Wien: Forderung aus allen Bezirken nach flächendeckendem und einheitlichen Parkpickerl für ganz Wien

vonRedaktion Salzburg
MAI 05, 2021

Foto: ©PID/Christian Fürthner

Sima und Bezirksvorsteher beauftragen Untersuchungen in Parkpickerl-freien Bezirken – Beschlussfassung vor dem Sommer

Nach der kürzlichen Ansage des Simmeringer Bezirksvorstehers Thomas Steinhart, aufgrund der unerträglichen Situation im 11. Bezirk das flächendeckende Parkpickerl notfalls auch im Alleingang umzusetzen, ist ein klassischer „Domino-Effekt“ für die angrenzenden Bezirke und darüber hinaus zu erwarten. Schon heute ist der Ruf in vielen Gebieten Wiens nach einem Parkpickerl aufgrund der Parkplatznot groß. 2/3 der täglich rund 300.000 PendlerInnen kommen mit dem PKW nach Wien. Sie nutzen die Möglichkeit, ihr Auto kostenlos in den Parkpickerl-freien Bezirken abzustellen. Für die Wienerinnen und Wiener wird es zunehmend schwieriger, einen Parkplatz zu finden. Eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Simmering würde aufgrund des „Domino-Effekts“ die Situation vor allem in Liesing und in der Folge auch in Hietzing massiv verschärfen und in weiterer Folge auch Auswirkungen auf den Rest Wiens haben.

Domino-Effekt für die Nachbarbezirke und Auswirkung auf ganz Wien

In Liesing wurde daher im Verkehrsausschuss im April bereits erste Einschätzungen zu den Auswirkungen von Simmerings Plänen zur Einführung der Parkraumbewirtschaftung diskutiert. Mit der Bewegung in Simmering und Liesing sowie auch in Hietzing würden auch die Bezirke jenseits der Donau, Floridsdorf und die Donaustadt unter Druck kommen. Sie wollen daher jetzt die Folgen und Auswirkungen der neuen Entwicklungen untersuchen lassen, konkret auch den „Domino-Effekt“ nach Einführung in anderen Bezirken. Mobilitätsstadträtin Ulli Sima hat daher nach intensiven Gesprächen mit den Bezirken die zuständige MA 46 um eine derartige Überprüfung aller bisher noch Parkpickerl-freien Gebiete gebeten, die die Grundlage weiterer Schritte sein soll. Konkret wird auch die absehbare Verdrängung in die Nachbarbezirke bei Einführung von Maßnahmen analysiert und dann gehandelt.

Über Nacht zum Parkplatz Wiens …Fleckerlteppich kompliziert und mühsam

Denn eine Einführung der Parkraumbewirtschaftung in einem Bezirk hat gravierende Auswirkungen auf den Rest Wiens. „Die Erfahrung zeigt, dass auch Gebiete, in denen es bislang kein Parkplatz-Problem gegeben hat, nach einer Ausweitung im Umfeld quasi „über Nacht“ völlig zugeparkt sind, sowie es einst in Ottakring und aktuell in unregulierten Teilen von Simmering passiert“, erläutert Sima, die sich noch gut an die Debatten in ihrem Heimatbezirk Ottakring erinnert. Dort wurden nach Einführung des Parkpickerls in Teilen des Bezirks im Jahre 2012 nach wenigen Tagen die Rufe laut, es auf den gesamten Bezirk auszuweiten, ein „Fleckerlteppich“ hat nur negative Folgen aufgrund der massivem Verdrängung. Ottakring hat damals rasch adaptiert und das Parkpickerl flächendeckend eingeführt.

Dies wünscht sich nun aus verständlichen Gründen auch Simmering. Dafür hat Sima vollstes Verständnis und betont: „Das Ziel, das wir auch im rot-pinken Regierungsprogramm verankert haben, ist die einheitliche, flächendeckende Parkraumbewirtschaftung in ganz Wien und ich freue mich, dass wir nach den vielen Gesprächen mit den Bezirksvorstehern und natürlich auch mit unserem Koalitionspartner auf gutem Wege sind“, so Mobilitätsstadträtin Ulli Sima.

„Die Fortschrittskoalition ist eine Klimaschutzkoalition und eine wienweite Parkraumbewirtschaftung wäre ein Meilenstein auf dem Weg zu unserem Ziel, Wien bis 2040 klimaneutral zu machen,“ stellt NEOS-Klubobfrau Bettina Emmerling fest. Auch der neu gewonnene Platz auf den Straßen würde neue Gestaltungsspielräume für die Bezirke und ihre AnwohnerInnen bieten. „Für NEOS ist mit einer wienweiten Lösung für das Parkpickerl der Grundstein gelegt, danach kann man die nächsten Schritte hinsichtlich dem Einsatz digitaler Technologien angehen“, so Emmerling weiter.

