vonRedaktion Salzburg
SEPTEMBER 17, 2024
LR.in Prettner, ILV-Leiter Vogl: Coronakrise und Hochwasserkatastrophe 2023 haben ILV noch stärker gemacht – Abwassermonitoring liefert sichere Prognosen für Infektionserkrankungen – Neue Forschungsprojekte zu neuen Tier- und Pflanzenarten in heimischen Gewässern
KLAGENFURT. „Die Krisen der vergangenen Jahre – von der Corona-Pandemie bis zur Hochwasserkatastrophe 2023 – haben uns massiv gefordert. Doch letztlich haben uns diese Krisen stärker gemacht“, zog heute, Montag, im Rahmen einer Pressekonferenz Gesundheitsreferentin LR.in Beate Prettner Bilanz zur Arbeit des ILV Kärnten. Das ILV wird von Gunther Vogl geleitet – er führt ein Team von 62 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie acht Lehrlingen an. „70 Personen also, die im Bereich der Ernährungssicherheit, der Tiergesundheit, der Wasser- und Bodenanalyse und damit zum Schutz der Gesundheit des Verbrauchers tätig sind“, so Prettner, die dem gesamten Team für die hervorragende Arbeit dankte. Übrigens: Kaum ein anderes Bundesland verfügt über ein solches Landeslabor. Das ILV ist zudem neben der AGES das einzige vom Gesundheitsministerium akkreditierte Labor in Österreich.
Wie die Gesundheitsreferentin erklärte, habe man wichtige Lehren aus den vergangenen Katastrophen ziehen können: „Wir haben Erfahrungen gesammelt und Neuerungen eingeführt, die uns heute sehr zugutekommen. Wie etwa unser Abwassermonitoring, das wir aus gesundheitspolitischen Gründen nie gestoppt haben. Es hat sich nämlich als wertvolles und wichtiges Prognoseinstrumentarium bei Infektionserkrankungen erwiesen“, betonte Prettner.
Durchgeführt wird das Monitoring an elf Stellen (Unteres Drautal, Hermagor, Ossiach, Millstätter See, Wörthersee West, Klagenfurt, Villach, St. Veit/Glan, Ferlach, Wolfsberg, Völkermarkt) jeweils zwei Mal pro Woche. Die Auswertungen des Monitorings werden der Ärztekammer, den Krankenanstalten und den Gesundheitsämtern zur Verfügung gestellt: „Sie haben in den vergangenen Monaten tatsächlich sehr punktgenaue Prognosen zu Coronazahlen, Influenzaentwicklungen und RSV gegeben“, so die Landesrätin.
Laut Vogl zeigen die Auswertungen aktuell „die exakt gleiche Situation wie 2023. Die Linien überschneiden sich de facto. Im Vorjahr hat sich daraus ein deutlicher Anstieg bis Ende Oktober, Anfang November entwickelt. Ich getraue mich zu prognostizieren, dass wir auch heuer vor der ersten Coronawelle stehen“, erklärte Vogl. „Mit unserem Monitoring können wir Infektionswellen nämlich schon vier bis sechs Wochen im Voraus ablesen.“ Was die Grippe betrifft, so wurde im Vorjahr der erste Peak erst Ende Feber registriert. Bei RSV wurde die Spitze einen Monat früher, im Jänner, erreicht. „RSV und Influenza Untersuchung werden nur in Wien und Kärnten durchgeführt“, informierte Vogl.
„Gelernt“ habe man auch aus der Hochwasserkatastrophe des Vorjahres, hielten Landesrätin Prettner und der ILV-Leiter fest. Warum? „Das Trinkwasser musste aufgrund von Muren, Hangrutschungen und Brunnenverunreinigungen untersucht werden – ein enormer Aufwand, bei dem das Österreichische Bundesheer mitgeholfen hat. 256 Proben wurden gezogen. Von den 117 Trinkwasserversorgern in Kärnten waren 37 betroffen, das sind 31,62 Prozent. In Sachen Logistik konnten bzw. mussten wir unter Zeitdruck enorme Erfahrungen sammeln.“ Wie schnell es mit Hochwasserkatastrophen gehen könne, zeige aktuell die Situation in Niederösterreich. „Wir bieten Niederösterreich – sobald sich die dramatische Lage entspannt hat – gerne unser im Vorjahr gewonnenes Know-how an. Wenn sich die Wetterlage beruhigt hat, wird es nämlich wichtig sein, die Trinkwasserqualität zu prüfen. Es geht dabei auch um Geschwindigkeit. Kärnten hilft und unterstützt gerne.“
Was die Zukunft betrifft, betonte Prettner: „Es ist mein Anspruch als zuständige Referentin, dass das ILV Kärnten immer am Stand der Technik bleibt. Es muss gewährleistet sein, dass man den immer neuen Herausforderungen gewachsen ist. Diese neuen Herausforderungen nehmen, wie wir leider sehen müssen, zu. Und sehr oft, wie bei Corona, kommen sie quasi wie aus dem Nichts“. Alleine im Vorjahr wurden 700.000 Euro in neue Geräte investiert. „So sei es auch möglich, innovative Projekte anzupacken“, sagte Vogl. Durch die Erderwärmung würden sich neue Fragestellungen ergeben: „Es ist spannend, aber auch dramatisch mitzuverfolgen, wie sich die Population von Tier- und Pflanzenarten in unseren Gewässern verändert. Je früher wir durch neue Untersuchungsmethoden beispielsweise das Vordringen von invasiven Tier- oder Pflanzenarten registrieren, desto früher und damit effektiver kann man gegensteuern“, erklärten Prettner und Vogl.
Einige markante Beispiele zeigte der ILV-Leiter auf: „Mit dem so genannten NGS, Next Generation Sequencing, ist es uns möglich, die invasive Muschelart Quagga Muschel nachzuweisen. Diese Muschelart kommt aus dem Schwarzen Meer und wurde in Kärnten durch unsere Methode bereits in mehreren Seen nachgewiesen. Um das weitere Vordringen der Quagga Muschel zu stoppen, können wir beispielsweise Bootsbesitzer dazu anhalten, ihre Boote heiß abzuwaschen, sollten sie das Boot in einen anderen See verlegen.“
Als weiteres Beispiel nannte Vogl die Bedrohung heimischer Flusskrebse durch die Einwanderung von amerikanischen Flusskrebsen: „Ein Ansiedlungsprojekt heimischer Flusskrebse hat nur in jenen Gewässern Sinn, wo sich kein amerikanischer Flusskrebs befindet. Denn dieser ist Überträger der Krebspest. Wir können das mit eDNA-Untersuchungen erforschen und damit festlegen, wo eine Renaturierung möglich ist.“
Beeindruckend sind die vom ILV-Leiter dargelegten Probenzahlen des Vorjahres: „Wir sprechen von rund 100.000 Proben pro Jahr. Wir haben 2.719 Lebensmittelproben, 6.991 Trinkwasserproben, 457 Bodenproben, 1.159 Badewasserproben, 30.539 amtliche und 36.806 private Veterinäruntersuchungen und 1.142 Covid-Abwasseranalysen durchgeführt. Dazu kommen Tausende Umweltanalysen im Bereich Feinstaub, Reinwasser, Fließgewässer, Grundwasser, Seenproben etc.“, machte Vogl das riesengroße Spektrum des ILV deutlich.
Quelle: Land Kärnten