Innsbruck vor 100 Jahren - Juni 1922

vonRedaktion International
JUNI 03, 2022

Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum

Aus dem Stadtarchiv von Christof Aichner

2. Juni
Von der Hungerburg. Der Eintritt des Frühjahrswetters nach den wochenlangen Regenperioden hat auch neues Leben auf den Hungerburgboden gebracht. Die Häuser sind jetzt wieder alle bewohnt, die Gasthöfe mit Fremden besetzt und auf den schönen Wegen des Innsbrucker Verschönerungsvereines sieht man während des ganzen Tages zahlreiche Spaziergänger. Der ‚Seehof‘ ist neu und sauber hergerichtet worden und steht jetzt unter einer tüchtigen Leitung. Für Verpflegung ist in dem gut geführten Gasthaus auf das beste gesorgt und der Aufenthalt im Freien, mitten im Walde und an dem kleinen See ist namentlich an den Nachmittagen, wenn dort ein kleines Orchester spielt, besonders angenehm.

14. Juni
Der Lokalbahnstreik ist beendet. Der Streik auf den Innsbrucker Lokalbahnen ist gestern nach langen Verhandlungen, wobei einerseits die Forderungen der Angestellten nach 75prozentiger Erhöhung der Löhne
angenommen wurden und andererseits die Angestellten ihrer Klage gegen die Lokalbahngesellschaft zurückzuziehen sich bereit erklärten, beendet worden. Seit heute Früh ist der Betrieb auf allen Linien wieder im Gange.

19. Juni
Der Sonnwendsonntag stand heuer im Zeichen des schlechten Wetters. Vom frühen Morgen bis in die Nacht hingen schwere Nebel bis ins Tal, schon in den Vormittagsstunden setzte ein Landregen ein, der den ganzen Tag über andauerte und sich gegen Abend noch verstärkte. Daß diese Ungunst des Wetters die üblichen Sonnwendhöhenfeuer von vorneherein unmöglich machte, war wohl allen Talbewohnern klar, umso freudiger überrascht war man als nach Einbruch der Dunkelheit vom Achselkopf ein Feuer aufflammte und den schweren Nebelschleier wenigstens auf kurze Zeit durchglühte […] Unter der Nebelgrenze im Höttingergebiet leuchteten die üblichen bengalischen Feuer auf und vermochten eine Zeitlang das trostlose Wetter zu besiegen. Daß die wackeren Jungmannschaften unserer Turn- und Sportvereine selbst unter so schwierigen Umständen den alten schönen Brauch der Sonnwendhöhenfeuer so gut es ging, aufrechterhalten haben, verdient besondere Anerkennung.

24. Juni
In der Trunkenheit bestohlen. Zwei junge Leute aus Innsbruck hatten in der Nacht zum 22. Juni ihr Lager in der englischen Anlage aufgeschlagen, weil sie infolge Alkoholgenusses nicht mehr in der Lage waren, das Bett aufzusuchen. Diese Gelegenheit benützten zwei Kumpane, deren Namen den Geschädigten bekannt sind, um die zwei Besinnungslosen ihrer Brieftaschen zu berauben, außerdem nahmen sie ihnen Uhren und andere Wertsachen, sogar das Taschenmesser weg. Der eine hatte ungefähr 14 000 K, der andere etwa 9000 K in der Tasche.

30. Juni
Gaspreiserhöhung. Die Direktion teilt mit: die sprunghaft gestiegenen deutschen Kohlengrubenpreise, Fracht und Valuten ohne Einrechnung der letztwöchentlichen abnormen Steigerungen, erzwingen leider eine neuerliche Gaspreiserhöhung; angesichts der bisherigen Zurückhaltung des Innsbrucker Gaswerkes in der Preisbestimmung, muß die diesmalige Steigerung eine recht wesentliche werden, auf 150 Kronen per Kubikmeter Koch- und Heizgas. Wien hat heute 220 Kronen und die übrigen größeren Städte Österreichs sogar noch höhere Gaspreise. Hoffentlich sind diese nur vorübergehend notwendig; ergibt sich eine Möglichkeit, diese hohen Gaspreise wieder abzubauen, so wird das Innsbrucker Gaswerk aus eigenem Interesse nicht säumen, dies durchzuführen.

Quelle: Stadt Innsbruck

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