Karner: „Fake News“ begegnen und Demokratie stärken

vonRedaktion International
JUNI 12, 2023

© Symbolbild, Bundesministerium für Inneres

Expertinnen und Experten am Präventionsgipfel 2023 einig: Gemeinsames Vorgehen gegen Fake-News und Desinformation schützt Demokratie.

In den vergangenen drei Jahren wurde deutlich, wie gefährlich Desinformations-Kampagnen, Fake News und Verschwörungstheorien für Einzelne und die Gesellschaft sein können. Sie untergraben das Vertrauen in demokratische Prozesse und staatliche Einrichtungen, fördern Spaltung und Feindbildung und können zu Radikalisierungsprozessen beitragen. Soziale Medien fungieren dabei als „Brandbeschleuniger“. Eine neue Dimension erreicht diese Problematik mit den jüngsten technologischen Entwicklungen, besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Welche Gefahren von KI-Anwendungen wie Chat GPT, Google Bard und anderen sogenannten „Large Language Models“ (LLM) ausgehen, kann heute noch nicht abgeschätzt werden.

„Desinformation und Fake News werden unsere Demokratie und vor allem die Sicherheitsbehörden in Zukunft massiv herausfordern“, zeigte sich Innenminister Gerhard Karner in seinem Statement überzeugt. Gerade die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe zu einer extremen Dynamik in der Desinformation geführt. Das entschlossene gemeinsame Vorgehen gegen Fake News und Deep Fakes heiße vor allem „unsere Demokratie zu schützen, ergänzte der Innenminister.

„Die weitreichende Anonymität im Internet gepaart mit technischen Neuerungen erschwert die präventive und repressive Tätigkeit des Verfassungsschutzes. Durch die digitale Vernetzung und die rasche Verbreitung von extremistischen Inhalten entsteht ein reichhaltiger Nährboden für Extremismus. Um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen, wurde die Extremismusprävention in der DSN aufgewertet und die Deradikalisierungsarbeit in allen Bereichen des Verfassungsschutzes etabliert. Dadurch fungiert der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem zum Schutz der Bevölkerung vor verfassungsrelevanten Bedrohungen. Ziel des Präventionsgipfels ist es, Expertinnen und Experten an einen Tisch zu bringen, um Problemfelder zu identifizieren und darauf aufgebaut Maßnahmen zu setzen“, sagte DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner in seinem Eröffnungsstatement. Prävention bedeute für die DSN Wissen zu generieren, zu teilen und zu vermitteln, um so Extremismus und Radikalisierung zu verhindern. Dazu soll der Präventionsgipfel einen Beitrag leisten.


Zwischen Meinungsfreiheit und Demokratiezersetzung

Warum sind unsere liberal-demokratischen Gesellschaften so anfällig geworden? Welche Lösungsansätze gibt es, um dem der Verbreitung von menschen- und demokratiefeindlichen Ideen entgegenzuwirken? Wo braucht es die Eigenverantwortung des mündigen Bürgers bzw. der mündigen Bürgerin und wo staatliche Regulierung? Und wer zieht die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Zensur? Mit diesen herausfordernden Fragen beschäftigen sich die beiden Keynote-Vorträge am Vormittag.

Patrick Sensburg von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen beschäftigte sich mit den Herausforderungen für den Verfassungsschutz im Zusammenhang mit Fake News und ging darauf ein, wie bestimmte (politische) Akteurinnen und Akteure oder Interessensgruppen versuchen, die öffentliche Meinung gezielt zu manipulieren und ein Klima des Misstrauens und der Feindseligkeit schaffen. Laut US-Geheimdiensten hat Russland beispielsweise seit 2014 verdeckt mehr als 300 Mio. Dollar an ausländische politische Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten in mehr als zwei Dutzend Ländern gezahlt, um Einfluss auf die dortige Politik zu nehmen. Solche Einflussnahmen können die soziale Kohäsion schwächen, das demokratische Miteinander gefährden und die Zusammenarbeit erschweren.

Für Menschen wird es gleichzeitig immer schwieriger, vertrauenswürdige Quellen von Informationen zu identifizieren und es besteht die Gefahr, dass Menschen in Echokammern gefangen sind, in denen sie nur noch Informationen erhalten, die ihre eigenen Überzeugungen bestätigen.

Welche Rolle Medienkompetenz („Media Literacy“) für die Extremismusprävention spielt, beleuchtete anschließend Julia Ebner vom St. John's College der Universität Oxford. Medienkompetenz ist die Fähigkeit, relevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Hierbei können der Staat und die Medien unterstützen, indem sie kritisches Denken unterstützen und eine transparente Berichterstattung machen.


Auch unbequemen Wahrheiten ins Auge blicken

Mit sozialen Medien, bösen Algorithmen und unbequemen Wahrheiten der menschlichen Kognition beschäftigte sich Stefan Auer vom „Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies“ (ACIPSS) in seinem Vortrag: Denn hinter dem gegenwärtigen Zerbrechen unserer öffentlichen Diskurse liegen auch technologische, gesellschaftliche und evolutionsbiologische Ursachen, die man nicht übersehen darf und die für die Analyse des Status quo wichtig sind.

Was das politisch mündige Individuum tun kann, um seine intellektuelle Selbstverteidigung zu stärken und weiterhin in der Lage zu sein, zwischen Fakten, Lügen und Meinungen zu unterscheiden war auch eine Frage, mit der sich Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sektenfragen beschäftigte. Sie zeigte auf, wie wir mit verschwörungsideologischen Narrativen umgehen können. In ihrem Vortrag stellte sie Gesprächsstrategien in der direkten Konfrontation mit Verschwörungsgläubigen dar und besprach die gesamtgesellschaftlichen Handlungsfelder.


Expertenrat für den Nachrichtendienst

Sicherheitspolitisch setzt das Bundesministerium für Inneres seit einigen Jahren immer stärker auf Prävention und verfolgt einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz der Kooperation auf allen Ebenen. Besonders wichtig ist der Austausch mit Wissenschaft und Forschung.

Ein wesentlicher Faktor in der Präventions- und Deradikalisierungsarbeit ist das „Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung“ (BNED): Ein gesamtgesellschaftliches Gremium bestehend aus Mitgliedern von Ministerien, der Zivilgesellschaft sowie der Bundesländer, Städte und dem Gemeindebund mit dem Ziel der strategischen Zusammenschau und Bündelung der Einzelmaßnahmen aller in Österreich tätigen Akteurinnen und Akteuren.

Neben der praxisorientierten Vernetzung soll darüber hinaus künftig auch der Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus unterschiedlichen Disziplinen von Wissenschaft und Forschung weiter verstärkt werden. Dazu gibt es ein neues Konzept für einen Expertenrat (wissenschaftliches Gremium) für den Nachrichtendienst, das im Rahmen des Präventionsgipfels präsentiert wurde. Aufgabe des wissenschaftlichen Gremiums ist die Früherkennung drohender Risiken und Gefahren aufgrund möglicher (geo-)politischer, (geo-)ökonomischer, sozialer, technologischer und ähnlicher Entwicklungen, die für die Arbeit des Nachrichtendienstes von Bedeutung sein könnten.

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