vonOTS
AUGUST 09, 2023
Forscher:innen der St. Anna Kinderkrebsforschung und der Eberhard Karls Universität Tübingen zeigten, dass eine Immuntherapie nach einer Stammzelltransplantation bestimmte Nerventumore bei Kindern nachhaltig bekämpft. Entscheidend ist dabei, dass durch Stammzellen eines Elternteils erkrankte Kinder mit einem neuen Immunsystem ausgestattet werden, das wesentlich besser auf Immuntherapien anspricht. Diese Ergebnisse einer frühen klinischen Studie wurden im renommierten Journal of Clinical Oncology veröffentlicht.
Kindliche Tumore des Nervensystems, sogenannte Neuroblastome, sind mit einer ungünstigen Prognose verbunden, wenn der Tumor als Hochrisikotyp eingestuft wird. Besonders schlecht stehen die Chancen, wenn es sich bereits um einen Rückfall des Tumors handelt. In diesem Fall führte eine Immuntherapie nach einer Stammzelltransplantation nun zu einem langfristigen Tumorrückgang bei einem beträchtlichen Anteil der untersuchten Patient:innen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die Überlebensrate konnte – verglichen mit einer früheren Studie – gesteigert werden.
„Nach der Transplantation von Stammzellen eines Elternteils sind die Patient:innen mit einem neuen Immunsystem ausgestattet. Das ermöglicht eine bessere Immunantwort auf die nachfolgende Immuntherapie und führt zu entscheidend besseren Ergebnissen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Ruth Ladenstein, Leiterin der Studien- und Statistikabteilung S2IRP an der St. Anna Kinderkrebsforschung sowie Professorin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien, die als Ko-Erstautorin maßgeblich beteiligt war.
„Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von rund acht Jahren sehen wir, dass mehr als die Hälfte der Studienpatient:innen fünf Jahre oder länger überleben“, berichtet Ladenstein (5-Jahres-Gesamtüberleben: 53%). Im Vergleich dazu lag das 5-Jahres-Gesamtüberleben in einer früheren Studie, in der der Stammzelltransplantation keine Immuntherapie nachgeschaltet war, bei nur 23 Prozent. Jene Patient:innen, die auf die vorhergehende Behandlung ein komplettes oder teilweises Ansprechen zeigten, hatten signifikant bessere Überlebenschancen.
„Zusammenfassend führte die Immuntherapie mit Dinutuximab beta nach einer Stammzelltransplantation durch eine:n passend:e Spender:in aus der Familie zu beachtlichen Ergebnissen, wenn die Patient:innen zumindest teilweise auf die vorhergehende Behandlung angesprochen hatten“, so Ladenstein. „In unserer Studie traten keine unerwarteten Nebenwirkungen auf und das Risiko, dass sich die transplantierten Zellen gegen gesundes Gewebe richten, war gering.“
Bei der Immuntherapie mit Dinutuximab beta handelt es sich um einen Antikörper, der an ein bestimmtes Molekül (GD2) an der Oberfläche der Tumorzellen bindet und diese für das Immunsystem markiert. Bestimmte Immunzellen, sogenannte Natürliche Killerzellen, können den Tumor somit angreifen. Vorhergehende Chemotherapien können bestimmte Fähigkeiten von Natürlichen Killerzellen allerdings beeinträchtigen. „Daher erscheint eine Transplantation intakter Natürlicher Killerzellen von passenden Spender:innern aus der Familie sinnvoll, bevor die Immuntherapie gegeben wird. Die transplantierten, neuen Natürlichen Killerzellen können sich – mittels Antikörper-abhängiger Reaktion – nun verstärkt gegen den Tumor richten“, erklärt Ladenstein.
Zur Bestimmung der einzelnen Komponenten der therapeutischen Ansätze seien weitere Studien notwendig, so die Autor:innen. Neuerdings wird auch konventionelle Chemotherapie früh in der Behandlungsstrategie mit Immuntherapie kombiniert, was zu ähnlich verbesserten Ansprechraten führt. Man darf allerdings hoffen, durch das Konzept eines erneuerten Immunsystems durch einen gesunden Elternteil in Kombination mit dem beschriebenen Transplantationsverfahren eine weitere Steigerung der Überlebensraten zu erreichen: „Unser Ansatz könnte somit eine stärkere, langanhaltendere Tumorkontrolle bewirken. Eine randomisierte Studie wäre notwendig, um den zusätzlichen möglichen Vorteil eines neuen Immunsystems im Rahmen der Therapie eines Rückfalls wissenschaftlich zu untermauern“, erklärt Ladenstein.
Quelle: OTS