vonRedaktion Salzburg
MAI 16, 2023
„Raus aus Gas“-Pilotprojekt: Start der Tiefenbohrungen für die Erdwärmeversorgung der ersten 277 Wohnungen.
Es ist wohl eine der größten Herausforderungen der sich die Stadt Wien im Kampf gegen die Klimakrise stellt: Die vollständige Umstellung der Wiener Gemeindebauten auf ökologische Wärmeversorgung bis 2040. Ein großer Teil der Wohnanlagen wird bereits heute mit umweltfreundlicher Fernwärme versorgt bzw. wird in den kommenden Jahren an das Wiener Fernwärmenetz angeschlossen. Bei einem kleinen Teil der Wohnanlagen ist ein Anschluss aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht möglich. Dort setzt man auf alternative Wärmeversorgungsysteme wie z.B. Wärmepumpen.
Zu den ersten „Raus aus Gas“-Pilotprojekten gehören die beiden 1953-1955 errichteten Gemeindebauten in der Deutschordenstraße 7-25 und 27-35 in Wien-Penzing. Dort starteten heute die Tiefenbohrungen für die Versorgung der insgesamt 277 Wohnungen mit Erdwärme.
Wärme aus 150 Meter Tiefe
Die dezentralen Gasthermen in den Wohnungen werden durch eine zentrale Wärmepumpenanlage zur Heizung und Warmwasserbereitung ersetzt. Als Energiequelle dient Luft und Geothermie (Erdwärme). Dazu werden 18 Tiefenbohrungen mit je 150 Meter Tiefe durchgeführt. Die aus der Tiefe gewonnene Erdwärme dient zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung. „Die Stadt Wien nimmt als internationale Hauptstadt des sozialen Wohnbaus eine Vorreiterrolle ein. Damit geht auch eine Verantwortung gegenüber kommenden Generationen einher. Zur berühmten Wiener Lebensqualität gehört jetzt und auch in Zukunft mehr als nur leistbarer Wohnraum. Heute ist ein historischer Tag für den Wiener Gemeindebau. Denn noch nie wurde eine Wohnanlage dieser Größe im Bestand auf Luft-Wasser-Wärmepumpe zur Heizung und Warmwasserbereitung umgestellt. Mit diesem ‚Raus aus Gas‘-Pilotprojekt zur Versorgung der Wohnanlagen mit erneuerbarer Energie, zeigt der Wiener Gemeindebau vor, wie man bestehende Gebäude zukunftsfit machen kann.“, so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál. In den Wohnungen selbst wird lediglich eine Wohnungsstation mit Wärmetauscher installiert. Das System ist wesentlich wartungsärmer als dezentrale Gasthermen. Der Strombedarf der Wärmepumpe wird künftig zu einem Gutteil aus einer Photovoltaikanlage am Dach gedeckt.
Wiener Wohnen setzt beim Energieumstieg in diesem Pilotprojekt auf das Miteinander mit den Bewohner*innen: „Deshalb ist es uns wichtig, alle Mieter*innen auf dem Weg ‚Raus aus Gas‘ intensiv zu beraten und zu begleiten, um möglichst viele zu motivieren, auf eine klimafreundliche Versorgung umzusteigen – gemeinsam schaffen wir den Umstieg in eine klimaneutrale Zukunft“, so Wiener Wohnen Direktorin Karin Ramser. Und die Umstellung der Wohnungen für die die 550 Bewohner*innen möglichst einfach zu gestalten.
Sanierungen als Basis für Energiewende und Impuls für die Wirtschaft
Die größte Unterstützung für die Energiewende ist es den Energiebedarf und Energieverluste durch umfassende thermische Sanierung zu senken: „Dass Wien bundesweit den geringsten Energieverbrauch für Heizen und Warmwasser pro Kopf hat, ist Folge engagierter und mutiger Entscheidungen, durch die thermische Sanierungen massiv vorangetrieben wurden. Seit 2005 konnten wir den Verbrauch um 17 Prozent senken.“, so Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. Wiener Wohnen unternimmt erhebliche Anstrengungen für die umfassende thermisch-energetische Sanierung von Gemeindebauten.
Insgesamt befinden sich aktuell 59 Sanierungsprojekte mit Investitionen von 660 Millionen Euro in der Bauphase, das betrifft rund 14.000 Gemeindewohnungen in ganz Wien.
„Um unser Ziel, Wien bis 2040 klimaneutral zu machen, erreichen zu können, drehen wir an vielen Schrauben. Insgesamt investieren wir in den nächsten drei Jahren über 4,2 Milliarden Euro in den Ausstieg aus Gas. So bauen wir in Simmering die größte Wärmepumpe Mitteleuropas, die künftig rund 110.000 Haushalte aus Abwärme versorgen wird. Mit dem Umstieg der Wohnhausanlage Deutschordenstraße auf erneuerbare Energieträger setzt Wiener Wohnen einen wichtigen weiteren Schritt zur Dekarbonisierung der Raumwärme. Dazu wird auch Wiens 1. Tiefengeothermie-Anlage einen Beitrag leisten, die voraussichtlich ab 2026 rund 20.000 Wiener Haushalte mit umweltfreundlicher Fernwärme beliefern wird“, so Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.
75 Prozent weniger Heizwärmebedarf
Das neue Energiesystem für die Deutschordenstraße besticht durch die thermische Sanierung der Gebäude und der damit einhergehenden Energieeinsparung. So wird der Heizwärmebedarf in der Deutschordenstraße um 75 Prozent gesenkt. „Damit die Stadt auch in Zukunft lebenswert ist, müssen wir auf eine erneuerbare Energieversorgung umstellen und nachhaltige Alternativen wie Bodenwärme, Wasserkraft, Sonnen- und Windenergie fördern. Klimaschutz ist auch eine soziale Frage. Daher ist die Wärmeversorgung von Wohnungen mit erneuerbarer Energie ein wichtiger Schritt und ich freue mich, dass mit dem Gemeindebau in der Deutschordenstraße in Penzing ein Vorzeigeprojekt umgesetzt wird“, so die Bezirksvorsteherin von Wien-Penzing Michaela Schüchner. Neben der thermischen Sanierung werden auch zahlreiche Verbesserungen für die Wohnqualität der Bewohner*innen umgesetzt. Zum Beispiel 21 Personenaufzüge, neue einbruchshemmende Brandschutz-Eingangstüren, ein Kinderwagen- bzw. Fahrradraum sowie eine Rollstuhlrampe. Die Außenbeleuchtung wird erweitert und eine neue Brandrauchentlüftung installiert. Die Sanierungsmaßnahmen in der Deutschordenstraße belaufen sich auf insgesamt 26 Millionen Euro und sind voraussichtlich Ende 2024 abgeschlossen.
Quelle: Stadt Wien