Österreich: Expert:innen gründen Cholesterin-Allianz

vonOTS
DEZEMBER 15, 2022

Foto: Novartis Pharma GmbH/APA-Fotoservice/Hörmandinger

, das Problem auf den Punkt. Tatsächlich werden vier von fünf aller Herz-Kreislauf-Todesfälle durch Herz­infarkte und Schlaganfälle verursacht. Und 28 Prozent dieser Todesfälle werden mit erhöhtem Cholesterin assoziierti.

Fakten: LDL-Cholesterin als Haupttreiber von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

„Führt man sich vor Augen, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung ein Cholesterin-assoziiertes hohes oder sogar sehr hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hati, sollten sämtliche Alarmglocken schrillen“, meint Clodi. „Wir wissen, dass LDL-Cholesterin ein bedeutender Risikofaktor für die Ent­wicklung von atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen ist. Als weiterer wesentlicher Treiber für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Diabetes mellitus zu nennen, weshalb gerade Diabeti­ker:innen als Risikopatient:innen ganz besonders auf ihre LDL-Cholesterin-Werte achten müssen. Trotzdem kennen vielen Menschen weder ihren LDL-Cholesterin-Wert noch die Werte ihres Glukose-Stoffwechsels.“

Daran müsse man ansetzen und Vorsorgekonzepte sowie passende Therapien forcieren, unter­streicht er. „Zum geringen Risikobewusstsein kommt nämlich dazu, dass viele Betroffene keine adä­quate Therapie erhalten. Dabei können Lebensstilveränderungen bei erhöhtem LDL-Cholesterin in der Regel nur fünf bis zehn Prozent Reduktion bewirken. Das reicht also meist nicht aus.“

IHS-Studie: 8,2 Prozent der Todesfälle wären vermeidbar

Eine Untersuchung des Instituts für Höhere Studien i konnte im Frühsommer nachweisen, dass 8,2 Prozent der Todesfälle potenziell vermeidbar wären und dass bis zu 1 Mrd. EUR an Gesundheits­kosten, die durch Hypercholesterinämie entstehen, durch besseres Cholesterin-Management eingespart werden könnten – je nach Zielwert-Erreichung. „Vor diesem Hinter­grund haben wir schon im Sommer einen nationalen Schulterschluss gefordert“, betont ÖDG-Präsi­dent Clodi.

Volle Unterstützung bekommt der Mediziner von Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, MBA, Leiter der Ab­teilung Gesundheitspolitik in der Arbeiterkammer Niederösterreich: „Die IHS-Studie belegt nicht nur die Zahl der Todesfälle und das menschliche Leid, sondern auch die volkswirtschaftlichen Effekte.

2019 hat Hypercholesterinämie über 1 Mrd. EUR an Kosten im Gesundheitssystem verursacht. Davon entfielen rund 800 Mio. EUR allein auf die medizinischen Kosten. Zusätzlich wäre durch die Senkung der Zahl an Krankenständen, Invalidität und Mortalität ein Produktionsgewinn von bis zu 300 Mio. EUR absolut realistisch. Das zeigt das Potenzial für die Volkswirtschaft“, so Rupp. „Zusammengefasst wäre ein Einsparungspoten­zial von 1 Mrd. EUR durch besseres Cholesterin-Management potenziell erzielbar, und vom individuellen menschlichen und sozialen Benefit rede ich gar nicht.“

Anregung: Anstehende Verhandlungen für ‚Vorsorgeuntersuchung neu‘ nutzen

„Deshalb wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, angesichts der anstehenden Finanzausgleichs-Verhand­lungen darüber zu diskutieren, was im Zuge der Vorsorgeuntersuchungen kontrolliert werden soll“, regt Rupp an. „LDL-Cholesterin wird derzeit standardmäßig nicht erfasst. Wir brauchen aber Prävention statt Reparaturmedizin.“ Passend zur Vorsorge hat die Arbeiterkammer Wien gemeinsam mit der Gesundheit Österreich ein Projekt gestartet, das Bewusstsein für Diabetes schaffen will und die Menschen animieren möchte, ihre Werte regelmäßig messen zu lassen.

