vonRedaktion Salzburg
MÄRZ 27, 2023
Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, beleuchtet am Standort Judenplatz von 28. März bis 29. Oktober 2023 in einer neuen Ausstellung das Thema „Schuld“ in seinen unterschiedlichen Dimensionen und lädt zur Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Themenkomplex ein.
Schuld – zwischen Schoa-Mahnmal und zerstörter mittelalterlicher SynagogeDie Räume für Wechselausstellungen im Museum Judenplatz befinden sich über der 1421 zerstörten mittelalterlichen Synagoge und hinter dem Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoa. Die Themen der kommenden und der künftigen Ausstellungen sind bewusst so gewählt, dass sie sich mit beiden Stätten in Beziehung setzen lassen. Daraus ergibt sich die Formel „kleine Ausstellungen mit großen Themen“, die weit über die jüdische und über die Wiener bzw. österreichische Geschichte hinausgedacht werden sollen.
Dimensionen von Schuld – von Eva bis KobaltDie erste Ausstellung der Reihe untersucht verschiedene Dimensionen von Schuld, darunter existentielle, metaphysische, moralische und politische Schuld. Historische Objekte und ausgewählte Kunstwerke laden zur Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Themenkomplex ein. Vielschichtigkeit, die nicht zuletzt einer Eindimensionalität entgegenwirkt. Denn wenn im Zusammenhang mit allem Jüdischen oder der Schoa von „Schuld“ gesprochen wird, provoziert dies in Teilen der Gesellschaft oft eine spontane und heftige Abwehrhaltung.
Die Ausstellung beleuchtet auch die Schuld als Thema, das die Menschheit von Anbeginn an begleitet. Adam und Eva brachten nach jüdisch-christlicher Überlieferung durch ihren Sündenfall Schuld in die Welt. Kains Mord an seinem Bruder Abel gilt bis heute als Gleichnis für das Unrecht, das Menschen einander zufügen. Die Ausstellung präsentiert eine herausragende Eva der Kunstgeschichte, eine Marmorskulptur der jüdischen Bildhauerin Teresa Feodorowna Ries: Eine nackte, verzweifelte Eva, die sich voller Schuldgefühl krümmt.
Während Schuldbekenntnisse ein zentraler Gedanke monotheistischer Religionen sind, fällt das Strafrecht Urteile über Schuld und Unschuld. Nach der Schoa wurde der Umgang mit Schuld zu einer bis in die Gegenwart relevanten gesellschaftspolitischen Frage. Ein zentrales Objekt dazu stellt Gerhard Richters „Onkel Rudi“ dar, ein Ölgemälde, das erstmals in Österreich ausgestellt wird. Das Motiv könnte vielen durchschnittlichen deutschen bzw. österreichischen Familien-Fotoalben entnommen sein. Es zeigt den Onkel des Künstlers in der Offiziersuniform der nationalsozialistischen deutschen Wehrmacht. Sie ist jedoch unscharf gemalt, als ob sich das kollektive Vergessen sich über den Onkel gelegt hätte, das familiäre Verschweigen oder auch die staatliche Verdrängung der Vergangenheit.
Ein durch die Schoa erstmals von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommenes Phänomen sind die Gewissensqualen von Überlebenden, die oft das Gefühl hatten, dass sie unverdient überlebt hätten oder dass ihr Überleben eine Art Verrat an denjenigen gewesen sei, die ermordet wurden. In der Ausstellung ist die „Überlebendenschuld“ durch ein Porträt des Auschwitz-Überlebenden und Schriftstellers Piotr Ravitz repräsentiert. Fotografiert vom weltberühmten Fälscher der Résistance, Adolfo Kaminski, nahm er sich bald nach der Aufnahme das Leben.
Auch in der Gesellschaft der Gegenwart ist „Schuld“ ein allgegenwärtiges Thema, verstrickt uns doch der Diskurs über die Ungleichheit der Menschen und die Zerstörung des Planeten in Schuldgefühle. Diese existentielle Schuld wird durch ein Fläschchen mit Kobalt repräsentiert. Der Kobaltabbau bringt soziale Verwerfungen, Korruption und bewaffnete Konflikte mit sich. Gleichzeitig ist das Metall für uns alle unverzichtbar geworden, ist es doch wesentlicher Bestandteil elektronischer Geräte, vom Smartphone bis zum Elektroauto.
Neue Ausstellung bis 29. Oktober 2023 im Museum Judenplatz zu sehenSchuld ist von 28. März 2023 bis 29. Oktober 2023 im Museum Judenplatz, einem Museum der Wien Holding, zu sehen. Zur Ausstellung, die vom kuratorischen Team des Jüdischen Museum Wien unter der Leitung von Direktorin Barbara Staudinger und Chefkurator Hannes Sulzenbacher gestaltet wurde, erscheint ein Katalog zum Preis von 18,90 € im Eigenverlag. Das Museum Judenplatz, Judenplatz 8, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, freitags 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der zweite Standort, Jüdische Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Freitag 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Quelle: Stadt Wien