Innsbruck: Gedenk- und Erinnerungskultur weiter entwickeln

vonRedaktion International
OKTOBER 04, 2020

Foto: Stadt Innsbruck

Innsbrucker Kulturausschuss setzt Arbeitsgruppe ein

In der laufenden Debatte um die Gedenk- und Erinnerungskultur in Innsbruck und um den Umgang mit dem Nationalsozialismus hat der Kulturausschuss der Stadt Innsbruck am vergangenen Mittwoch, 30. September, getagt. Nach intensiver und mehrstündiger Beratung des zuständigen Gremiums, an der unter anderem auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg (IKG), Dr. Günther Lieder, teilgenommen hat, wurde eine Facharbeitsgruppe eingesetzt.

Vizebürgermeisterin Mag.a Uschi Schwarzl erinnert an die in Innsbruck bereits vorhandenen Formen des Gedenkens und Erinnerns: Dazu gehören nach Opfern und WiderstandskämpferInnen benannte Straßen und Orte ebenso wie die am Landhausplatz auf Initiative des Landesjugendbeirats entstandene Menorah als Gedenkort für die Opfer der Pogromnacht 1938, ein antifaschistisch umgestaltetes „Vaterlandsdenkmal“ am Vorplatz der Hauptuniversität, der nach dem „Weiße Rose“-Mitglied Christoph Probst benannt ist. Außerdem sind nach NS-TäterInnen benannte Straßenschilder mit historischen Erläuterungen ergänzt und es kam zur Aberkennung städtischer Ehrenzeichen, die an NS-TäterInnen verliehen worden waren. Zudem arbeitet die Stadt Innsbruck fortlaufend eng mit ZeithistorikerInnen zusammen und unterstützt und beauftragt Forschungsprojekte – etwa zur Verwaltungsgeschichte vor, während und nach der NS-Herrschaft oder jüngst etwa zur NS-Wehrmachtsjustiz und zu den Schicksalen von Wehrmachtsdeserteuren in Tirol.

Gedenkarbeit als Prozess

Mit dem neuen Gedenkformat „gedenk_potenziale“ lobt der Kulturausschuss außerdem ab 2021 jedes Jahr einen Wettbewerb aus, dessen beste Ideen für ein aktives Gedenken am 5. Mai, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen, mit 20.000 Euro dotiert umgesetzt werden.

„Wir sind uns im Kulturausschuss einig, dass Erinnerungs- und Gedenkarbeit ein fortlaufender Prozess ist. Das Thema ist allerdings zu groß und viel zu wichtig, um es seitens der Stadt auf Zuruf in einem unüberlegten Schnellverfahren abzuhandeln. Deshalb bin ich – insbesondere vor dem Hintergrund unseres vertrauensvollen Verhältnisses zur Israelitischen Kultusgemeinde – sehr froh darüber, dass wir uns gemeinsam die Zeit nehmen werden, alle Facetten zu beleuchten und eine würdevolle, tragfähige Lösung zu erarbeiten“, betont GRin Irene Heisz, Obfrau des Kulturausschusses.

Klärungsauftrag

Im Auftrag an die Arbeitsgruppe sind folgende beiden Punkte enthalten: Zum einen soll die Facharbeitsgruppe klären, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen die Stadt Innsbruck privaten Personen und Initiativen die Errichtung von Gedenkzeichen wie zum Beispiel „Stolpersteinen“ auf öffentlichem Grund gestatten soll. Zu bedenken ist dabei unter anderem, dass man in einer Demokratie anderen Personen/Gruppen nicht verwehren kann, was man einer Person/Gruppe einmal erlaubt hat. Auch ist die Frage der Zuständigkeit für die Pflege von privat errichteten Gedenkzeichen auf öffentlichem Grund zu klären, wenn die ursprünglichen InitiatorInnen aus irgendwelchen Gründen nicht mehr verfügbar sind. Zum anderen soll die Facharbeitsgruppe weiter klären, in welcher Form die Stadt Innsbruck mit dezentralen Zeichen (z.B. an Wohnhäusern von NS-Opfern) und/oder einem zentralen Mahnmal mit allen bekannten Namen von InnsbruckerInnen, die vom NS-Regime vertrieben, gequält oder umgebracht wurden, einrichten kann.

Der Arbeitsgruppe unter Federführung von Stadtarchiv-Leiter DDr. Lukas Morscher werden IKG-Präsident Lieder, Fachleute aus dem Bereich der Zeitgeschichte sowie von Seiten der Politik die Kulturausschuss-Vorsitzende GRin Irene Heisz und Ausschuss-Mitglied GR Dejan Lukovic angehören.


Quelle: Stadt Innsbruck

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