vonRedaktion Salzburg
NOVEMBER 30, 2021
Nach einem schwierigen Jahr 2020 entwickelten sich die Gemeindefinanzen 2021 dank der erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklungen besser als erwartet. Mittelfristig sind jedoch – v.a. auch unter Berücksichtigung des 4. Lockdowns – wieder sinkende finanzielle Handlungsspielräume der Gemeinden zu befürchten – begründet etwa durch die Steuerreform oder die hohe Umlagenbelastung.
Entwicklung 2021 besser als erwartet
Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen bis zum Jahr 2025 erstellt, welche im Vergleich zur Prognose im Juni 2021 eine bessere Ausgangslage zeigt.
2020 mussten die Gemeinden pandemiebedingt noch deutliche Einnahmeneinbußen tragen, sodass deren finanzielle Spielräume um ein Drittel eingebrochen sind. 2021 hat sich die Wirtschaft aber deutlich schneller erholt als noch vor wenigen Monaten angenommen.
Da auch für 2021 deutliche Einnahmeneinbußen für die Gemeinden prognostiziert waren, wurde Anfang 2021 das 2. Gemeindepaket zur Liquiditätsstärkung in der Höhe von 1,5 Mrd. Euro verabschiedet. Dank der erfreulichen Wirtschaftsentwicklung 2021 wurde dieses nur zu einem Drittel ausgeschöpft, womit die Rückzahlpflicht in den Folgejahren wegfällt.
Mittelfristige Perspektive weiterhin unter dem Vor-Krisen-Niveau
Die aktuelle KDZ-Prognose geht – unter Berücksichtigung des 4. Lockdowns – mittelfristig von sinkenden finanziellen Handlungsspielräumen der Gemeinden aus. So lag die Öffentliche Sparquote (ÖSQ) der Gemeinden ohne Wien 2018/2019 noch bei 12,3% bzw. 13,2%. Diese Kennzahl zeigt an, inwieweit Überschüsse in der operativen Gebarung erwirtschaftet werden können, um diese v.a. in kommunale Infrastruktur zu investieren. Bis 2025 wird die ÖSQ mit nur 10,3% um 2-3 Prozentpunkte unter dem Vorkrisenjahr liegen.
Dies ergibt sich, da die laufenden Einnahmen weniger stark steigen als die laufenden Ausgaben, was wesentlich auf die hohe Ausgabendynamik bei Umlagen an die Länder zurückzuführen ist. Damit stehen jährlich weniger Mittel für Investitionen (z.B. in öffentlichen Nahverkehr, Bildung, soziale Einrichtungen) zur Verfügung, womit das Risiko eines Investitionsstaus steigt. Weiters ist von einem Anstieg der Anzahl an Abgangsgemeinden gegenüber dem Vor-Krisen-Niveau auszugehen.
Kommunale Investitionen mittelfristig absichern
Das 2020 verabschiedete Kommunale Investitionsprogramm hat eine stabilisierende Wirkung gezeigt. Der Einbruch der kommunalen Investitionen konnte zwar nicht zur Gänze verhindert, aber doch zumindest abgedämpft werden.
Angesichts der sinkenden finanziellen Spielräume gilt es nun, die kommunalen Investitionen mittelfristig abzusichern. Dies sind:
Verlängerung und Aufstockung des kommunalen Investitionsprogramms mit Schwerpunktsetzung auf klimafreundliche und soziale Infrastruktur. Zur Aufstockung bieten sich die nicht gebrauchten Liquiditäts-Vorschüsse aus dem 2. Gemeindepaket an. Reform des Österreichischen Stabilitätspaktes (ÖSTP): Durch die Einführung einer „goldenen Regel“ wären Ausnahmen im ÖSTP für klimafreundliche und soziale Infrastrukturen zu treffen. Steuerreform und fehlende Reformen behindern nachhaltige Erholung
Die Steuerreform bringt den Gemeinden inkl. Wien von 2022 bis 2025 Mindereinnahmen von insgesamt 1,5 Mrd. Euro, denn ein wesentlicher Teil der Steuerreform muss von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen werden. Im Vollausbau ab 2025 entgehen den Gemeinden damit 580 Mio. Euro pro Jahr. Um die Handlungsspielräume der Gemeinden mittelfristig abzusichern, braucht es daher einen Ausgleich der Mindereinnahmen aus der Steuerreform.
Strukturellen Problemen kann nur durch die Umsetzung längst fälliger Reformen begegnet werden: 1. Transferreform: Von jedem Euro, den die Gemeinden an Ertragsanteilen erhalten, geht mittlerweile die Hälfte in Form von Umlagen an die Bundesländer. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es nur 45 Prozent. Es braucht daher dringend eine Transferreduktion und -entflechtung. 2. Grundsteuerreform: Durch die seit vielen Jahren aufgeschobene Reform sind die Einnahmen aus der Grundsteuer für Gemeinden vergleichsweise geschrumpft: Die Einnahmen aus der Grundsteuer stiegen mit 23 Prozent binnen zehn Jahren nur halb so stark wie die Ertragsanteile (44 Prozent). Eine Grundsteuerreform stärkt nicht nur die Gemeindeautonomie, sondern kann auch Lenkungsziele hinsichtlich Bodenverbrauch erfüllen.
Erholung der Gemeindefinanzen sichern
Das KDZ empfiehlt, nun die Erholungsfähigkeit der Gemeindefinanzen in den Fokus zu rücken: „Die Pandemie hat gezeigt, wie sensibel Gemeindefinanzen reagieren. Es wäre nun wichtig, die Zeit bis zum nächsten Finanzausgleich Ende 2023 zu nutzen und einen Reformprozess zu stärker krisenfesten Gemeindefinanzen einzuleiten und längst fällige Reformen – wie etwa die Transfer- und Grundsteuerreform – umzusetzen“, sagte Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung.
„Die Hilfspakete des Bundes zur Bekämpfung der Pandemie haben Städte und Gemeinden nur teilweise erreicht – uns fehlen vor allem die Corona-Unterstützungen wie etwa der Fixkostenzuschuss oder der Umsatzersatz für städtische Unternehmen“, sagte Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes. „Wir schlagen vor, das erfolgreiche Kommunale Investitionsgesetz mit zusätzlichen 500 Mio. um ein weiteres Jahr zu verlängern. Gleichzeitig brauchen wir dringend eine nachhaltige Sicherung der Pflege und Betreuung für die kommenden Jahrzehnte. Qualifiziertes Personal bereitzustellen, wird eine der größten Herausforderungen für Bund, Länder und Gemeinden“, warnte Weninger abschließend.
Mehr unter: www.staedtebund.gv.at
Quelle: Stadt Wien