vonRedaktion Salzburg
NOVEMBER 13, 2023
Aus riesigem Parkplatz wird großzügige Grün- und Freifläche – Flohmarkt bleibt erhalten – Naschmarkt bekommt neuen Marktraum mit Platz für regionale Produzent*innen
Blütenmeer statt Asphaltwüste: Wiens größte innerstädtische Hitzeinsel steht vor einer umfassenden Verwandlung! Aus dem 12.000 m2 großen Parkplatz zwischen den Wienzeilen wird künftig ein attraktiver, nutzungsoffener Aufenthaltsort mit viel Begrünung und Kühlung. Es kommt zu keiner Verbauung der aktuellen Parkplatz-Fläche, sondern zur großflächigen Entsiegelung und der Gestaltung einer großzügigen innerstädtischen Grünoase inklusive Erhalt des allseits beliebten Flohmarkts.
Der geplanten Umgestaltung des aktuellen Parkplatzes ist ein intensiver Prozess vorangegangen. „Am Beginn stand eine breite Bürger*innenbeteiligung, die sehr klare Ergebnisse brachte. Die Bürger*innen wünschten sich einen begrünten, konsumfreien Ort zum Verweilen, Platz für Kreatives und regionale Produkte sowie den Erhalt des Flohmarkts“, fasst Bezirksvorsteher Markus Rumelhart die Anliegen der Anrainer*innen zusammen.
Die Stadt kommt diesen Wünschen sehr gerne nach, ist doch Entsiegeln und Begrünen gelebte Praxis der modernen Stadtgestaltung, ganz nach dem Motto „Raus aus dem Asphalt“.
Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Bürgerbeteiligung, zahlreichen Grundlagenstudien, einem europaweiten Ideenwettbewerb und des aus einem anschließenden Planungsverfahren hervorgegangen Masterplans präsentierte die Stadt nun das von einer unabhängigen Jury gekürte Siegerprojekt des internationalen Realisierungswettbewerbs. Es stammt vom Planungsbüro D\D Landschaftsplanung der renommierten Landschaftsplanerin Sabine Dessovic, sie hat gemeinsam mit dem österreichischen Architekturbüro „Mostlikely“ des Architekten Mark Neuner, ein modernes und zukunftsträchtiges Projekt mit dem klingenden Titel „Blühender Naschmarkt“ eingereicht. Im Zuge der Ausarbeitung zogen die Planer*innen externe Expertise zu Rate: Thomas de Martin (Bureau de Martin), konnte sein Wissen zu modernem Marktgeschehen beitragen.
Aus Asphaltwüste wird Blütenmeer
Ganz so wie im Masterplan definiert, teilen sich im Siegerprojekt westlich der Kettenbrücke, also am aktuellen Naschmarkt-Parkplatz, künftig Grünraum und Flohmarkt die großzügige Fläche. Mit 65 neu gepflanzten Bäumen und üppiger Begrünung soll nun dort, wo aktuell noch Autos parken und im Sommer ein Hitzehotspot glüht, ein urbaner, begrünter, gut gekühlter und nutzungsoffener Freiraum entstehen. Baumpflanzungen sind aufgrund des darunterliegenden Wienfluss-Gewölbes nur in den Randbereichen möglich. In der Platzmitte werden weitläufige Grünflächen und Gräserbeete für Entsiegelung und Kühlung sorgen. Mit der Bepflanzung von bunten Stauden und einer blühenden Stadtwaldmischung wandelt sich die heute trostlose Betonfläche zum Blütenmeer für alle Sinne. Die umfassenden Begrünungsmaßnahmen versprechen nicht nur Abkühlung für alle die hier vorbeikommen werden, sondern wirken auch darüber hinaus: So soll auch die dort verlaufende Kaltluftschneise entlang des Wienflusses verstärkt werden.
Flohmarkt bleibt erhalten – neue kreative Fläche und großes Wasserspiel
Auch der Flohmarkt bleibt - wie im Masterplan festgelegt - im Siegerprojekt erhalten. Dieser Abschnitt ist im Konzept als vielseitiger Freiraum vorgesehen, an dem an flohmarktfreien Tagen, also allen Tagen außer Samstag, Möglichkeiten für kreative Nutzungsformen gegeben sind. Von Freiluftkino, Fahrradkursen über Lesungen bis hin zu Outdoor-Yoga soll hier Platz für die verschiedensten Aktivitäten entstehen. Das Thema „Wasser“ zieht sich durch das ganze Konzept, Wasserspiele und Nebelstelen sind entlang der gesamten Fläche zu finden. Zentral wird dabei ein rund 250 m² großes, flexibel steuerbares Wasserspiel das Abkühlung für Jung und Alt bietet.
Juryvorsitzender Architekt Albert Wimmer betont die Qualitäten des Siegerprojektes im städtebaulichen Kontext und verweist auf den langen, sehr intensiven Prozess inklusive Kooperativen Verfahrens zur Masterplan-Gestaltung: „Der zeitliche Aufwand hat sich gelohnt. Das Team des siegreichen Projektes hat verstanden die historischen Wurzeln des Naschmarkts als Markt für Alle wieder aufleben zu lassen. Zugleich wurden die Ansprüche der Gegenwart wie Grün, Wasser, Flohmarkt, moderne Architektur in Symbiose mit dem Bestand und vielfältige Erlebnis- und Aufenthaltsbereiche richtig umgesetzt.“
Neues Foyer für den Naschmarkt mit Marktraum und Bauernmarkt
Wie im Masterplan festgehalten, wurde das Projektgebiet um die Fläche des Landparteienplatzes, östlich der Kettenbrückengasse erweitert. Auf ebenjener Fläche sieht das Siegerprojekt einen neuen „Marktraum“ vor.
