vonOTS
AUGUST 05, 2022
Weltweiter Verbrauch über Produktion
Wien (OTS) - "Die heurige Getreideproduktion (ohne Mais) wird auf rund 2,9 Mio. t geschätzt und liegt durch Flächenausweitungen und höhere Hektarerträge über dem Vorjahresniveau. Die prognostizierte Gesamtproduktion (mit Mais) wird auch heuer 5 Mio. t überschreiten. Somit ist Österreich weiterhin gut mit dem bedeutenden Grundnahrungsmittel Getreide versorgt", informiert DI Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria (AMA).
Flächen für Brotgetreide ausgedehnt
Weichweizen - die bedeutendste Kultur auf den Äckern Österreichs -wurde heuer kräftig ausgedehnt (+6.965 ha). Gute, trockene Aussaatbedingungen im Herbst 2021 und auch bereits im Herbst 2021 gestiegene Preise führten zur Flächenausdehnung nach einem witterungsbedingten Rückgang 2021 (nasser Herbst 2020). Die diesjährige Roggenfläche umfasst, nach einer geringen Zunahme (+1.565 ha), 34.334 ha. Hartweizen legte als bedeutendstes Getreide für die Herstellung von Teigwaren kräftig zu (+19%; +3.701 ha).
Griesmayr: "Sämtliche Getreidearten, die vorwiegend in der Lebensmittelerzeugung benötigt werden, wurden vermehrt angebaut, und es konnten größere Erntemengen im Vergleich zum Vorjahr eingefahren werden."
Getreide: Herbstanbau ersetzt zunehmend Frühjahrsanbau
Der Anbau von Wintergetreide wird seit Jahren zulasten geringerer Sommergetreideflächen ausgeweitet. Hauptgründe hierfür sind die bessere Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit mit der deutlich längeren Vegetationszeit vom Herbst bis zum nächsten Sommer und die Umgehung der Sommerhitze. Daher verlor die einst bedeutende Sommergerste (vornehmlich als Braugerste verwendet) erneut kräftig (-19,9%, -6.368 ha) und liegt um zwei Drittel (-64,8%) unter der Anbaufläche von vor zehn Jahren. Auch der nahezu ausschließlich als Sommerung angebaute Hafer verlor (-16,7%, -4.071 ha) zu 2021. Neben dem - vornehmlich als Winterung angebauten -Weichweizen (+2,9%; +6.965 ha) legte auch Wintergerste als besonders klimafittes Getreide zu (+6%; +5.474 ha).
Sojabohnenfläche auf Rekordniveau
Die Landwirte reagierten 2022 unter anderem auf die stark gestiegenen Düngemittelpreise und weiterhin hohen Sojapreise mit dem vermehrten Anbau von Sojabohnen. Diese kann durch Symbiose mit Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft nutzen und benötigt keinen (Stickstoff)-Dünger. Die Sojabohnenfläche wurde zum Vorjahr um 22,7% (+17.176 ha) und in den letzten zehn Jahren um 151,6% ausgedehnt. Das aktuelle Flächenausmaß dieser Hülsenfrucht liegt auf einem neuen Rekordniveau in Österreich und nimmt unter den Sojaflächen aller 27 EU-Staaten Platz fünf ein.
Bio-Ackeranteil stabil hoch
Der hohe Bio-Anteil an der Ackerfläche mit 20,4% konnte durch eine Bio-Ackerflächenzunahme um 2.591 ha (+1%) ausgebaut werden. Innerhalb der Bio-Ackerflächen wurden nachfragebedingt Dinkel, Weichweizen, Roggen, Hartweizen und Sojabohnen ausgedehnt, während Sonnenblumen weniger ausgesät wurden. Den größten absoluten Zuwachs verzeichnet Bio-Dinkel (+45,5%; +5.803 ha).
Regenfälle im Juni retten Getreideernte
Das Ackerbaujahr begann mit einem trockenen Herbst, wodurch die Aussaat (von vornehmlich im Herbst ausgesätem Weichweizen) problemlos erfolgte. Andererseits fehlte es durch den trockenen Herbst und Winter an der für den Wachstumsstart benötigten Winterfeuchtigkeit. Infolgedessen erfolgte nur eine geringe Bestockung im Frühjahr (Bildung von Seitentrieben), weshalb heuer weniger Ähren pro Quadratmeter als grundlegende Basis für die Ertragsbildung zur Verfügung standen. Der warme Monat Mai führte zu einer raschen Entwicklung, wodurch der Vegetationsrückstand aufgeholt wurde (Monatstempertaturmittel 2022: 18 °C; 2021: 14 °C). Die im Mai normal bis ausreichend vorhandenen Niederschlagsmengen führten zur Ausbildung vieler Körner pro Ähre (Anlage während der Schossphase; 2022: 60 mm Niederschlag; 2021: 76 mm Niederschlag).
