Innsbruck: Radfahrverbot am Emile-Béthouart-Steg kommt nicht

vonRedaktion Salzburg
AUGUST 23, 2023

Foto: M. Darmann

Fahrverbote liegen nicht im Kompetenzbereich von Gemeinderat oder Stadtsenat

In der Sitzung des Gemeinderats am 13. Juli 2023 wurde ein Fahrverbot für RadfahrerInnen am Emile-Béthouart-Steg beschlossen. Eine rechtliche Prüfung dieses Beschlusses durch die ExpertInnen im Magistrat hat ergeben, dass Fahrverbote nicht im Kompetenzbereich des Gemeinderats liegen, sondern bei der Bezirksverwaltungsbehörde – sprich beim Bürgermeister in seiner Funktion als Bezirkshauptmann. Bürgermeister Georg Willi hat daher, nach Rücksprache mit den MitarbeiterInnen im Amt für Verkehrsrecht, beschlossen, das Radfahrverbot nicht umzusetzen.

„Das Radfahren am Emile-Béthouart-Steg wurde 2015, also unter meiner Vorgängerin, erlaubt – als Ergebnis eines Bürgerbeteiligungsprozesses. Dafür wurde die Brücke extra adaptiert. Das Nebeneinander von FußgängerInnen und RadfahrerInnen hat sich seitdem bewährt und funktioniert gut. Außerdem nehmen RadfahrerInnen mehr Raum auf der Brücke ein, wenn sie hier absteigen und ihr Rad schieben müssen“, erläutert Bürgermeister Georg Willi seine Entscheidung. „Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus bestätigen mir, dass ein Radfahrverbot hier weder notwendig noch sinnvoll wäre“, ergänzt er.

Physische Sperren am Richardsweg

Ähnliches gilt für einen mehrheitlichen Beschuss des Stadtsenats vom 12. Juli 2023, am Richardsweg (Mühlau) physische Sperren anzubringen. Auch diese Entscheidung fällt nicht in den Wirkungsbereich des Gremiums. Zusätzlich warnen die zuständigen Ämter hier vor einer Gefahr für RadfahrerInnen, da die physischen Sperren direkt nach einer Kurve aufgestellt werden sollen und daher erhöhte Unfallgefahr bestünde. „Würde hier etwas passieren, wären die Stadt und ich als Bürgermeister persönlich haftbar – hier besteht also Gefahr im Verzug auf mehreren Ebenen“, erklärt Bürgermeister Georg Willi.

Die Mitglieder des Gemeinderates wurden über die Entscheidung und die dazugehörigen rechtlichen Erklärungen der zuständigen Ämter im Magistrat informiert. „Unser Ziel muss es sein, das Radfahren in Innsbruck zu erleichtern und attraktiver zu machen und nicht willkürlich zu erschweren – vor allem, wenn die rechtlichen Grundlagen dafür schlicht nicht gegeben sind und die Expertinnen und Experten sich dezidiert gegen solche Maßnahmen aussprechen“, betont Bürgermeister und Bezirkshauptmann Georg Willi abschließend.

Die rechtlichen Ausführungen im Detail

Verordnung Fahrverbot für Fahrräder am Emile-Béthouart-Steg:

Der Gemeinderat hat in der Sitzung am 13. Juli 2023 folgenden Beschluss gefasst:

„Um die Verkehrssicherheit am Emile-Béthouart-Steg für Fußgängerinnen und Fußgänger zu erhöhen, wird am Emile-Béthouart-Steg von der Stadt Innsbruck ein Fahrverbot für Fahrräder verordnet.“

Rechtliche Beurteilung

„Die Zuständigkeiten der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich sind in § 94d StVO festgelegt. Weder die Verordnung eines Fahrverbotes für alle Kraftfahrzeuge - § 52 lit. a Zif. 6c StVO (wie derzeit am Emile-Béthouart-Steg geltend) noch eines Gehweges - § 52 lit.b Zif. 17 StVO - noch eines Fahrverbotes für Fahrräder - § 52 lit.a Zif. 8c StVO – fallen in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich. Gemäß § 94b Abs. 1 lit. b StVO liegt die Zuständigkeit für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden bei der Bezirksverwaltungsbehörde, d.h. beim Bürgermeister als Bezirkshauptmann. Im gegenständlichen Fall wurde das geltende Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge am 17.Dezember 2015 von der damaligen Bürgermeisterin als Bezirkshauptfrau erlassen. Eine Aufhebung dieses Fahrverbotes für alle Kraftfahrzeuge oder eine Abänderung im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses (dass der Emile-Béthouart-Steg von Fahrrädern nicht mehr befahren werden darf) kann ebenfalls nur durch die Bezirksverwaltungsbehörde (Bürgermeister als Bezirkshauptmann) erfolgen. Dem Gemeinderat der Stadt Innsbruck kommt in diesem Fall keine Verordnungskompetenz zu. Aus stadtrechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass dem Gemeinderat betreffend die Erlassung eines Fahrverbotes für Fahrräder am Emile-Béthouart-Steg weder ein Beschluss- noch ein Weisungsrecht zusteht, weil es sich hierbei um keine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handelt.“

Anbringung einer physischen Sperre Bereich Richardsweg:

Der Stadtsenat hat in der Sitzung am 12. Juli 2023 den Bericht zum Fahrverbot im Bereich Richardsweg zur Kenntnis genommen und mehrheitlich die Ressortzuständigen beauftragt, bei den betroffenen Fachdienststellen die Anbringung einer physischen Sperre schriftlich anzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

„Im gegenständlichen Bereich des Richardswegs ist ein Fahrverbot ohne Ausnahme verordnet. Zuständig für die Verordnung war / ist gemäß § 94b Abs. 1 lit. d StVO die Bezirksverwaltungsbehörde. Aus stadtrechtlicher Sicht ist festzuhalten, dass der diesbezügliche Stadtsenatsbeschluss vom 12. Juli 2023 nicht als stadtrechtskonforme Weisung anzusehen ist, weil dem Stadtsenat keine behördliche Funktion in straßenverkehrsrechtlichen Belangen gemäß StVO zukommt und auch aus dem Stadtrecht keine Zuständigkeit des Stadtsenates betreffend die Anordnung der Anbringung der physischen Sperre am Richardsweg abgeleitet werden kann. Die zuständige Fachdienststelle hat in ihren Stellungnahmen mehrfach darauf hingewiesen, dass sie sich aus Sicherheitsgründen ausdrücklich gegen die Errichtung einer derartigen Sperre ausspricht und nur im Falle einer schriftlichen und ausdrücklichen Weisung an den Straßenverwalter dem Wunsch nach einer physischen Sperre nähertritt. Wenn Herr Bürgermeister die zuständige Fachdienststelle trotz der aus Sicherheitsgründen geäußerten Bedenken anweist, diese Sperre zu errichten, könnte eine Haftung des Bürgermeisters im Falle eines Unfalles nicht ausgeschlossen werden. Der Umstand, dass die zuständige Fachdienststelle explizit aus Sicherheitsgründen von der Aufstellung einer physischen Sperre abgeraten hat, könnte im Falle der Anordnung der Sperre negative Auswirkungen für die Stadt Innsbruck und für den Bürgermeister in etwaigen Verfahren haben.“


Quelle: Stadt Innsbruck

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