Rückgang der PKW-PendlerInnen, mehr freie Plätze für die WienerInnen und mehr Lebensqualität für alle

Denn eines ist sehr klar: Die Parkraumbewirtschaftung zeigt einen nachhaltigen Lenkungseffekt auf die Verkehrsmittelwahl und das Verkehrsverhalten in der Millionenstadt. Die Erfahrungen mit dem Parkpickerl seit 1993 zeigen klar: Es bringt mehr Lebensqualität für die Menschen in der Stadt, weniger Lärm, weniger Luftverschmutzung und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Die Menschen steigen vermehrt auf die Öffis um. Das Parkpickerl bringt merklich mehr freie Parkplätze für die Wienerinnen und Wiener und einen klar messbaren Rückgang der PKW-PendlerInnen. Sie kommen derzeit zu 2/3 mit dem PKW, während die Wienerinnen und Wiener nur zu 1/3 mit dem PKW und zu 2/3 mit Öffis, zu Fuß oder dem Rad unterwegs sind.

Laut Regierungsprogramm der Fortschrittskoalition soll der Anteil der PKW-PendlerInnen bis 2030 halbiert werden. Wien setzt in Sachen Mobilität auch weiterhin massiv auf den weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs, auch bundesländer-übergreifend, dazu werden aktuell etliche Projekte geprüft. Die Parkraumbewirtschaftung ist ein weiteres Mittel zur Verkehrsberuhigung in der Millionenstadt. Aktuell sind 50 % der Stellplätze der Millionenstadt auf einem Gebiet mit Parkraumbewirtschaftung.

Eine kluge Parkraumbewirtschaftung bringt massive Erleichterungen und mehr freie Parkplätze für die Wienerinnen und Wiener Die positiven Effekte der Parkraumbewirtschaftung sind aufgrund der bisherigen zahlreichen Erweiterungen der letzten Jahre gut messbar. Evident ist eine Reduktion der Auslastung der Parkplätze von bis zu 30 % und vor allem ein massiver Rückgang von Autos mit Nicht-Wiener Kennzeichen. Die Zeit zur Parkplatzsuche nimmt damit enorm ab. In Bezirken mit Parkpickerl gingen die Autofahrten merkbar zurück, alleine im Westen wurden rund 8.000 PKW-Fahrten pro Werktag weniger verzeichnet. Auch das Falschparken nahm nach Einführung des Parkpickerls ab – um über zwei Drittel, was wiederum den Verkehrsfluss erhöht und auch die Öffis deutlich weniger behindert. Die Akzeptanz der Parkraumbewirtschaftung stieg in allen Bezirken nach der Einführung enorm. Die Mehrheit der BewohnerInnen in Parkpickerl-Bezirken steht voll und ganz hinter dem Modell. Mit den Einnahmen der Parkraumbewirtschaftung wird der weitere Ausbau der Öffis in der Klimamusterstadt finanziert Weniger Verkehr, weniger Lärm, mehr Verkehrssicherheit und mehr Klimaschutz : Das Parkpickerl ist ein zentraler Beitrag zu Wiens hoher Lebensqualität SimmeringerInnen leiden unter Zweiteilung des Bezirks

Der neue Simmeringer Bezirksvorsteher Thomas Steinhart hat kürzlich bekanntgegeben, notfalls auch einen Alleingang bei der Ausweitung des Parkpickerls in seinem Bezirk zu gehen: „Die Entscheidung des abgewählten FPÖ-Bezirksvorstehers, im Jahr 2018 nur in einem Teil des Bezirks, konkret im Simmeringer Zentrum, die Parkraumbewirtschaftung umzusetzen, hat sich als absolut nachteilig herausgestellt. Die Parkplatzsuche wurde quasi über Nacht in weiten Bereichen unseres Bezirks einfach ein Albtraum“ so Steinhart. Viele Bürgerinnen und Bürger drängen auf – die schon im Sommer 2020 beschlossene - Ausdehnung auf den ganzen Bezirk. Der Verdrängungseffekt ist für die nicht vom Parkpickerl erfassten Bereiche im Bezirk unerträglich, es parken zudem viele Autos mit nicht Wiener Kennzeichen in Simmering. Viele PendlerInnen auch viele Firmenfahrzeuge aus anderen Bezirken nützen die Flächen im 11. Bezirk – zum Nachteil der Simmeringerinnen und Simmeringer. Daher sei Handeln überfällig und er begrüßt die Initiativen der anderen Bezirke, gemeinsam an Lösungen für ganz Wien zu arbeiten.

Liesing und Hietzing erwartet „Domino-Effekt“

Liesing ist als weiterer Flächenbezirk im Süden ganz unmittelbar von den Plänen Simmerings betroffen. Schon heute ist es laut Bezirksvorsteher Gerhard Bischof in vielen Gegenden des Bezirks nahezu unmöglich, einen Parkplatz zu finden, viele PendlerInnen nützen Liesing derzeit als Abstellort für ihren PKW. Bereits jetzt kratzt der Bezirk an der Auslastungsgrenzen von 80 Prozent, in Teilgebieten liegt die Auslastung des Parkraums bei 90-100 Prozent. „Dort besteht bereits heute – auch ohne die Ausweitung in Simmering – Handlungsbedarf“, so Bezirksvorsteher Gerald Bischof. Er erläutert, dass nach Berechnungen der MA 46 die Ausweitung in Simmering nachhaltige Auswirkungen auf Liesing haben. Es bliebe Einpendlern via A4, S1, A3, A2 im Süden Wiens nur noch Liesing zum Gratis-Tages- und Wochenparken.

