vonRedaktion Salzburg
SEPTEMBER 17, 2020
fh gesundheit in Tirol startet als erste Fachhochschule in Österreich mit einem FH-Bachelor-Studiengang in Gebärdensprachdolmetschen
Kommunikationsprobleme zwischen Gehörlosen und Hörenden führen oftmals zum Ausschluss aus vielen Bereichen des täglichen Lebens, die für hörende Menschen selbstverständlich erscheinen. Damit gehörlose Mitmenschen ohne Kommunikationsbarrieren als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft an Aktivitäten in sämtlichen Lebensbereichen teilnehmen können, braucht es eine sensible Unterstützung durch GebärdensprachdolmetscherInnen.
Nach einem einjährigen Akkreditierungsverfahren wurde der FH-Bachelor-Studiengang Gebärdensprachdolmetschen von der zuständigen Behörde, AQ Austria in Wien, an der fh gesundheit in Innsbruck zugelassen. Bereits im Oktober 2020 nehmen damit erstmals in Österreich 24 Studierende die Bachelorausbildung in der Gebärdensprache an der fh gesundheit auf. Mit dem sechssemestrigen Bachelor-Studium wird der bundesweiten, aber auch starken Nachfrage in Tirol nach einer Ausbildung auf Fachhochschulniveau begegnet. Alleine in Tirol leben derzeit rund 750 Gehörlose, die von zehn DolmetscherInnen betreut werden. Der Bedarf nach weiteren DolmetscherInnen für die österreichische Gebärdensprache ist somit groß.
„Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher sind aus dem täglichen Leben von gehörlosen Menschen nicht mehr wegzudenken. Sie helfen Betroffenen ihren Ausbildungsalltag, ihr Arbeitsleben oder die gesundheitliche Versorgung noch besser zu bewältigen. Diese Expertinnen und Experten der Kommunikation zwischen hörenden und gehörlosen Menschen heben mit ihren Kenntnissen Sprachbarrieren auf“, halten Wissenschaftslandesrat Bernhard Tilg und Soziallandesrätin Gabriele Fischer fest: „Unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Elterngespräch an der Schule des hörenden Kindes, eines gehörlosen Elternteils oder einen Arzttermin handelt.“
„Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher werden überall dort dringend benötigt, wo gehörlose Menschen auf Hörende treffen. Da ein dringender Bedarf in Westösterreich gegeben ist, war die Sicherstellung der Finanzierung eines FH-Bachelor-Studiengangs seitens des Landes Tirol in Kooperation mit der fh gesundheit von hoher Priorität, um dieser Mangelsituation entgegen zu wirken“, bekräftigt LR Tilg.
„Die UN-Behindertenrechtskonvention hat Inklusion zum Menschenrecht erklärt. Menschen mit Behinderung müssen sich demnach nicht an das Umfeld anpassen, dieses muss vielmehr so ausgestaltet sein, dass alle Menschen gleichberechtigt leben und an der Gesellschaft teilhaben können. Dazu wird durch gut ausgebildete Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher ein Beitrag geleistet“, umschreibt Soziallandesrätin Fischer das neue Angebot.
„Mit viel Engagement ist es uns gelungen, durch einen innovativen Antrag und ein ausgereiftes Curriculum die Gutachterinnen und Gutachter und damit AQ Austria davon zu überzeugen, dass wir ab Herbst das wichtige und dringend notwendige Studium in Gebärdensprachdolmetschen anbieten können“, ergänzt Walter Draxl, FH-Rektor der fh gesundheit. Die Finanzierung des Bachelor-Studiengangs für diese gesellschaftlich wertvolle Berufsgruppe konnte durch eine Förderungszusage seitens des Landes Tirol in Höhe von jährlich 200.000 Euro gesichert werden.
Elisabeth Greil, Studiengangsleiterin an der fh gesundheit: „Der Beruf der Gebärdensprachdolmetscherin/des Gebärdensprachdolmetschers ist eine vielfältige und sehr abwechslungsreiche Tätigkeit. Und genau deshalb ist es umso wichtiger, zukünftige Dolmetscherinnen und Dolmetscher praxisnah und auf Hochschulniveau auszubilden. Diesen Anforderungen an eine professionelle Ausbildung wird die fh gesundheit perfekt gerecht – mit dem neuen BA-Studiengang Gebärdensprachdolmetschen!“
Monika Mück-Egg vom Gehörlosenverband Tirol informiert: „Durch dieses Bachelorstudium werden in drei Jahren weit mehr Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung stehen. Dadurch besteht dann für gehörlose Kundinnen und Kunden endlich eine Wahlfreiheit und für Termine bei Ärztinnen und Ärzten, Ämtern oder beruflicher Belange können Dolmetscherinnen und Dolmetscher rascher, ohne lange Wartezeit in Anspruch genommen werden.“
Während des sechssemestrigen Studiums eignen sich die Studierenden das übersetzerisches Fachwissen in der österreichischen Gebärdensprache für die zentralen Lebensbereiche Arbeit, Bildung und Gesundheit an. Außerdem zählen Behördengänge und politische Settings zum abwechslungsreichen Tätigkeitsfeld der DolmetscherInnen.
Das erforderliche Hintergrundwissen zu den Besonderheiten der Gehörlosenkultur und -gemeinschaft vermitteln entsprechende Lehrveranstaltungen. Auch der Datenschutz und der Umgang mit Videoprogrammen sind Thema der Ausbildung. Weitere Informationen finden sich unter www.fhg-tirol.ac.at.
Quelle: Land Tirol