vonRedaktion International
AUGUST 24, 2021
Nicht weniger als 61 Millionen Euro wurden vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, vom Land Steiermark und von der Stadt Graz in den vergangenen 16 Jahren in den Hochwasserschutz investiert - was Schäden von Hunderten Millionen Euro verhinderte. Die Ausbau-Offensive zum Schutz der Grazer Bevölkerung geht in den kommenden Jahren mit Volldampf weiter.
Allein der Blick auf die Zahlen des jüngsten Hochwassers vom 30. Juli des heurigen Jahres zeigt es deutlich: Die gemeinsame Strategie zum Schutz der Grazer Bevölkerung, die von der Stadt Graz, dem Land Steiermark und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in den vergangenen Jahren gewählt worden war, erwies sich als goldrichtig. Selbst Rekord-Regenwerte von bis zu 174 Liter pro Quadratmeter in nur ein bis zwei Stunden wurden Großteils von den bereits errichteten Rückhaltebecken am Stufenbach, am Gabriachbach, am Zusertalgerinne sowie am Petersbach aufgenommen. Fachleute ermittelten anhand von Kosten-Nutzen-Rechnungen, dass allein durch die sechs dort errichteten Becken Sachschäden von rund 19,2 Millionen Euro verhindert wurden. In diesen Berechnungen sind die geschützten Werte durch Linearausbauten wie etwa am Schöcklbach und am Andritzbach noch gar nicht eingerechnet. Am stärksten betroffen von den sintflutartigen Regenfällen waren übrigens die Stadtbezirke Andritz, Geidorf, Innere Stadt und St. Peter.
Bürgermeister Siegfried Nagl setzt den Schutz der Bevölkerung an oberste Stelle: „Ich war während dem jüngsten Hochwasser vor Ort unterwegs und habe hautnah miterlebt welche Schäden dieses Ereignis angerichtet hat. Hochwasserschutz ist Bevölkerungsschutz und zählt zu den primären Aufgaben der Politik - ich verspreche daher mit Hochdruck an der Umsetzung der weiterführenden Maßnahmen zu arbeiten. Gleichzeitig bin ich stolz auf das was wir schon geleistet haben und bedanke mich bei allen die an der erfolgreichen Umsetzung beteiligt waren."
Landesrat Johann Seitinger betont die Wichtigkeit von Klimaschutz und Raumordnung: „Durch die umfangreichen Hochwasserschutzmaßnahmen konnten wir in den vergangenen Jahren Schäden in der Höhe von mehr als 100 Millionen Euro verhindern und einen wirksamen Schutz für weitere 1.200 Gebäude erreichen. Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, in eine Vollkasko-Mentalität zu verfallen - einen hundertprozentigen Schutz vor Naturgefahren kann es trotz aller Anstrengungen nie geben. Auf lange Sicht sind der Klimaschutz und eine konsequente Raumordnung die besten Schutzmaßnahmen."
Die Verhinderung dieser enormen Schäden zeigt, dass wir bereits im Jahr 2005 mit dem „Sachprogramm Grazer Bäche" die richtige Strategie zur Vermeidung von Hochwasserschäden gewählt haben. Diese setzt in erster Linie auf die Schaffung möglichst großer Rückhaltekapazitäten an den Bächen. Wo das nicht ausreicht, werden gezielte Abflussmöglichkeiten für das Wasser errichtet. So soll Spielraum für die Aufnahme zusätzlicher Oberflächenwässer aus der Stadtentwässerung gewonnen werden. Ein weiterer Schwerpunkt der städtischen Planungen lag zunächst auf der Entschärfung der Grazer Hochwasser-Hotspots vor allem entlang von Andritzbach, Schöcklbach und Petersbach. Dieser Prozess wird jetzt auf weitere Bereiche ausgeweitet. Die Bestandsaufnahme 2005 zeigte rund 7.000 hochwassergefährdete Objekte entlang der 52 Grazer Bäche, von denen 125 Kilometer durch stark bebautes Gebiet fließen. Die fertiggestellten Projekte zum Hochwasserschutz in den vergangenen 16 Jahren umfassen den Linearausbau an Gewässern auf rund 14 Kilometer Länge und die Errichtung von 14 Rückhaltebecken, von denen 10 im Grazer Stadtgebiet und die übrigen 4 im stadtnahen Bereich liegen. Das gesamte Fassungsvermögen dieser 14 Rückhaltebecken beträgt rund eine Million Kubikmeter Wasser - was etwa dem Volumen von mehr als 6 Millionen Badewannen entspricht.
