donna in Österreich. Sie betont darüber hinaus die Bedeutung der Brustkrebsvorsorgeangebote, die es dringend zu nutzen gilt. „Die Angst vor der Diagnose verhindert den Krebs nicht, sondern führt nur dazu, dass die Krankheit später erkannt wird und damit schlechter therapiert werden kann“, sagt Schneider. Sie lobt das flächendeckende Netz zertifizierter Brustkrebszentren, in denen mittlerweile ein Großteil der Patientinnen behandelt wird. „Das bedeutet, dass eine Frau, egal wo in Österreich sie behandelt wird, annähend die gleiche, sehr gute Qualität an Versorgung erhält. Das ist der große Unterschied zu vielen anderen Ländern, wo die Versorgung oft nach Wohnort sehr unterschiedlich ist“, führt Schneider aus.
Die Empfehlungen der Konferenz spiegeln den internationalen Zugang wider: Weg von pauschalen Therapien, hin zu maßgeschneiderten Behandlungsstrategien, die sich an der individuellen Situation der Frau orientieren. Die vielleicht wichtigste Botschaft der Konferenz richtet sich direkt an alle Frauen: Regelmäßige Vorsorge und Brustkrebs-Screening-Angebote sollen wahrgenommen werden. „Niemand soll Angst vor der Untersuchung haben, denn sie kann den entscheidenden Unterschied machen, dass frühzeitig eine schonende Behandlung möglich ist“, sagt Gnant.
Quelle: OTS