Die geringe Anzahl an Hitzetagen im Juni wirkte sich in Kombination mit den vierfachen Niederschlagsmengen des Vorjahres positiv auf die Kornfüllung aus, weshalb heuer außerordentlich hohe Hektolitergewichte von Weichweizen sowie gute Korngrößensortierungen der Braugerste geerntet wurden (Tage > 30 °C 2022: 5, 2021 8: Niederschlagsmenge Juni 2022: 58 mm, Juni 2021: 13 mm). Die Hitze und Trockenheit im Juli unterstützte eine zügige Ernte ohne große Unterbrechungen. Hagel und andere Unwetterereignisse spielten beim Getreide in diesem Jahr nur lokal eine Rolle.
Hitzewelle und Trockenheit setzen Herbsternte teilweise extrem zu
Für die Kulturen der Herbsternte (Mais, Sojabohne, Sonnenblumen, Zuckerrüben) begann das Jahr 2022 mit einer langsamen Jugendentwicklung durch niedrige Temperaturen im April bis Anfang Mai. Im Laufe der Monate Mai und Juni konnte der Vegetationsrückstand aufgeholt werden. Die Maisbestände wurden in der kritischen Phase der Maisblüte im Juli in weiten Teilen des Maisanbaugebietes von einer Hitzewelle gepaart mit Trockenheit geschädigt, sodass teilweise die Befruchtung beeinträchtigt wurde. Daher ist bereits bis dato in weiten Teilen des östlichen Ackerbaugebietes mit einer mäßigen Maisernte zu rechnen. Auch die Bestände mit Sojabohnen, Sonnenblumen und Zuckerrüben werden von den Hitze- und Trockenphasen bisher unterschiedlich stark in Mitleidenschaft gezogen.
Markt kann mit Brotgetreide bedient werden
Von der Gesamterntesumme von 2,9 Mio. t entfallen 1,8 Mio. t auf Weizen und Roggen. Der Außenhandel im laufenden Wirtschaftsjahr 2022/2023 wird inklusive Mais auf ein Exportvolumen von 1,8 Mio. t geschätzt, die Importe auf 3 Mio. t.
"Vor allem die Lieferungen von hochwertigem Premium- und Qualitätsweizen nach Italien bilden die Basis für eine hohe Wertschöpfung im Export. Die Importe Österreichs stammen aus der Überschussregion der Länder Tschechien, Slowakei und Ungarn, während Österreich traditionell die hohen Weizenqualitäten nach Italien absetzt", informiert DI Ernst Karpfinger, Vorsitzender des Fachbeirates Getreide der AMA.
Bio-Verarbeitung
Der Bio-Anteil an der Gesamtgetreideproduktion beträgt heuer 9,3%, der Bio-Anteil an der Verarbeitung 7% und der Bio-Anteil an den Lagerbeständen 13,3%. Die Lagerbestände für Bio-Getreide sind geringer als im Vorjahr. Der Bio-Anteil an der Gesamtgetreidevermahlung beträgt aktuell (2021/2022) 12,5%, während im Vorjahr 11,5% der Mehlproduktion auf Basis von Bio-Getreide durchgeführt wurde. In der heimischen Mischfutterproduktion konnte der hohe Bio-Anteil von 11,4% aus dem Vorjahr gehalten werden. In der industriellen Verarbeitung (Stärke, Zitronensäure) werden 3,7% Bio-Getreide eingesetzt (2021: 3,9%).
Österreichische Getreidepreise steigen
Die Vermarktungssaison der Ernte 2022 startet auf einem höheren Niveau als vor einem Jahr. Qualitätsweizen wird an der Wiener Produktenbörse (KW 31) um 61% höher bewertet, Mahlweizen verteuerte sich um 59%. Hartweizen ist aktuell um 14% teurer als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr. Futtergerste ist mit einem Anstieg von +62% zwar teurer, aber durch Erntedruck um -22% unter dem Niveau der alten Ernte im März 2022.
