vonRedaktion Salzburg
SEPTEMBER 08, 2021
Rückhaltebecken und Linearausbau am Petersbach sind fertig
Eine spätsommerlich freundliche Sonne strahlte heute mit den zwei „Hochwasserbrüdern" bei den Aita Teichen in St. Peter um die Wette: Bürgermeister Siegfried Nagl und Landesrat Johann Seitinger eröffneten einmal mehr gemeinsam ein Hochwasserschutzprojekt. Nicht irgendeines, sondern das mit insgesamt 28 Millionen Euro teuerste, schwierigste und umfangreichste. Aber auch ein ganz besonders wichtiges Projekt im Rahmen des Sachprogramms Grazer Bäche (SAPRO), das den Schutz der Bevölkerung massiv erhöhen wird. Zudem entstand vor Ort eine bezaubernde Grünoase, die von Fischen, Fröschen, Enten und Graureihern bereits freudig begrüßt wurde. Und den Bürgermeister zum Scherzen in Richtung Landesrat anregte: "Jetzt sind schon drei Graureiher da, Hans, wir zwei und dieses beeindruckende Exemplar dort drüben."
Denn es sind gleich mehrere Baumaßnahmen, die der AnrainerInnen entlang des Petersbaches in Zukunft auch bei starkem Regen einen ruhigen Schlaf sichern sollen: ein Rückhaltebecken mit 34.000 Kubikmeter Fassungsvermögen, ein Absperrbauwerk mit einer Dammhöhe von 3,5 Metern, ein Damm mit einer Länge von ca. 200 Metern, einer komplexen technischen Steuerung, sowie der Bachausbau entlang des Rückhaltebeckens bis zur St. Peter Hauptstraße. Obwohl bereits durch Maßnahmen in den vergangenen Jahren die Sicherheit der Bevölkerung in diesem Gebiet deutlich verbessert worden war, hatten noch 960 Objekte als gefährdet gegolten. Mit der heutigen offiziellen Eröffnung der Hochwasserschutzanlage ist der Schutz vor einem 100-jährlichen Hochwasserereignis (HQ100) vom Rückhaltebecken St. Peter bachabwärts bis zur Einmündung in die Mur vollständig gegeben.
Nagl erklärte: „Hochwasserschutz ist aktiver Schutz der Bevölkerung und ich habe versprochen diesen Schutz an oberste Stelle zu setzen. Mit den fertiggestellten Rückhaltebecken und Linearausbauten am Petersbach, Zusertalgerinne und Schöcklbach schützen wir im Hochwasserfall über 1.000 zusätzliche Gebäude, schaffen Naherholungsflächen und ökologische Ausgleichsflächen für die Natur- und Tierwelt im urbanen Raum. Wir haben schon viel geschafft und bleiben am Ball - noch in diesem Jahr erfolgt der Baustart für weitere wichtige Projekte. Ich bin stolz auf das was wir schon geleistet haben und bedanke mich bei allen die an der erfolgreichen Umsetzung beteiligt waren."
Und Landesrat Seitinger ist überzeugt: „Der steirische Hochwasserschutz wirkt! Durch die umfangreichen Hochwasserschutzmaßnahmen konnten wir im vergangenen Jahr Schäden in der Höhe von mehr als 100 Millionen Euro verhindern und einen wirksamen Schutz für weitere 1.200 Gebäude erreichen. Mit der Eröffnung des Rückhaltebeckens Petersbach schließen wir nun ein weiteres Schlüsselprojekt für den Hochwasserschutz der Landeshauptstadt Graz erfolgreich ab. Auf lange Sicht sind jedoch der Klimaschutz und eine konsequente Raumordnung die besten Schutzmaßnahmen."
Millionenschäden bei „Sintflut“ im Juli verhindert
Da das Rückhaltebecken beim Starkregenereignis am 30.7.2021 in Betrieb und funktionsfähig war, konnte die Bevölkerung bachab bereits vor Hochwasser geschützt werden. Laut Berechnungen von Fachleuten konnten allein bei diesem Ereignis Schäden in der Höhe von rund zwei Millionen Euro verhindert werden. Um den gesamten Petersbach auf HQ100 auszubauen, sind ein weiteres Rückhaltebecken und ein Linearausbau im Oberlauf geplant; hier laufen derzeit bereits die Grundverhandlungen und die Detailplanungen.
Neuer Teich dient auch der Ökologie und dem Sport
Für den neu angelegten Teich mit ca. 6.000 Quadratmeter Wasserfläche wurde eine Doppelnutzung für Ökologie und Freizeit ausverhandelt. Das Gewässer dient als Rückzugsraum für wasserliebende Pflanzen und Tiere und kann von dem 1. St. Peterer Eisschützenklub zur Ausübung seines Sports genutzt werden.
