vonRedaktion International
JULI 11, 2021
Das Thema Glücksspiel ist in Österreich umstritten. Die skandalgeplagten Casinos Austria haben ein ernsthaftes Imageproblem und verbindliche Regeln für die Konkurrenz aus dem Internet gibt es kaum. Während die Nachbarländer Schweiz und Deutschland das Thema Glücksspiel schon vor längerem angepackt haben, hat die Alpenrepublik bisher gezögert. Damit soll jetzt aber Schluss sein. Nach einer Sitzung des Ministerrats im Februar gab der damalige Interimsjustizminister Werner Kogler Pläne bekannt, die er als „Jahrhundertreform“ bezeichnete. Dabei stehen zwei Ziele im Vordergrund. Zum einen sollen die Verflechtungen der österreichischen Casinos mit der Politik gelöst werden, zum anderen soll endlich ein effektives Regelwerk für das Online-Glücksspiel geschaffen werden. Konkrete Details hierzu wurden aber noch nicht bekannt, sodass die Öffentlichkeit spekulieren muss, was auf sie zukommt. Wollen die Minister einen ähnlichen Weg wie die Deutschen einschlagen oder orientieren sie sich doch eher am Vorbild der Schweiz?
Online-Glücksspiel in der Schweiz
Die Eidgenossen haben schon früh die Notwendigkeit einer klaren Regelung für Glücksspiele im Internet erkannt und Fakten geschaffen. Ein entsprechendes Gesetz wurde im Juni 2018 per Volksentscheid mit 72,9 % der Stimmen beschlossen, 2019 trat es dann in Kraft. Die Schweiz entschloss sich dabei für ein nationales Modell, das ausländischen Unternehmen den Zugang zum Markt grundsätzlich verwehrt. Nur Spielbanken, die auch einen stationären Betrieb in der Schweiz haben, dürfen auch im Internet Glücksspiele wie Poker, Blackjack oder Roulette anbieten. Hierzu müssen sie allerdings zunächst eine Konzession beim Bund beantragen. Damit ist klar geregelt, welche Angebote legal sind und welche nicht. Alle zugelassenen Anbieter haben ihren Sitz in der Schweiz und müssen damit vor Ort Steuern bezahlen. Das Land geht auch aggressiv gegen ausländische Angebote vor: Internet-Provider sind verpflichtet, diese auf Anweisung der Regierung zu sperren. Zwar ist es grundsätzlich möglich, solche Sperren mithilfe spezieller Webdienste zu umgehen. Dazu ist allerdings eine gewisse technische Kenntnis nötig. Die Spieler selbst müssen sich unterdessen keine Sorgen machen: Sie machen sich nicht strafbar, selbst wenn sie auf einer verbotenen Webseite an Glücksspielen teilnehmen.
Neue Regelungen in Deutschland
Die deutschen Bundesländer streiten schon seit einem Jahrzehnt über eine einheitliche Regelung beim Online-Glücksspiel. Dadurch ist ein ständiges Hin und Her entstanden, das viel Verwirrung verursacht. Eine Zeit lang war es erlaubt, in Online Casinos zu spielen, aktuell dürfen das nur noch die Einwohner des Bundeslandes Schleswig-Holstein. Sperren gibt es hingegen nicht, sodass deutsche Spieler problemlos ausländische Angebote wie Slots oder Video Poker nutzen können. Von dieser Möglichkeit machen sie regen Gebrauch, was den einheimischen Spielhallenbetreibern erheblich zusetzt. Denn Online-Anbieter locken mit Gratisguthaben und anderen Boni wie Cashbacks und sind daher deutlich attraktiver. Die deutsche Glücksspielindustrie fordert daher ein strengeres Vorgehen gegen ausländische Firmen, erhielt aber von der Politik eine Absage. 2020 wurde eine Reform verabschiedet, nachdem Anbieter aus der ganzen EU Lizenzen erwerben können. Ab Juli 2021 können sowohl deutsche als auch ausländische Anbieter legal Casinospiele im Internet betreiben, vorausgesetzt sie erhalten die notwendige Konzession.
Die bisherige Situation in Österreich
Der österreichische Gesetzgeber hat hingegen noch nicht mit einer Reform auf die zunehmende Beliebtheit von Online-Glücksspielen reagiert. Stattdessen wird das geltende Recht einfach auf das Internet ausgedehnt. Online-Casinos benötigen demnach eine österreichische Konzession, ausländische Lizenzen werden nicht akzeptiert. In der Praxis versagt diese Regelung allerdings, denn zahlreiche ausländische Anbieter sind auf dem Markt aktiv, ohne sich jemals um eine Erlaubnis zu bemühen. Die Regierung kritisiert dieses Verhalten zwar immer wieder, verzichtet aber auf effektive Gegenmaßnahmen wie etwa das sogenannte Geoblocking. Für viele Beobachter ist unverständlich, warum es nicht schon längst zu einer Gesetzesänderung gekommen ist. Denn das Online-Glücksspiel ist ein Milliardenmarkt. Eine effektive Regelung könnte Millionen in die Kassen des Finanzministers spülen und würde zudem die Durchsetzung des Spielerschutzes vereinfachen. Ein möglicher Grund für das Zögern der Politik ist die Schwierigkeit, ausländische Anbieter für Regelverstöße zur Rechnung zu ziehen. Sowohl Deutschland als auch die Schweiz zeigen allerdings, dass es vielversprechende Ansätze zur Regulierung gibt.
Welchem Modell wird die Regierung folgen?
Die beiden Länder gehen allerdings unterschiedliche Wege. Während die Schweiz ausländische Anbieter vom Zugang zum Markt abschottet, sind diese in Deutschland willkommen – vorausgesetzt, sie halten sich an gewisse Vorgaben. Welches System besser funktioniert, ist unklar. Deutsche Spieler können nach wie vor problemlos auf illegale Casinos zugreifen. Die bessere Verfügbarkeit legaler Angebote könnte allerdings dazu führen, dass das Interesse an unlizenzierten Angeboten nachlässt. In der Schweiz werden ausländische Anbieter blockiert, Nutzer finden allerdings Wege, diese Sperren zu umgehen. Aktuell sieht es ganz danach aus, als wolle die Regierung dem Schweizer Modell folgen. Demnach sollen zukünftig illegale Glücksspielangebote in Österreich blockiert werden. Das sieht zumindest der aktuelle Entwurf der Reform vor, der im Ministerrat diskutiert wird. Ob das sogenannte Geoblocking letztendlich verabschiedet wird, muss sich erst noch zeigen. Klar ist in jedem Fall, dass neue Zeiten anbrechen. Sowohl Spieler als auch Anbieter werden sich darauf einstellen müssen, dass es in Zukunft zu erheblichen Veränderungen kommt.