vonRedaktion Salzburg
JÄNNER 22, 2024
Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy: „Völlige Überforderung statt Wellness mit Welpen“
Stellen Sie sich vor, Sie blicken beim „herabschauenden Hund“ auf eine Schar Welpen, die unter Ihrem gebogenen Körper herumtapst. Beim sogenannten Puppy Yoga ist das Realität. Die Yoga-Klassen für Zweibeiner, die im Beisein von Welpen stattfinden, sorgen aktuell im Netz für Verzückung. Doch was für die Menschen niedlich ausschaut, bedeutet für die erst wenige Wochen alten Tiere enormen Stress. Die Tierschutzombudsstelle Wien warnt ausdrücklich vor solchen Kursen, die nun auch vermehrt im deutschsprachigen Raum angeboten werden.
„Wir beobachten mit großer Sorge, wie hier schutzbedürftige Tiere für ein „besonderes Erlebnis“ missbraucht werden“, so Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien. „Für die teilnehmenden Menschen mag die Zeit wie „Wellness mit Welpen“ wirken. Die Tiere sind jedoch überfordert mit der Situation.“
Über Instagram und Co. ist Puppy Yoga, das bislang hauptsächlich im englischsprachigen Ausland angeboten wurde, in Europa bekannt geworden. Das Prinzip ist einfach: Reguläre Yoga-Stunden werden mit Welpen „angereichert“, die zwischen den menschlichen Teilnehmenden herumpurzeln. Streicheln und kuscheln ist ausdrücklich erwünscht. Die Veranstalter*innen versprechen positive Erfahrungen und maximale Entspannung für Mensch und Tier – Glückshormone inklusive. Die Hunde stammen laut Eigenangaben von zertifizierten Züchter*innen und sollen ebenfalls von den Yoga-Klassen profitieren, weil sie soziale Interaktion erleben und so auf ein Leben bei ihren künftigen Halter*innen vorbereitet würden.
Ganztagsprogramm im Yoga-Studio
„Es klingt wie eine Win-Win-Situation für Mensch und Tier. Aus Tierschutzsicht sind solche Angebote jedoch höchst bedenklich“, so Persy. Die beim Puppy Yoga eingesetzten Hunde sind zwischen acht bis maximal zehn Wochen alt, wenn sie aus ihrer vertrauten Umgebung bei Mutter und Geschwistern ins Yoga-Studio gekarrt werden. In diesem unbekannten Raum voller fremder Menschen verbringen sie dann meist mehrere Stunden – betreut von Yoga-Instruktor*innen, die in der Regel keine besondere Qualifikation für den Umgang mit den jungen Tieren haben. „Ein solches Ganztagsprogramm hat nichts mit hundegerechter Sozialisierung zu tun, wie es von Veranstalter*innen kommuniziert wird – ganz im Gegenteil entsteht dadurch die Gefahr geistiger Überforderung für die kleinen Vierbeiner“, betont Persy.
Erschwerend kommt hinzu, dass bei Welpen in der achten Lebenswoche häufig die erste Angstphase auftritt. Die Hunde können schreckhafter sein und sich vor bestimmten Menschen oder Geräuschen fürchten. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, dass sie nicht mit einer Vielzahl an neuen Reizen überflutet werden, sondern Zeit und Raum bekommen, um neue Situationen zu bewältigen und Routinen zu erlernen. „Verantwortungsbewusste Züchter*innen begleiten ihre Schützlinge behutsam dabei und würden sie nie solch einer Situation aussetzen“, so Persy. Es drängt sich auch die Frage auf, ob es sich bei Puppy Yoga um ein Geschäftsanbahnungsmodell für den Verkauf von Welpen handelt.
„Gerade im Yoga, wo es viel um Achtsamkeit und ein Leben im Einklang mit sich und der Natur geht, ist diese Art der Nutzung von Lebewesen nicht nachvollziehbar. Aus ethischen Gründen und mit einem empathischen Blick auf unsere Mitgeschöpfe kann ich daher nur an alle Yogi*nis appellieren: Der einzige Hund im Yogastudio sollte der „Herabschauende Hund“ bleiben, den Sie selbst auf Ihrer Yoga-Matte praktizieren“, so die Wiener Tierschutzombudsfrau abschließend.
Quelle: Stadt Wien