Burgenland: Gedenken an Roma- und Sinti-Opfer in Lackenbach

vonRedaktion International
NOVEMBER 14, 2021

Foto: Bgld. Landesmedienservice

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Vertreter der Politik, der Kirche und des Kulturvereins österreichischer Roma haben heute, 13. November 2021, in Lackenbach gemeinsam mit Überlebenden und Angehörigen der Roma- und Sinti-Opfer des Nationalsozialismus gedacht.

Bei der Gedenkveranstaltung, an der als Vertreter der burgenländischen Landesregierung LR Heinrich Dorner auch Bundesministerin Alma Zadic, Landtagspräsidentin Verena Dunst und der Lackenbacher Vizebürgermeister Norbert Cserinko teilnahmen, wurde eine neue Tafel mit den wichtigsten Informationen zum Anhaltelager in Lackenbach enthüllt. Seit der 50. Wiederkehr der Errichtung des „Zigeunerlagers Lackenbach“ im Jahr 1990 finden alljährlich Gedenkfeiern statt, die vom Kulturverein Österreichischer Roma mit Unterstützung der burgenländischen Landesregierung und der Marktgemeinde Lackenbach organisiert werden.

Landesrat Heinrich Dorner, der bereits als Schüler an den Gedenkveranstaltungen in seiner Heimatgemeinde teilgenommen hat, unterstrich die Bedeutung des Mahnmals als Zeichen der Erinnerung: „Gerade das Anhaltelager in Lackenbach muss uns ein ‚Ort der Mahnung‘ sein, wie es Rudolf Sarközi bezeichnet hat. Ein Ort der Mahnung, der uns immer dazu verpflichtet, darauf hinzuweisen, wohin Rassismus, Hetze gegen Minderheiten, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz geführt haben: in das größte und schrecklichste Verbrechen der Geschichte der Menschheit durch ein verbrecherisches NS-Regime.“

Neue Informationstafel

Für Besucherinnen und Besucher der Gedenkstätte war es bislang nicht möglich, sich vor Ort über den exakten Hintergrund der Gedenkstätte in Lackenbach zu informieren. Aus diesem Grund wurde nunmehr eine Informationstafel installiert. Mit Unterstützung durch die Kulturabteilung des Landes Burgenland sowie der Marktgemeinde Lackenbach, den Mitarbeitern von RE.F.U.G.I.U.S. (REchnitzer Flüchtlings- Und GedenkInitiative Und Stiftung") und der Volkshochschule der Roma, der Wissenschafterin Erika Thurner und weiteren Personen ist es gelungen, die Informationstafel aufzustellen, die nunmehr enthüllt wurde.

Bundesministerin Alma Zadic sagte in ihrer Ansprache, die Wahnideen der NS-Zeit mit dem Ziel der Ausgrenzung und der Vernichtung dürfen nie wieder Einzug in unsere Gesellschaft finden. Es sei eine gemeinsame Verantwortung hinzusehen und zu handeln, wenn Menschen Unrecht geschehe.
Christian Klippl, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, sagte, die Veranstaltung am Mahnmal in Lackenbach sei ein unverzichtbarer Akt in der Gedenk- und Erinnerungskultur, der Völkermord an den Roma und Sinti dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Rassismus und Antisemitismus müssen im Alltag bekämpft werden, Hass und Gewalt müsse man entschieden entgegentreten.
LR Heinrich Dorner appellierte, es sei Aufgabe, die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen und immer wieder zu betonen: Rassismus, Hetze gegen Minderheiten, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz dürfen in der Gesellschaft und in der Politik keinen Platz haben. Es sei Aufgabe der Politik, Chancengleichheit herzustellen.

Umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Oberpullendorf und der Musik der Balkan Combo. Historiker Dr. Herbert Brettl erklärte in einem Referat die Genese des „Zigeuneranhaltelagers“ Lackenbach.

Zur Gedenkstätte in Lackenbach

Das Lager in Lackenbach war das größte dieser Art in Österreich sowie im gesamten Deutschen Reich und wurde am 23. November 1940 in einem ehemaligen Gutshof in Lackenbach im Kreis Oberpullendorf eingerichtet. Insgesamt wurden zwischen 1940 und 1945 mehr als 4.000 Roma und Sinti inhaftiert. Nur 300 bis 400 Häftlinge erlebten die Befreiung des Lagers durch sowjetische Truppen im April 1945.

Das Lager war von Stacheldraht umgeben und wurde von Polizisten bewacht. Die internierten Menschen mussten in den Ställen und Scheunen des ehemaligen Gutshofes unter primitivsten Bedingungen leben und Zwangsarbeit leisten. Sie wurden trotz schlechtester Ernährung und hygienischer Bedingungen von der Lagerleitung an Forstbetriebe, Gutshöfe, eine Ziegelei, Straßenbaufirmen und an die Seidenraupenzucht Falkenau „verliehen“. Rund 350 Roma und Sinti aus dem Lager Lackenbach wurden auch beim Autobahnbau eingesetzt. Im November 1941 erging der Befehl, Roma und Sinti aus den „Zigeunerlagern“ ins „Ghetto Litzmannstadt“ in Lodz zu deportieren. Unter den 5.007 Personen (davon 2.689 Kinder) aus derartigen Anhaltelagern in Österreich stammten mehr als 2.000 aus jenem in Lackenbach. Im Jänner 1943 erging der Befehl des NS-Regimes zur Deportation von Roma und Sinti in das Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau.

Am 6. Oktober 1984 wurde auf Anregung der österreichischen Opferverbände unweit des ehemaligen „Zigeunerlagers Lackenbach“ ein Mahnmal für die internierten, getöteten und deportierten Roma und Sinti errichtet. Das vom Architekten Matthias Szauer geschaffene Mahnmal wurde vom damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger enthüllt. Es war zu dieser Zeit das einzige größere in ganz Österreich. Die Basaltblöcke als Elemente des Denkmales sollen einen Bezug zur Zwangsarbeit ausdrücken. Die Gebäude des ehemaligen Lagers wurden in den 1970er Jahren abgerissen.

Seit der 50. Wiederkehr der Errichtung des „Zigeunerlagers Lackenbach“ im Jahr 1990 finden alljährlich Gedenkfeiern statt, die vom Kulturverein Österreichischer Roma mit Unterstützung der burgenländischen Landesregierung und der Marktgemeinde Lackenbach organisiert werden.

Quelle: Land Burgenland

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