Bewusstseinsbildung: Lebensstil ist nicht alles

Die Rolle der Prävention unterstreicht auch Univ.-Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer, Leiterin der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel sowie Leiterin der Gender Medicine Unit, Medizinische Universität Wien. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen muss auf vielfältigen Ebenen begegnet werden. Wir müssen Wissen vermitteln und die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken. Es muss aber auch mit dem Mythos ‚Lebensstil ist alles‘ aufgeräumt werden. Lebensstil ist wichtig, keine Frage. Viele Menschen benötigen aber auch medikamentöse Therapien – abhängig von den vielfältigen Fak­toren, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Denn fast 80 Prozent der Österreicher:innen, die bereits ein kardiovasku­läres Ereignis wie Herzin­farkt oder Schlaganfall hatten, erreichen ihre LDL-Cholesterin-Zielwerte nichtii.“

Als Spezifikum kommt dazu, dass gerade Frauen nach der Menopause hohe Cholesterinwerte haben, diese auch seltener gemessen und auch noch weniger oft als bei Männern adäquat behandelt werden. „Insgesamt besteht aber bei beiden Geschlechtern großer Nachholbedarf im Lipidmanagement.“ In jedem Fall müsse rasch gehandelt werden, sagt Kautzky-Willer, denn die Situation werde sich noch zuspitzen – vor allem durch das Faktum, dass die Baby-Boomer-Generation ins kritische Alter komme. „Aus diesem Grund sind wir aktiv geworden und haben die Cholesterin-Allianziii gegrün­det, mit aktuell über 20 namhaften Mitgliedern, die das Anliegen unterstützen.“

Vision: Mehr gesunde Lebensjahre

„Unsere Vision ist“, so Kautzky-Willer, „wir wollen die Bedeutung von LDL-Cholesterin für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhte Sterblichkeit sowie das Potenzial von Therapieoptionen in den Fokus rücken und politisch verankern, um Risikopatient:innen mehr gesunde Lebensjahre zu schenken.“

Drei Forderungen: LDL-Cholesterin-Wert kennen | LDL-Cholesterin-Zielwert kennen |
LDL-Cholesterin-Zielwert erreichen

„Dazu haben wir drei klare Ziele bzw. Forderungen formuliert“, sagt Kautzky-Willer. „Jede:r Österreicher:in kennt seinen/ihren LDL-Cholesterin Wert. Jede:r Österreicher:in kennt seinen/ihren LDL-Cholesterin Zielwert. Jede:r Österreicher:in erreicht seinen/ihren individuellen LDL-Cholesterin Zielwert.

„Um das zu erreichen, brauchen wir die Mitwirkung von allen – von Risikopatient:innen ebenso wie von Ärzt:innen, weiteren Health Care Professionals sowie Entscheidungsträger:Innen im Gesund­heitssystem. Und ein Bewusstsein muss auch in der breiten Bevölkerung bestehen“, betont Kautzky-Willer.

An die Entscheidungsträger:innen richtet – stellvertretend für alle Initiator:innen – Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek, Past-Präsident und Pressereferent der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft , eine Einladung: „Lassen Sie uns gemeinsam Maßnahmen diskutieren und entwickeln. Erste Ideen sind: Man könnte etwa LDL-Cholesterin als Parameter in allen relevanten Programmen sowie strukturierten Unter­suchungen verankern. Man könnte eine verständliche und leicht zugängliche Risikoeinschätzung für alle Versicherten schaffen. Man könnte die wichtigsten Gesundheitsparameter – inklusive LDL-Cholesterin – in der ELGA für Patient:innen und Ärzt:innen zusammenfassen. Man könnte ein digital gestütztes Disease-Management-Programm für Risikopatient:innen nach internationalen Guidelines etablieren.“ Möglichkeiten gäbe es zahlreiche, so Siostrzonek. Nun gehe es darum ins Gespräch zu kommen und mit der Umsetzung zu starten.

Um der „Bewegung für mehr gesunde Lebensjahre“ zusätzlichen Schub zu verleihen, lädt er Expert:innen und Institutionen ein, sich der Cholesterin-Allianz anzuschließen. „Wir freuen uns über weitere Unterstützer:innen.“

Die Cholesterin-Allianz

Als interdisziplinäre Bewegung möchte die Cholesterin-Allianz Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Todesursache Nummer 1 eliminieren. Gemeinsam setzen sich führende Akteur:innen aus dem österreichischen Gesundheitssystem dafür ein, dass alle Österreicher:innen ihre LDL-Cholesterin-Zielwerte kennen und erreichen, um länger und gesünder zu leben. Die Cholesterin-Allianz wird als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt.

www.cholesterinallianz.at


i Volkswirtschaftliche Kosten der Hypercholesterinämie in Österreich; Thomas Czypionka, Miriam Reiss, Stephanie Reitzinger; Institut für Höhere Studien; Juni 2022

ii Siostrzonek, P., Brath, H., Zweiker, R. et al. Lipid lowering therapy in primary and secondary prevention in Austria: are LDL-C goals achieved?. Wien Klin Wochenschr 134, 294–301 . https://doi.org/10.1007/s00508-021-01978-w

iii Die Cholesterin-Allianz wird als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt. Dieses Angebot wird von
Novartis Pharma GmbH, Jakov-Lind-Straße 5, Top 3.05, 1020 Wien, unterstützt und dient der Information von Patient:innen, deren Angehörigen sowie den Fachkreisen.


Quelle: OTS

Mehr Nachrichten aus

Österreich