Es handelt sich um einen ganzjährig nutzbaren Markt für Genießer*innen und Naschkatzen, samt blühendem Dachgarten der zum Verweilen einlädt. Diese Lösung verleiht dem Naschmarkt von Westen her ein anziehendes Entrée und damit zugleich einen würdigen, zweiten architektonischen Abschluss. Denn während er von der Seite des Karlsplatzes kommend einen klar definierten Eingang hat, verläuft er sich in Richtung Kettenbrücke ohne erkennbare Vollendung, er „rinnt“ buchstäblich aus.
„Mit dem neugestalteten Foyer erhält der Naschmarkt nun einen angemessenen städtebaulichen Abschluss, der die historische Struktur zu einer homogenen Gesamtfigur entwickelt“, so Franz Kobermaier, Leiter der MA 19-Architektur und Stadtgestaltung. Hier soll sich künftig alles um regionale und saisonale Produkte drehen. Selbstverständlich bleibt der aktuelle Bauernmarkt wie im Masterplan vorgegeben in vollem Umfang erhalten. Wie bisher stehen auch künftig 1.580 m² Standflächen für die Landwirt*innen zur Verfügung, auch die Zufahrt bleibt erhalten.
Begrünter Dachgarten mit Blick auf historischen Naschmarkt
Der begrünte Dachgarten mit üppigen Stauden und Blumen wird zu einem besonderen Highlight des neuen Marktraums. Er wird ein aktiver Beitrag zur Artenvielfalt werden, blühende Sträucher mit Felsennelke, Habichtskraut & Co. werden zur duftenden Insektenweide. Der bepflanzte Dachgarten wird öffentlich und frei begehbar sein und einen einmaligen Rundum-Blick auf den historischen Naschmarkt und auf den neugestalteten Grünbereich zwischen den Wienzeilen eröffnen.
Vision vom Markt der Zukunft: Gemeinsames Erleben
Die Projektsieger haben sich in ihren Gestaltungsüberlegungen sehr intensiv mit der Frage befasst, was ein Markt künftig können soll. Ein Markt ist demnach sehr viel mehr als der Verkauf von Gurken & Co., seine Funktion geht weit über den Versorgungsauftrag hinaus.
Architekt Mark Neuner: „Unser Beitrag „Blühender Naschmarkt“ setzt auf Innovation und Wissensvermittlung rund um Lebensmittelqualität. Zentral ist die Stärkung der lokalen Produktion: der Landwirtschaft und der lebendigen Szene der Produzent*innen in Wien. Der soziale Charakter wird durch Austausch und Bildungsangebote verstärkt. Eine Vision ist, dass in Zukunft jedes Schulkind in Wien eine Exkursion zum Naschmarkt macht, um über die Herkunft und Zubereitung der Lebensmittel vom Feld bis zum Teller zu erfahren.“
So findet sich im Sieger-Konzept auch eine offene Marktküche, die sich etwa für Kochkurse anbietet, und eine eigene Marktbar, die Marktbesucher*innen zu gemeinsamen geschmacklichen Erlebnissen einlädt.
Auch im Masterplan wurden dazu klare Vorstellungen formuliert und sehr hohe Auflagen bei der Vergabe permanenter Verkaufsflächen empfohlen. So soll ein klarer Fokus auf Produkten aus eigener Produktion liegen und Themen wie Nachhaltigkeit, Regionalität und kurze Lieferwege im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Auch auf den wichtigen gesellschaftlichen Aspekt eines solchen Marktes als Ort der Begegnung und des Genusses soll laut Masterplan Wert gelegt werden. All diese Vorgaben erfüllt der neue Marktraum.
„Ich freue mich sehr, dass wir heute ein Projekt präsentieren können, das den vielen Anforderungen an diesen zentralen und historischen Ort gerecht wird. Die gesamte Parkplatzfläche bleibt unbebaut, bietet künftig großzügige Grün- und Freiräume und gleichzeitig auch noch genug Platz für den Flohmarkt. Damit gelingt uns nicht nur der nächste große Coup in unserer „Raus aus dem Asphalt“-Offensive, sondern wir erfüllen auch die Anliegen der Anrainer*innen und der Bürgerinitiative“, so Planungsstadträtin Ulli Sima. Auch das im Masterplan angedachte Foyer für den Naschmarkt fügt sich bestens in den bestehenden Markt ein und bietet gleichzeitig viel Platz für ein großes Angebot an regionalen Produkten.
„Zudem bleibt der beliebte Bauernmarkt in vollem Umfang erhalten, was mir besonders wichtig war. Es ist ein in jeder Hinsicht großartiges, vielversprechendes Projekt, an dem wir lange gefeilt haben, um möglichst vielen Ansprüchen gerecht zu werden. Vielen Dank an die zahlreichen Projektwerber, an die unabhängige Jury für die Begleitung dieses intensiven Prozesses, Danke an den Bezirk und natürlich herzliche Gratulation an das Team von ‚Mostlikely‘ und D\D Landschaftsplanung zu diesem rundum gelungenen Siegerprojekt“, so Sima.
Arbeiten starten 2024
Nun folgt die Detailplanung des umfassenden Projekts. Ab Herbst 2024 sollen die Arbeiten an der umfassenden Verwandlung des bisherigen Hitze-Hotspots starten.
Quelle: Stadt Wien