Karpfinger: "Auch in Österreich sind neben dem Preisanstieg von Getreide die Betriebsmittel aufgrund der internationalen Entwicklungen deutlich gestiegen".
Düngemittelpreise verdreifacht
Die Stickstoffdüngemittelpreise (Kalkammonsalpeter +262%, Harnstoff +195%) liegen aktuell auf dem verdreifachten Niveau zum Vorjahreszeitpunkt. Der Anstieg erfolgte teilweise bereits im Herbst/Winter 2021 durch die schon damals massiv gestiegenen Gaspreise und wurde durch den Ukraine-Krieg verstärkt. Einerseits verteuerte der Anstieg der Gaspreise die Herstellung von Stickstoffdüngemitteln, andererseits stiegen die Preise für phosphor-und kaliumhaltige Düngemittel, welche im großen Ausmaß in der Ukraine, in Russland und Weißrussland hergestellt werden.
Die Rolle der Ukraine am Getreidemarkt
Der Anteil der von der Ukraine produzierten Menge an Getreide, gemessen an der weltweiten Produktion, betrug im Jahr 2021 rund 3,8%. Die Ukraine produzierte aber vor dem Krieg verhältnismäßig viel Weizen und Mais für die internationalen Märkte. Damit war sie im internationalen Vergleich das fünftgrößte Exportland für Weizen und der viertgrößte Exporteur von Mais.
Russland, der weltweit größte Exporteur von Weizen, war vor dem Krieg für fast 20% der weltweiten Exporte verantwortlich. Russland und die Ukraine produzierten zusammen mehr als ein Viertel des weltweit für den Export bestimmten Weizens.
Weniger als 1% der gesamten österreichischen Getreideimporte stammen aus der Ukraine, weshalb von keiner direkten Bedeutung der Ukraine hinsichtlich Mengenströme für Österreich gesprochen werden kann.
Für 2022/2023 nehmen die Exporte und die Produktion der Ukraine ab: Der Anteil der von der Ukraine produzierten Menge an Getreide, gemessen an der weltweiten Produktion, beträgt 2022/2023 voraussichtlich rund 2,3%. Die Weizenexporte der Ukraine halbieren sich nahezu, dadurch fällt sie auf Platz sieben der Weizenexportländer. Die Maisexporte werden um zwei Drittel geringer prognostiziert, dennoch bleibt sie viertgrößter Exporteur von Mais.
Griesmayr: "Die Preise für Nahrungsmittel auf den internationalen Märkten sind bereits in den beiden Jahren vor dem Krieg deutlich angestiegen. Die Ursachen sind unter anderem Verwerfungen und Unterbrechungen globaler Lieferketten durch die Corona-Pandemie, Ernteausfälle durch Extremwetterereignisse, aber auch steigende Energiekosten. Zusätzlich reagieren aktuell die internationalen Preisnotierungen sehr sensibel auf tägliche Meldungen aus der Kriegsregion".
Im Jänner 2022 lagen die Preise für Weizen bereits um etwa 50% höher als noch zwei Jahre zuvor. Nach dem Beginn der russischen Invasion stiegen die Preise erneut um rund 50% an, dies bedeutet eine Verdoppelung des Weizenpreises innerhalb von zwei Jahren. Die Hauptabnehmerländer für ukrainischen Weizen liegen in Nordafrika, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Ostafrika. 2022/2023 wird der Weizenexport aus der Ukraine kriegsbedingt auf lediglich 5% geschätzt.
Analysten gehen davon aus, dass zusätzliche Exporte aus anderen Regionen, wie der EU-27, USA oder Australien, die geringeren Lieferungen aus der Ukraine ausgleichen könnten. Die weltweite Weizenernte von 771,6 Mio. t wird lediglich zu 28,7% auf dem Weltmarkt gehandelt. Die Exporte werden zu über 80% von Russland, der EU, Kanada, Australien, USA, Argentinien und der Ukraine getätigt. Die größten Importeure sind Indonesien, Ägypten, Türkei, China und Algerien. Der größte Weizenproduzent weltweit ist mittlerweile China, welcher jedoch die gesamte Ernte im Inland behält und nicht exportiert.
Quelle: OTS