vonRedaktion International
APRIL 16, 2022
Ein Fünftel der Befragten haben Erfahrungen mit Fake-Webshops - BMI und Handelsverband präsentieren Studienergebnisse im Rahmen von "GEMEINSAM.SICHER im Onlinehandel
Wien (OTS) - Die Digitalisierung öffnet uns weltweit viele Türen, doch leider mit einem bitteren Beigeschmack. Denn egal; ob es sich um Schadsoftware, Datendiebstahl oder digitale Erpressung handelt, die Möglichkeiten von Cyber-Kriminellen nehmen gerade in diesem Bereich rasant zu – auch im Onlinehandel. eCommerce boomt, im Corona-Jahr 2021 ist die Branche in Österreich um 20 Prozent gewachsen. Mit steigendem Umsatz wächst aber auch das Risiko für Betrug, so die zentrale Erkenntnis der SICHERHEITSSTUDIE 2021, die vom Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium und dem Bundeskriminalamt durchgeführt wurde.
"2021 sind Cybercrime-Delikte im Vergleich zu 2020 um 26 Prozent angestiegen. Ein Grund dafür ist die COVID-19-Pandemie, die Auswirkungen auf unterschiedlichste Bereiche unseres Zusammenlebens hat. Auffallend ist, dass sich Kriminalität von traditionellen Formen hin zu neuen Phänomenen wendet", sagt Innenminister Gerhard Karner.
62 Prozent der Handelsbetriebe Opfer von Betrug im Netz, 24 Prozent bereits mehrmals
"Das pandemiebedingte Wachstum an Webshops und Onlinebestellungen führte zu häufigeren Delikten, neuen Betrugsmaschen und deutlich höheren Schäden. Handlungsbedarf ist gegeben. 2021 waren fast zwei Drittel der heimischen Händler Opfer von Betrug im Netz, ein Viertel schon mehrmals. Damit steht Internetbetrug weit oben auf der Liste potenzieller Bedrohungen für den Handel. Die Schäden nehmen zu und gehen teilweise in die Millionen", bestätigt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Ähnlich ist die Situation auf Konsumentenseite: Jeder Zweite schätzt die Gefahren im eCommerce als hoch ein. Für Online-Shopper zählt Sicherheit mittlerweile zu den wichtigsten Kaufkriterien.
"Der eCommerce-Boom ist auch den Kriminellen nicht entgangen. Sie nutzen die vermeintlichen Schwachstellen im Bestellprozess von Webshops für ihre Machenschaften. Die missbräuchliche Verwendung real existierender Identitäten beim Kauf auf Rechnung stellt den Großteil der angezeigten Delikte im Jahr 2021 dar", so Manuel Scherscher, stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts und Leiter der Initiative „GEMEINSAM.SICHER in Österreich“.
Betrugsformen: Abstreiten des Erhalts der Ware und Angabe verfälschter Daten am häufigsten
Die Arten von Betrug, mit denen Onlinehändler konfrontiert werden, sind mannigfaltig. Zu den gängigsten Betrugsformen zählen aktuell der Retourenbetrug (48 Prozent), Bestellungen, die nicht bezahlt werden können (50 Prozent), die Angabe verfälschter Namens- oder Adressdaten (55 Prozent) und insbesondere das Abstreiten des Erhalts der Ware (63 Prozent).
Finanzielle Schäden durch Online-Betrug steigen rasant
Bezogen auf die Gesamtstatistik zeigt sich, dass die Schadenssumme der Betrugsfälle im Onlinehandel 2019 noch mehrheitlich (55 Prozent) unter 500 Euro lag. 2020 hat sich das Schadensausmaß signifikant erhöht: Nur noch ein Fünftel der Schadenssummen lag unter 500 Euro, in 30 Prozent der Fälle verloren die Handelsbetriebe hingegen zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Auch der Anteil der Fälle mit einem Schaden von bis zu einer Million Euro ist von zwei auf 13 Prozent angewachsen.
"Die Händlerinnen und Händler haben in ihren Geschäftslokalen stets sicheres Shopping ermöglicht, gleiches gilt es auch für die ‚digitale Filiale‘ – den Webshop – zu gewährleisten. Die österreichische Sicherheitsstudie 2021 hat gezeigt, dass ein Drittel der heimischen Onlinehändler noch keine Betrugsvermeidungslösung im Einsatz hat. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Sicherheit zu geben, kostet deutlich weniger, als nichts zu tun. Nachdem auch ein Drittel aller heimischen Konsumentinnen und Konsumenten bereits negative Erfahrungen mit Cybercrime gemacht hat, muss der Handel größtmögliche Sicherheit im digitalen Raum gewährleisten, um Neukunden zu gewinnen und Stammkunden nicht zu verlieren", ist Rainer Will überzeugt.
Payment: Kreditkarte (88 Prozent) und PayPal (85 Prozent) bei heimischen Webshops am beliebtesten
Um das Betrugsrisiko zu reduzieren, kombinieren die heimischen Onlinehändler meist verschiedenste Schutzmaßnahmen – und verzichten dafür auch auf potenzielle Mehrumsätze. So setzen 55 Prozent der Befragten auf sichere Zahlungsmethoden und 29 Prozent auf eingeschränkte Lieferoptionen, etwa ausschließlich Inlandslieferungen. Die gängigste Zahlungsmethode im eCommerce ist die Kreditkarte, mit der in 88 Prozent der Webshops bezahlt werden kann. Auch PayPal wird laut Studie von 85 Prozent der Onlinehändler angeboten.