Investitionen von 61 Millionen Euro – Vielfaches an Schäden verhindert
Von den Gesamtkosten von 61 Millionen Euro übernahm der Bund 32 Prozent (Sektion Wasserwirtschaft), das Land Steiermark 31 Prozent, die Stadt Graz 21 Prozent und die Wildbach- und Lawinenverbauung 16 Prozent. Innovative Schritte zu Gunsten der Sicherheit der Bevölkerung waren der Aufbau eines der modernsten Pegelmessnetzwerke Österreichs mit 12 Niederschlags- und 32 Wasserstands-Messstellen in Gewässern und Rückhaltebecken, teils noch unterstützt durch Kameras mit Echtzeitbildern. Zudem werden die Messwerte in Echtzeit an die Feuerwehr und den Katastrophenschutz übertragen. Die Schadensverhinderungen durch die Maßnahmen zum Hochwasserschutz übertreffen übrigens laut übereinstimmenden Bewertungen von ExpertInnen die investierten 61 Millionen Euro um ein Vielfaches.
Weiteres Maßnahmenpaket ist geplant
Mit dem Erreichten gibt man sich in Graz aber längst nicht zufrieden. In den kommenden ein bis drei Jahren stehen für die Verbesserung der Sicherheit der Grazer Bevölkerung der Lückenschluss Hoffeldstraße entlang des Gabriachbaches, das Rückhaltebecken Messendorferbach, der Linearausbau am Schöcklbach, Schutzmaßnahmen am Leonhardbach sowie der Umbau des Rückhaltebeckens am Thalerbach auf der Umsetzungsliste. Zudem ist für die kommenden sechs Jahre ein weiteres Maßnahmenpaket vorgesehen, das derzeit gerade zwischen der Stadt Graz, dem Land Steiermark und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ausverhandelt wird. Die Stadt Graz bereitet zudem für die kommende Legislaturperiode einen Grundsatzbeschluss vor, der das bisherige „Sachprogramm Grazer Bäche" auf neue Beine stellen soll.
Ergänzende Maßnahmen für Instandhaltung und Gewässerpflege
Zusätzlich zum „Sachprogramm Grazer Bäche" wird künftig ein Schwerpunkt auf die laufende Instandhaltung und Gewässerpflege gelegt. Dazu zählen die Betreuung der Rückhaltebecken, die Wartung und Instandhaltung der Gewässerstrecken - etwa der Schutz vor Verklausungen - und der weitere Aufbau sowie die Erhaltung des dichten Netzes der Pegelmessstellen als wichtigste Präventionsmaßnahmen. Klar ist, dass mehr Schutz für die Bevölkerung auch steigende Budgetmittel erfordert, um die volle Wirksamkeit von Hochwasser-Schutzmaßnahmen und die Abfuhrkapazitäten entlang der Bäche dauerhaft zu gewährleisten. Steiermarkweit geht übrigens ein nicht unbeträchtlicher Prozentsatz aller für den Hochwasserschutz aufgewendeten Geldmittel in die Instandhaltung und Gewässerpflege. Hand in Hand mit den Ausbaumaßnahmen entlang der Gewässer beschäftigen sich die Fachleute jetzt mehr und mehr mit Detaillösungen in den Einzugsgebieten der Bäche an der städtischen Peripherie. Neue Herausforderungen ergeben sich durch die Hangwasserproblematik sowie bei der Auslegung und Dimensionierung des städtischen Kanalnetzes in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Das Management von Naturgefahren bleibt eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben für die Stadt Graz, die dabei weiter auf die finanzielle Unterstützung durch Land und Bund angewiesen ist. Auch wenn es einen hundertprozentigen Schutz niemals geben kann: Jeder in Schutzmaßnahmen investierte Euro bringt ein Vielfaches an Nutzen durch Schadensvermeidung. Wer jemals selbst von Überflutungen und deren Folgen betroffen war, weiß den Wert dieser Aufwendungen auf jeden Fall zu schätzen.
Sachprogramm Grazer Bäche (2006):
Folder Hochwasserschutz in Graz
Schöcklbach
Stufenbach
Andritzbach
Gabriachbach
Einödbach
Bründlbach
Peterbach
Messendorferbach
Leonhardbach
Mariagrünerbach
Mariatrosterbach
Rettenbach
Thalerbach
Zusertalgerinne
Bereits fertiggestellt: Rückhaltebecken Zusertalgasse
Quelle: Stadt Graz