vonRedaktion International
JULI 10, 2024
Experten dokumentieren 264 Ermordete / Daten und Fakten über Opfer und Täter / Buchpräsentation im Chiemseehof
(LK) Heute wurde im Landtagssitzungssaal im Chiemseehof das Buch „Die Rolle der Landesheilanstalt vor, während und nach dem NS-Regime“ präsentiert. Auf 244 Seiten hat das Landesarchiv die Geschichte der Christian-Doppler-Klinik aufgearbeitet und die Namen, Adressen und Zeitpunkte des Abtransportes jener 264 Opfer aus Salzburg dokumentiert, die von 1939 bis August 1941 von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
LH Wilfried Haslauer und LTP Brigitta Pallauf präsentieren mit Prof. Eugen Trinka (CDK) und Direktor Oskar Dohle das Buch „Die Rolle der Landesheilanstalt vor, während und nach dem NS-Regime“.
Zwischen 80.000 bis 100.000 Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen sowie auch psychisch Kranke wurden im NS-Regime zwischen 1939 bis August 1941 im Zuge der Aktion „T4“ ermordet. In Salzburg wurden 264 Opfer der Landesheilanstalt, der heutigen Christian-Doppler-Klinik, gezählt. Sie wurden zum Großteil im oberösterreichischen Schloss Hartheim getötet. Der zynische Ausdruck der Nationalsozialisten hierfür war „Euthanasie“, Altgriechisch für „schöner Tod“.
Haslauer: „Opfer erhalten Identität zurück.“
Zentrale Quelle für das Buchprojekt sind rund 27.800 Krankenakten der ehemaligen Landesheilanstalt der Jahre 1849 bis 1969. „Die Mitarbeiter des Landesarchives und der Projektgruppe zum Buch haben akribisch die Jahre vor, während und nach der NS-Zeit bearbeitet. Der älteste Akt, der ein Salzburger Opfer der Aktion ,T4‘ betrifft, stammt aus dem Jahr 1906. Die Publikation bildet für Salzburg erstmalig eine vollständige namentliche Auflistung mit den Lebensdaten der 264 Opfer der NS-Krankenmorde ab. So wird den Ermordeten ihre Identität wieder zurück gegen und die verantwortlichen Täter werden benannt“, betonte Landeshauptmann Wilfried Haslauer bei der Buchpräsentation.
Pallauf: „Umfassender Bericht.“
Die Grundlage für das heute präsentierte Buch bildet ein Beschluss des Landtages aus dem April 2015. „Dem Hohen Haus und seinen Mitgliedern war und ist es ein großes Anliegen, dass die NS-Geschichte der Christian-Doppler-Klinik umfassend aufgearbeitet wurde. Der Salzburger Landtag nimmt seine Aufgaben der ,Politik- und Demokratievermittlung‘, wozu auch der Dialog und die bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zählen, sehr ernst. Solche Publikationen unterstützen die Reflexion über die gemeinsame Geschichte. Ich möchte mich bei allen Beteiligten für diese fundierte wissenschaftliche Arbeit bedanken“, sagt Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf.
Trinka: „Dunkles Kapitel aufgearbeitet.“
Der Leiter der Universitätsklinik für Neurologie an der Christian-Doppler-Klinik, Professor Eugen Trinka, betonte anlässlich der Buchpräsentation: „Es ist unglaublich wichtig, dass dieses dunkle Kapitel unseres Hauses wissenschaftlich aufgearbeitet wurde. Das Buch hat sich ausführlich mit dieser Geschichte und auch der Führungsebene auseinandergesetzt. Auch wird klar festgehalten, wer am Massenmord aktiv mitgewirkt hat, und wer sich schützend vor seine Patientinnen und Patienten gestellt hat“, so Trinka.
Dohle: „Ergebnis tausender Arbeitsstunden.“
Körperliche oder geistige Behinderung sowie psychische Erkrankungen. „In der Zeit des Nationalsozialismus konnte das für Betroffene ein Todesurteil sein. 264 Opfer aus der Christian-Doppler-Klinik konnten wir mit ihren Heimatadressen dokumentieren. Damit wird ein Erinnern auf lokaler Ebene möglich, die Opfer werden somit zu ganz konkreten Personen. Darüber hinaus haben wir auch in punkto Personal die Zusammenhägen und Kontinuitäten vor und nach dieser Zeit beschrieben. Kolleginnen und Kollegen des Landesarchives sowie externe Experten haben tausende Stunden am Projekt gearbeitet“, berichtet der Leiter des Landesarchives, Oskar Dohle.
Regionalgeschichte auf 244 Seiten
Interessierte Salzburgerinnen und Salzburger können das 244-seitige Buch „Die Rolle der Landesheilanstalt vor, während und nach dem NS-Regime“ online (landesarchiv@salzburg.gv.at) beziehungsweise telefonisch (0662 8042-4521) beim Salzburger Landesarchiv bestellen. Das gebundene Exemplar kostet 27 Euro. Herausgeber sind Oskar Dohle und Jacqueline Kowanda.
Quelle: Land Salzburg