Gütesiegel: Trusted Shops, Österreichisches E-Commerce-Gütezeichen und Trustmark Austria am bekanntesten
Auch die Relevanz von eCommerce-Gütesiegeln wurde im Zuge der SICHERHEITSSTUDIE thematisiert. Die meistgenutzten Anbieter sind hierzulande das Trusted-Shops-Gütesiegel (35 Prozent), gefolgt vom Österreichischen E-Commerce-Gütezeichen (27 Prozent) und dem Siegel Trustmark Austria (23 Prozent) sowie dem Ecommerce Europe Trustmark (das alle Trustmark Austria-Träger zusätzlich kostenfrei erhalten) mit einem Nutzungsgrad von 13 Prozent.
Bei den Logistik- und Fulfillmentpartnern hat die Österreichische Post mit einer Nutzungsrate von 71 Prozent deutlich die Nase vorne. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen DHL (31 Prozent) sowie DPD (30 Prozent). In puncto Identitätsprüfung liefern sich CRIF (37 Prozent) und der KSV (35 Prozent) ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitze. Auch Rang 3 liegt Arvato mit einer Nutzungsrate von 15 Prozent. Diese drei Anbieter führen auch das Beliebtheitsranking bei der Bonitätsprüfung im eCommerce an.
Consumer Check: 1/3 hat bereits negative Erfahrungen mit Schadsoftware gemacht
Neben der Unternehmensseite wurde für die SICHERHEITSSTUDIE 2021 auch die Konsumentenperspektive beleuchtet. In Kooperation mit Mindtake Research wurden hierfür 500 österreichische Verbraucher und Verbraucherinnen zu ihren Erfahrungen mit Cyberkriminalität befragt.
Top 5 Cybercrime-Arten aus Konsumentensicht:
Infizierung von Computern mit Schadsoftware, z.B. Viren, Trojaner (33 Prozent)
Datendiebstahl, Hacker-Angriffe, Phishing (15 Prozent)
Betrug bei Online-Transaktionen, z.B. Zahlung ohne Leistung (14 Prozent)
Identitätsdiebstahl (6 Prozent)
Digitale Erpressung, z.B. mittels Ransomware (6 Prozent)
Darüber hinaus gab fast ein Fünftel der Befragten (19 Prozent) an, bereits zumindest einmal Opfer eines Fake-Webshops geworden zu sein. Die überwiegende Mehrzahl der Konsumentinnen und Konsumenten schützt sich mit Virenschutz-Programmen (78 Prozent) gegen Cyberangriffe, 68 Prozent setzen auf regelmäßige Security Updates, 63 Prozent haben eine Firewall im Einsatz, 29 Prozent schränken die Zugriffsrechte für Dritte bewusst ein, immerhin 26 Prozent verschlüsseln ihren Daten und 7 Prozent nutzen Anonymisierungsdienste wie TOR.
Innenministerium setzt auf Ausbau der Präventionsmaßnahmen im Kampf gegen Cybercrime
"Als Innenminister liegt mir die Sicherheit der Menschen in Österreich am Herzen. Besonders in einer Zeit, in der Cybercrime-Delikte zunehmen, soll gesagt sein: Auch die Kriminalität im Internet ist eine Straftat, die nicht hingenommen wird. Daher werden wir den Kampf gegen Cybercrime noch stärker forcieren und den Fokus auf die Präventionsarbeit richten. Ich möchte mich beim Handelsverband und dem Bundeskriminalamt für die Umsetzung dieser wichtigen Studie zu einer sicheren Zukunft bedanken", sagt der Innenminister.
"GEMEINSAM.SICHER im Onlinehandel" soll Prävention stärken
Eines zeigt die SICHERHEITSSTUDIE 2021 deutlich: "Es ist aus Sicht der Polizei unumgänglich, ein besonderes Augenmerk auf den Faktor Sicherheit im Online-Handel zu werfen. Die Polizei forciert neben der Repression, der Verfolgung der Täter, verstärkt auch den präventiven Aspekt. Mit ‚GEMEINSAM.SICHER im Onlinehandel' haben das Bundeskriminalamt und der Handelsverband eine Plattform geschaffen, die es den heimischen Händlern ermöglicht, Sicherheitsaspekte bei der Etablierung ihres Webshops stets mitzudenken. Die Kooperation zwischen Polizei und Privatsektor stellt ein wesentliches Element dar, die Sicherheit im Onlinehandel zu verbessern", erklärt Manuel Scherscher das Ziel der Kooperation.
Hierfür wurde im Handelsverband das Ressort "Sicherheit im Handel" unter der Leitung von Robert Spevak, Abteilungsleiter Revison und Sicherheit bei METRO Österreich, eingerichtet.
"Wir bedanken uns bei Bundesminister Gerhard Karner, Manuel Scherscher und seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundeskriminalamt für die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Bereitschaft, den österreichischen Händlern das Thema Sicherheit im Onlinehandel noch intensiver zu vermitteln und gemeinsam Akzente zu setzen", sagt Rainer Will abschließend.
Über die "SICHERHEITSSTUDIE 2021"
Die zweite Ausgabe der SICHERHEITSSTUDIE wurde vom österreichischen Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium und dem Bundeskriminalamt durchgeführt. 143 heimische Unternehmen aller Handelsbranchen und Größenordnungen (vom EPU bis zum Konzern) haben teilgenommen und den Online-Fragebogen vollständig und fristgerecht ausgefüllt. Der Erhebungszeitraum betrug acht Wochen, Studienende war der 9. November 2021.
Weitere Informationen zum Thema Cybercrime und Betrug im eCommerce sowie zum Schwerpunktthema Blackout-Vorsorge erhalten Sie beim SICHERHEITSGIPFEL 2022 am 24. Mai im Bundeskriminalamt. Mehr dazu hier https://www.handelsverband.at/events/handelszone/handelszone-sicherheitsgipfel-2022/.