vonRedaktion International
OKTOBER 06, 2022
Pilotprojekt zu digitalen Warntafeln im Winter 2022/23
Die Landeshauptstadt Innsbruck ist die einzige Großstadt in den Ostalpen, die durch Lawinen gefährdet ist. Jede Tiroler Gemeinde, in der die Gefahr von Lawinenkatastrophen besteht, muss verpflichtend eine Lawinenkommission einrichten. Auch in Innsbruck beurteilt die Lawinenkommission bereits seit Jahrzehnten ab dem ersten ergiebigen Schneefall täglich die Lawinensituation auf der Innsbrucker Nordkette. Den Startschuss für die Arbeit im Winter 2022/23 machte die konstituierende Sitzung der Kommission am 4. Oktober. Ab sofort wird nun bis ca. April 2023 täglich die Lage bewertet und entsprechende Empfehlungen werden ausgegeben.
„Die letzte Großkatastrophe ereignete sich im Jahre 1935, als die Arzler-Alm Lawine bis zum Ortszentrum von Mühlau vorgedrungen ist. Immer noch ist die Staublawine vom Jänner 2019 in unserer Erinnerung präsent. Damals gab es ausschließlich Schäden im Gelände, Personen wurden nicht verletzt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, immer wieder zu sensibilisieren. Bereits kleine Schneebretter können zur Lebensgefahr werden. Auch bei Sprengungen sollten die BürgerInnen die richtigen Verhaltensweisen kennen und Sperren akzeptieren“, betont Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, BSc.
Ausgangslage
In der Landeshauptstadt ist die Lawinen-Kommission für die Nordkette zuständig. Die Gebiete auf der südlichen Seite wie beispielsweise der Patscherkofel fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Innsbruck.
In der Landeshauptstadt ist die Lawinen-Kommission für die Nordkette zuständig. Die Gebiete auf der südlichen Seite wie beispielsweise der Patscherkofel fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Innsbruck. Für das Siedlungsgebiet sind die Mühlauerklamm-, Arzler Alm-, Höttinger Graben- sowie die Allerheiligenhof-Lawine relevant.
„Die Lawinenschutzbauten können – so wie alle technischen Maßnahmen nur einen begrenzten Schutz bieten – und so kommt der Bewertung und Beurteilung dieser Schutzbauten speziell für die Lawinenkommission eine große Bedeutung zu. Die Wildbach- und Lawinenverbauung unterstützt die Lawinenkommission durch eine kompetente Einschätzung der jeweiligen Schutzfunktion“, ergänzt der Gebietsbauleiter der Wildbach- und Lawinenverbauung Mittleres Inntal, DI Josef Plank.
Arbeit für die Sicherheit
Die Lawinenprognose und die Einschätzung der aktuellen Lawinengefahr durch die Lawinenkommission ist vor allem für Innsbruck durch die intensive Raumnutzung von enormer Bedeutung. Die durch Lawinen gefährdeten Bereiche sind im Gefahrenzonenplan der Stadt Innsbruck dargestellt und stellen bei richtiger Interpretation eine wertvolle Stütze für die Arbeit der Lawinenkommission dar.
Die städtische Lawinenkommission umfasst insgesamt zehn Mitglieder, von denen zumindest drei an den täglichen Beratungen und Beurteilungen teilnehmen müssen. Sie setzt sich aus MitarbeiterInnen des Amtes Wald und Natur, der Nordkettenbahnen und externen, ortskundigen Personen zusammen. Für eine Beschlussfassung werden die Messdaten von Hafelekar und Seegrube, der Lagebericht des Lawinenwarndienstes, der Wetterbericht und sonstige meteorologische Daten sowie die eigenen Wahrnehmungen der Kommission berücksichtigt.
