vonOTS
APRIL 18, 2023
Umweltlandesrat Stefan Kaineder: „Alarmierende Daten“, Stiftung COMÚN dokumentiert katastrophale Zustände in neuem Lieferkettenatlas-Kapitel
In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben heute Montag der oberösterreichische Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder und Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende der gemeinnützigen Stiftung COMÚN, in Linz neue Zahlen & Daten zum Thema LKW-Verkehr in Österreich präsentiert. Die Stiftung COMÚN hat ein neues Kapitel in ihrem Lieferkettenatlas vorgestellt, die zugrundeliegende Recherche wurde vom Land Oberösterreich gefördert.
Fast 80 Prozent des gesamten Gütertransports in der EU wird von LKW auf den Straßen vorgenommen, dabei verursachen sie Unmengen an Schadstoffen. So sind rund 37 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in Österreich unmittelbar auf den Transport zurückzuführen. Tendenz stark steigend, denn das Aufkommen wird laufend größer und hat inzwischen die Vor-Corona-Werte bei weitem überholt. Besonders stark davon betroffen ist Oberösterreich, nirgendwo sonst rollen bei uns so viele Transporte über die Straßen.
Auf der A1-Westautobahn bei Traun etwa wurden in zwei Jahren über 5 Millionen LKW gezählt, damit ist dies der absolute Hotspot in Österreich, noch vor dem Brenner. Auch auf der A8-Innkreisautobahn und der A25-Welser Autobahn bahnen sich Millionen LKW pro Jahr ihren Weg. Der Boom hat viele negative Folgen, für das Klima und die Umwelt, aber natürlich auch für die Menschen. Schon jetzt verfügt Österreich über das dichteste Straßennetz in ganz Europa, erkauft mit massiver Bodenversiegelung.
Lieferkettenatlas bietet Überblick über Schattenseiten des Transportgewerbes„Es sind alarmierende Daten, die uns COMÚN heute präsentiert. Denn der zunehmende LKW-Verkehr treibt nicht nur den Ausstoß der klimaschädlichen CO2-Emissionen weiter in die Höhe, es nimmt damit auch die Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb und die Belastung an Stickoxiden in unserer Luft zu“, warnt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder. „Gerade bei unserer Luft-Messstation auf der A1 bei Enns-Kristein werden auch die meisten LKW-Fahrten Österreichs auf einem Autobahnabschnitt gemessen. Politisches Ziel muss daher sein, den LKW-Verkehr zu senken und die Güter auf die Schiene zu bringen“, stellt Kaineder klar.
Seit 1990 sind die Emissionen aus dem LKW-Verkehr bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht in Österreich um knapp 130 Prozent angestiegen, jene aus dem LKW-Verkehr bis 40 Tonnen um 64 Prozent. „Gerade im Sektor Verkehr hinken wir nicht nur einer Reduktion von Treibhausgasen nach, wir verzeichnen in Oberösterreich eine Zunahme um 65 Prozent – während in allen anderen Sektoren Reduktionen von 15 bis 60 Prozent erreicht werden konnten“, verweist Kaineder auf die aktuellsten verfügbaren Daten aus der Bundesländerschadstoffinventur.
Lastwägen: Nur 1,6 Prozent sind in Österreich registriertDie meisten Transporte in und durch Österreich stammen aus Deutschland, Italien und Tschechien, viele sind reine Transite. Den gewichtsmäßig größten Anteil am Ladegut der LKWs machen Steine, Erde und anderen Bergbau- und Mineralerzeugnisse aus, doch auch Nahrungsmittel, Abfälle und die Pakete des online-shopping spielen eine große Rolle. 97 Prozent der LKW-Fahrer sind Männer, im Schnitt sind sie 47 Jahre alt und stammen aus Osteuropa, zuletzt aber auch immer öfter aus EU-Drittstaaten.
Die Fahrer sind widrigsten Bedingungen ausgesetzt, denn die Bezahlung ist miserabel, der Stress enorm und sie sind oft über Monate unterwegs und von ihren Familien getrennt. Viele werden um den Mindestlohn gebracht und erhalten nur rund 400 Euro Lohn pro Monat und werden nicht krankenversichert. Nur 1,6 Prozent der Lastwägen sind in Österreich registriert, heimische Unternehmen haben gezielt Niederlassungen im Ausland gegründet oder stützen sich auf ausländische Speditionen. Damit wird österreichisches Recht auf dem Rücken der Fahrer unterwandert.
Veronika Bohrn Mena: Ausbeutung in Lieferketten der Konzerne aus Industrie & HandelDazu Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende der Stiftung COMÚN: „Die LKW-Transporte sind ein schmutziges Geschäft. Sie schaden unserer Gesellschaft in vielfacher Hinsicht, denn sie basieren auf der Ausbeutung von Menschen, der Zerstörung unserer Umwelt und der Schädigung des Klimas. Während immer mehr Waren mit Lastwägen durch Europa und Österreich gekarrt werden, finden sich immer weniger europäische Fahrer, die sich den furchtbaren Arbeitsbedingungen auf den Straßen aussetzen wollen. Auch fehlende Parkplätze, die Ruhepausen unmöglich machen, nicht vorhandene Waschmöglichkeiten und Strafzahlungen für verspätete Lieferungen, erzeugen massiven Stress.
Kein Wunder, dass Lastwagenfahrer, die mehrheitlich aus Georgien, Usbekistan und anderen EU-Drittstaaten stammen, gerade seit Wochen streiken. Die prekäre Lage der LKW-Fahrer hat System. Sie transportieren Güter im Auftrag großer EU-Logistikunternehmen und werden um den Mindestlohn betrogen. Diese Männer aus dem Ausland werden gezielt ausgebeutet, um die Lieferketten für unsere Produkte zu erhalten. Die Erkenntnisse aus dem Lieferkettenatlas müssen die Politik auf nationaler wie europäischer Ebene anregen sich für Änderungen einzusetzen. Wir brauchen eine massive Verlagerung der Transporte auf die Schiene und menschenwürdige Arbeitsbedingungen.“
Alle Zahlen & Daten finden sich im neuen Kapitel „Transport“ des Lieferkettenatlas, das von der Stiftung COMÚN erarbeitet und vom Land Oberösterreich gefördert wurde. Abrufen kann man es unter www.lieferkettenatlas.com/transport.
Quelle: OTS