Herbst-Konferenz der Kinder und Jugendanwält*innen in Graz

vonOTS
OKTOBER 21, 2022

Foto: Kija

Lücken im Kinderschutz schließen

Im Rahmen ihrer Herbsttagung trafen sich die Kinder- und Jugendanwält*innen Österreichs (kijas) am 19. und 20. Oktober 2022 in Graz. Neben Fragestellungen zu tages- und länderaktuellen Herausforderungen wurden schwerpunktmäßig die Bereiche Kinderschutz und Kinderarmut in ihrer facettenreichen Breite zum Thema gemacht.

Kinderschutz ist in Österreich in zahlreichen Gesetzen auf Basis der UN-Kinderrechtskonvention punktuell geregelt und in Art. 5 BVG über die Rechte von Kindern im Verfassungsrang verankert. Daher gilt es die bestehenden Lücken im Kinderschutz zu schließen. Für die Gewährleistung des Kinderschutzes innerhalb der Familie gibt es eine Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe, dafür sind ausreichend personelle, materielle und finanzielle Ressourcen nötig.[1] Mittlerweile hat sich klar herausgestellt, dass im außerfamiliären Bereich wie z.B. Bildung, Freizeit, Gesundheit und Soziales erhebliche Lücken im Kinderschutz gegeben sind. Gerade in diesen Bereichen sind die Festlegung von Kinderschutzstandards, die Ausweitung des Tätigkeitsverbots für Sexualstraftäter*innen und die gezielte Bewusstseinsbildung notwendig. Ebenso leistet die Verankerung von Vorgaben für einheitliche Kinderschutzkonzepte in staatlichen Förderungsrichtlinien einen wesentlichen Beitrag dazu, dass Betroffene im Verdachtsfall handlungsfähig gemacht werden.

Die Kinder- und Jugendanwält*innen sind sich einig, dass ein hinreichender Schutz in Institutionen und Organisationen nur durch bundesweit einheitliche Normierungen gewährleistet werden kann. Hierbei müssen Maßnahmen zur Prävention und Intervention, aber auch eine laufende Möglichkeit der Evaluierung mitumfasst sein. Dazu empfehlen die Kinder- und Jugendanwält*innen nachdrücklich, einen partizipativen Prozess mit sämtlichen Stakeholdern aufzusetzen, der eine multiprofessionelle Konzeptionierung österreichweiter Regelungen sicherstellen kann.

Ein weiterer großer Themenbereich, der behandelt wurde, war der Komplex der Kinderarmut. Gerade im Kontext der aktuellen Kinderkostenstudie sowie im Hinblick auf die allgemeine Teuerungswelle sind immer mehr Kinder in Österreich von Kinderarmut betroffen. Es gilt nun, ein wirksames Modell für eine nachhaltige Existenzsicherung für Kinder und Jugendliche zu erarbeiten. Die Ausführung dieses Modells muss die vier Dimensionen der kindlichen Entwicklung (materielle Versorgung, gesundheitliche Entwicklung, soziale Teilhabe und Wahrung von Bildungschancen) berücksichtigen. Als Ausgangsbasis hierfür könnte unter anderem auch das Konzept der Kindergrundsicherung herangezogen werden.

Mit großer Besorgnis nehmen die kijas Österreichs den Stillstand des Umsetzungsprozesses der EU-Kindergarantie[2] wahr, der auf EU-Ebene eingeleitet wurde und in Österreich bereits 2021 startete. Die EU-Kindergarantie zielt darauf ab, besonders die Bedarfe von armutsgefährdeten Kindern adäquat zu berücksichtigen und einen diesbezüglichen Nationalen Aktionsplan zu erarbeiten. Damit wird ebenfalls ein weiterer wichtiger Beitrag im Kinderschutz geleistet. Nachdem dieser Aktionsplan bereits ausgearbeitet sein sollte, ersuchen die kijas Österreichs die Entscheidungsträger*innen, ehestmöglich konkrete Schritte zu setzen, um diese Kindergarantie auch praktisch zu realisieren.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es derzeit zu einer offensichtlichen Ignoranz bei der Umsetzung der Kinderrechte kommt. Diese Entwicklung kann jedoch keinesfalls hingenommen werden und daher mahnen die Kinder- und Jugendanwält*innen Österreichs klar ein, dass die verfassungsrechtlich festgeschriebenen Kinderrechte einzuhalten und konkret umzusetzen sind.



[1] Nähere Details unter https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211022_OTS0118

[2] Europäische Garantie für Kinder (sozialministerium.at)

Quelle: OTS

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