„Droht Lawinengefahr für Teile des bewohnten Stadtgebietes, so wird unverzüglich das Amt für Allgemeine Sicherheit und Veranstaltungen verständigt. Auch die Feuerwehr Innsbruck hat einen Lawineneinsatzzug, der im Falle einer Schneekatastrophe in enger Kooperation mit der Bergrettung tätig werden kann“, so Vizebürgermeister Anzengruber. Die städtischen Ämter werden auf Basis der Empfehlungen der Lawinenkommission tätig. Die Mitarbeiter des Amtes Wald und Natur, ein Netz von Hinweistafeln auf der Nordkette, die im Falle einer Sperre durch die Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr oder der Mobilen Überwachungsgruppe (MÜG) aktiviert werden. „Hier greift ein Rad ins andere. Vom Einrichten einer Wegsperre bis zur Kommunikation geht alles immer sehr schnell und unmittelbar, sodass die Sicherheit der Bevölkerung zu jeder Zeit gewährleistet ist“, berichtet Mag. Klaus Feistmantl, Leiter des Amtes für Allgemeine Sicherheit und Veranstaltungen.
InnsbruckerInnen bzw. FreitzeitsportlerInnen finden das Ergebnis der Beratungen der Lawinen-Kommission am einfachsten über die App „Innsbruck gemeinsam“. Die Lern App zum Thema Verhalten im Naturraum ist direkt mit der „Lawine Tirol App“ – der offiziellen App des Lawinenwarndienstes Tirol verlinkt und verbindet damit Bewusstseinsbildung mit konkreten Lageeinschätzungen. Zudem findet man die Sperren unter www.innsbruck.gv.at à Leben in Innsbruck à Aktuelle Lawinensperren. Die Informationen zu den Wegsperren werden dort laufend aktualisiert.
Lawinentafeln werden digital
Noch schneller und unmittelbarer über die Gefahren informiert werden BürgerInnen künftig mittels digital eingespeister Informationen an den Lawinentafeln. Im Rahmen des Projektes „LORIKO - Lokale Risikokommunikation“ wurden, anhand etablierter Prozesse zur Beurteilung der Lawinengefahr im Bereich Nordkette, die bestehenden Lawinen-Gefahrenschilder mit zukunftsweisenden Kommunikationstechnologien ausgestattet. Die Projektpartner der Stadt Innsbruck sind das Land Tirol, die Lo.La Peak Solutions GmbH und das Technologieunternehmen Kapsch Businesscom.
Mit Hilfe von „LoRa“ (Long Range Network) können damit ressourcenschonend und zuverlässig die Warnhinweise zur Lawinensituation der Lawinenkommission in Echtzeit aktiviert werden.
Die bestehende Beschilderung wird 2022/23 in einem ersten Schritt mit digitalen Komponenten ergänzt und als Pilotprojekt getestet. Gemeinsam mit dem Land Tirol werden die Ergebnisse nach dem Winter evaluiert und eine Weiterentwicklung angestrebt.
„Wir arbeiten seit Jahren mit Unternehmen zusammen, die Infrastrukturen im alpinen Raum betreiben (z.B. ÖBB-Infrastruktur AG, Rhätische Bahn AG, Skigebiete wie der Arlberg, Stubaier Gletscher, Obergurgl-Hochgurgl, …). Dabei geht es vor allem um die Implementierung von Risikomanagementstrategien und die Nutzung des lokalen Wissens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, betont Stefan Ortner, Geschäftsführer der Firma LO.LA.
„Vorsicht ist besser als Nachsicht“
In diesem Zusammenhang ergeht auch der Appell an die Bevölkerung, akute Sperren jederzeit ernst zu nehmen. Manchmal kann ein entsprechendes Hinweisschild irritierend sein, weil in unmittelbarer Nähe keine Gefahr zu beobachten ist: „Wir können aber versichern, dass die Schilder nie grundlos eingesetzt werden oder gar vergessen wurden“, weiß Werner Haberfellner. Vizebürgermeister Anzengruber ergänzt: "Unter Umständen können die Nutzerinnen und Nutzer unseres Naherholungsraumes Lawinen auslösen, dabei ist ihnen nicht immer bewusst, dass ihr Handeln fahrlässig war und dadurch auch andere zu Schaden kommen können."KR
Quelle: Stadt Innsbruck