Ähnliche Effekte sind auch für den Liesinger Nachbarbezirk Hietzing zu erwarten. Dort gibt es ebenfalls entlang der U4-Stationen bereits heute Kapazitätsengpässe. Mit einer Ausweitung in Simmering und Liesing ist mit zusätzlichem Stellplatz-Druck vor allem durch PendlerInnen zu rechnen.

Floridsdorf und Donaustadt schließen sich an und wollen Überprüfungen

Mit der Bewegung im Süden und Westen sehen auch die Bezirke Floridsdorf und Donaustadt eine Herausforderung im Parkraummanagement in ihren Bezirken. Mit den Ausweitungen steigt auch der Druck auf Gebiete ohne Parkpickerl, wo bisher noch ausreichend freie Parkplätze vorhanden sind. Denn das kann sehr schnell kippen und zu einem massiven Verdrängungseffekt führen. Neben dem massiven Ausbau der Öffis wollen die Vorsteher Ernst Nevrivy und Georg Papai die Parkplatzsituation untersucht haben und entsprechende Schritte setzen. „Ich habe mich immer für eine wienweite Lösung ausgesprochen, dies war bislang leider nicht möglich, nun bin ich optimistisch“, so Ernst Nevrivy, Bezirksvorsteher der Donaustadt. Und sein Floridsdorfer Kollege Georg Papai ergänzt: „Wir wollen nun die Situation überprüfen. Die FloridsdorferInnen sollen wieder Parkraum im Bezirk vorfinden. Schon jetzt trägt in manchen Bezirksteilen jedes zweite Auto kein Wiener Kennzeichen. Durch die noch unter dem FPÖ-Bezirksvorsteher vorangetriebene Ausweitung des Parkpickerls und der Zweiteilung in Simmering wird der Druck noch einmal größer. Floridsdorf darf nicht der Parkplatz von Wien werden! Es braucht hier eine wienweite Lösung!“

Der weitere Zeitplan – Beschlussfassung vor dem Sommer

Die MA 46 überprüft daher nun in den nächsten Wochen die Situation in Floridsdorf und der Donaustadt und die Auswirkungen der Simmeringer Ausweitung auf die restlichen Bezirke. Sie erarbeitet die Grundlagen für die weiteren Schritte, noch vor dem Sommer soll es eine Beschlussfassung geben. Im rot-pinken Regierungsprogramm ist die Einführung des flächendeckenden und einheitlichen Parkpickerls für 2022 fixiert. „Wir wissen, wo der Schuh drückt und arbeiten intensiv an einer gemeinsamen Lösung, ich bedanke mich bei allen Beteiligten, den Bezirksvorstehern und unserem Koalitionspartner für die so intensive Arbeit in den letzten Monaten. Gemeinsam wollen wir die Weichen stellen, damit die Wienerinnen und Wiener auch künftig in einer lebenswerten Stadt leben, in einer Klimamusterstadt“, so Sima abschließend.

Zur Geschichte der Parkraumbewirtschaftung in Wien

1959 wurden in Wien erstmals Kurzparkzonen im 1. Bezirk eingerichtet. Danach folgten schrittweise Kurzparkzonen-Verordnungen für andere Bezirke. Die Kurzparkzonen blieben auf einzelne Straßenabschnitte oder kleinere Bereiche beschränkt.

Juli 1993: Das Parkpickerl für den 1. Bezirk wird eingeführt August 1995: Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung flächendeckend auf die Bezirke 6 bis 9 Juni 1997: Weitere Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung auf den 4. und 5. Bezirk März 1999: Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung um die Bezirke 2 und 20 November 1999: Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf den 3. Bezirk September 2005: Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung als Pilotprojekt auf den Bereich Stadthalle im 15. Bezirk Oktober 2012: Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Teilen der Bezirke 12, 14, 16 und 17 sowie im gesamten 15. Bezirk Jänner 2013: Überarbeitung und Erweiterung der Zonengrenzen für die Bezirke 14, 16 und 17 auf Wunsch der Bezirke, da „Fleckerlteppich“ negative Folgen hatte 5. September 2016: Parkraumbewirtschaftung im 18. Bezirk September 2017: Parkraumbewirtschaftung im 10. Bezirk November 2018: Parkraumbewirtschaftung im Simmeringer Zentrum, „Zweiteilung“ des Bezirks mit negativen Auswirkungen Juli 2019: Parkraumbewirtschaftung im 19. Bezirk


Quelle: Stadt Wien

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