Österreich: Eine Malerin des Expressiven Realismus – neu entdeckt

vonOTS
FEBRUAR 05, 2022

Foto: Kunsthandel Widder GmbH

Foto: Kunsthandel Widder GmbH

Marianne Fieglhuber-Gutscher (Wien 1886 – 1978 Graz)

Wien (OTS) - Bis ins 20. Jh. wurden Künstlerinnen von ihren männlichen Kollegen gerne belächelt. Auch die talentierte und gut ausgebildete Malerin Marianne Fieglhuber-Gutscher hatte in der Zwischenkriegszeit mit den herrschenden Rollenbildern in Gesellschaft und Kunstwelt zu kämpfen. Eine umfangreiche Retrospektive des Kunsthandels Widder in Wien vereint alle Schaffensperioden der bedeutenden Künstlerin und verhilft ihr zu verdienter Aufmerksamkeit.

Die Verkaufsausstellung mit Werken von Marianne Fieglhuber-Gutscher beim Kunsthandel Widder in der Johannesgasse 9-13, 1010 Wien, wird vom 19. Februar bis 9. April 2022 gezeigt. Eine Monografie mit Texten von Cornelia Cabuk, Sabine Plakolm-Forsthuber und Julia Schwaiger mit über 400 Abbildungen ist parallel dazu erschienen. Dass eine solche Leistung durch einen Kunsthändler erbracht wird und nicht etwa durch ein Museum, ist ungewöhnlich.

Eindrucksvolle Werkschau

Marianne Fieglhuber-Gutschers qualitativ hochwertiges Schaffen kann sich im Vergleich mit dem männlicher Zunft- und Zeitgenossen absolut sehen lassen. Der Anerkennung zum Trotz, die Fieglhuber-Gutscher zu Lebzeiten mühsam errungen hatte, wurde sie nach ihrem Tod, wie andere Frauen, in der kunsthistorischen Gesamtschau jahrzehntelang kaum wahrgenommen. Im Zuge der gegenwärtigen, längst überfälligen, Neubewertung und Neueinordnung weiblichen Kunstschaffens im 20. Jahrhundert wird diese Malerin nun erstmals mit einer umfassenden Monografie gewürdigt. Ausstellung und Buch sind das Ergebnis jahrelanger Bemühungen im Zusammenhang mit der Übernahme des künstlerischen Gesamtnachlasses aus den Händen der Erben durch den regen Kunsthändler Roland Widder. Die zeitintensive Aufarbeitung der über 500 Arbeiten sowie der erhaltenen Schriftstücke und Fotos erfolgte mit Unterstützung durch die Kunsthistorikerinnen Cornelia Cabuk (vormals Belvedere) und Sabine Plakolm-Forsthuber (TU Wien), die zu der umfangreichen Publikation wissenschaftliche Texte verfassten. Die aufwendig recherchierte Biografie stammt aus der Feder der Kunsthistorikerin Julia Schwaiger, von Widder mit der Koordination des Projekts betraut. Der Kunsthandel Widder, spezialisiert auf Nachlässe, hat einmal mehr genuine Forschungsarbeit geleistet. Ohne Umschweife lässt sich sagen, dass mit der Realisierung dieses ambitionierten Vorhabens eine kleine Sensation geglückt ist.

Ebenbürtig und selbstbewusst

Marianne Fieglhuber, 1886 in Wien geboren, studierte an Ludwig Michaleks Kunstschule für Frauen und Mädchen und wurde von Rudolf Jettmar und Max Kurzweil sowie später von Robin Christian Andersen und Egge Sturm-Skrla in Malerei unterrichtet. Als Mitglied des Radierklubs Wiener Künstlerinnen und der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs stellte sie national und international aus. Ihren männlichen Kollegen trat sie ebenbürtig und selbstbewusst gegenüber. Sie entwickelte ihren Personalstil von jugendstilhaften Anfängen hin zu dem für sie typischen Farbexpressionismus und malte vor allem Porträts ihrer Familie und ihres Umfeldes sowie Landschaften. Die ablehnende Haltung ihres Mannes Eduard Gutscher der Künstlerkarriere seiner Frau gegenüber, gesellschaftliche Zwänge und die politische Entwicklung in den Dreißigerjahren erschwerten ihr Fortkommen erheblich. Dennoch gab sie nicht auf. Sie arbeitete, weitgehend zurückgezogen, mit wenigen, weiblichen Modellen. Das Besondere an ihren Akten ist der weibliche Blick. Ungeschönt und ohne Voyeurismus erfasst sie die Formen und bettet die Figuren in Szenerien stiller Vertrautheit.

Beeindruckendes Spätwerk

Nach dem Krieg und dem Ableben ihres Mannes startete Fieglhuber-Gutscher noch einmal richtig durch. In ihrer neuen steirischen Wahlheimat schuf sie ein beeindruckendes Spätwerk. 1969 erhielt sie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1976 den Professorentitel. 1978 starb die Malerin in Graz. Letztes Jahr waren Marianne Fieglhuber-Gutschers Arbeiten in der Ausstellung „Ladies First!“ in der Neuen Galerie Graz vertreten. Mehr zu Marianne Fieglhuber-Gutscher unter www.kunsthandelwidder.com und unter www.fieglhuber-gutscher.com. Podcast auf www.widderhoeren.com

Publikation: Marianne Fieglhuber-Gutscher Hg. Kunsthandel Widder Monografie, 272 Seiten Verlag Bibliothek der Provinz, Wien 2022 ISBN 978-3-99126-040-0

29 Euro

Quelle: OTS

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