Baubezirksleitung Steirischer Zentralraum finalisiert das Projekt
Die Bauarbeiten für das Hochwasserschutzprojekt begannen im Mai 2019 und wurden letzte Woche fertiggestellt. Der Bachausbau und die Restarbeiten für das Gesamtprojekt erfolgten durch die Baubezirksleitung Steirischer Zentralraum.
Die Gesamtfinanzierung erfolgt zu 47 Prozent durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, zu 40 Prozent durch das Land Steiermark und zu 13 Prozent durch die Stadt Graz. Die Landesstraßenverwaltung steuert einen Sonderbeitrag von 220.000 Euro bei.
Zwei weitere Schutzbauten offiziell eröffnet
Gleichzeitig mit dem Großprojekt am Petersbach werden heute zwei weitere Hochwasserschutzbauten offiziell eröffnet: Ein Rückhaltebecken am Zusertalgerinne sowie ein Linearausbau samt Schaffung ökologischer Ausgleichsflächen entlang des Schöcklbaches.
Das Zusertalgerinne mündet im Bereich des derzeitigen Rückhaltebeckenstandortes in eine Verrohrung, welche unterirdisch bis zur Mur geführt wird. Da diese Verrohrung bei größeren Niederschlagsereignissen die anfallenden Wässer nicht aufnehmen kann, kam es zu großflächigem Abfluss Richtung Stadtgebiet. Etwa 120 Wohngebäude mit ca. 13.000 Einwohnern waren im Fall eines hundertjährlichen Hochwassers gefährdet. Dies sollte nun der Vergangenheit angehören: Beim Rekordregen im heurigen Juli wurden den Berechnungen zufolge bereits Schäden von rund fünf Millionen Euro verhindert.
Schutz und gute Optik durch begrünten Erdwall am Zusertalgerinne
Als Projektpartner wurde die Wirtschaftskammer Steiermark, die in diesem Bereich ihr neues „Center of Excellence" errichtet, an Bord geholt. Die Bauarbeiten begannen im November 2019, letzte Restarbeiten sollten bis Jahresende abgeschlossen sein. Das neue Rückhaltebecken Zusertalgerinne hat ein Fassungsvolumen von rund 14.000 Kubikmeter Wasser und ist mit einem gesteuerten Grundablass mit Ableitung in den Regenwasserkanal ausgerüstet. Das Becken wird durch einen ca. 220 m langen und maximal 4,5 m hohen Abschlussdamm gebildet und mit einer Stahlspundwand abgedichtet. Durch den bewehrten Erddamm wird das Rückhaltevolumen maximal ausgenutzt und dieser sorgt für eine optisch gute Eingliederung in die Landschaft.
Um den aktuellen Anforderungen an den Naturschutz zu entsprechen, wurde das Projekt von Beginn an von einer ökologischen Fachplanung begleitet. Unter anderem wird das Zusertalgerinne im Beckenbereich aus dem bestehenden Kanal ausgeleitet und wieder als offenes, naturnahes Gerinne geführt. Weiters wurde darauf geachtet den Baumbestand weitgehend erhalten zu können.
Die Finanzierung erfolgt durch 49,7 Prozent vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, durch 40 Prozent vom Land Steiermark und durch 10,3 Prozent von der WKO Steiermark.
Gefahr am Schöcklbach durch mehrstufiges Programm reduziert
Für den Schöcklbach, der in der Vergangenheit das wohl größte Gefährdungspotenzial aller Grazer Bäche aufgewiesen und mehrmals für massive Überflutungen gesorgt hatte, wurde im „Sachprogramm Grazer Bäche" 2005 ein mehrstufiges Ausbauprogramm ausgearbeitet, das nunmehr bereits zum Großteil umgesetzt wurde. Die dichte Bebauung und die beengten Platzverhältnisse lassen derzeit nur einen Schutz bis zu einem 50-jährlichen Hochwasser zu. Der beabsichtigte Schutz bis HQ100 kann nur durch weitere große Rückhaltemaßnahmen am Oberlauf und in den Zubringern gewährleistet werden. Bereits fertig sind der Linearausbau von der Mündung des Schöcklbachs in die Mur bis zum Rotmoosweg und das Rückhaltebecken Weinitzen 2 in der Gemeinde Weinitzen. Für den Linearausbau vom Rotmoosweg bis zur Stadtgrenze ist das Behördenverfahren abgeschlossen, für weitere Rückhaltebecken im Oberlauf liegen Studien vor, ein generelles Projekt ist in Ausarbeitung.
Ökologische Bachaufweitung zieht Erholungssuchende an
Die Bachausbauten zwischen Jugendzentrum Andritz und Rotmoosweg auf 400 Meter Länge wurden mit einer großzügigen ökologischen Bachaufweitung umgesetzt. Diese Flächen werden von der Bevölkerung gerne zur Naherholung genutzt - die Gefahr eines raschen Anstiegs des Wasserspiegels sollten dabei jedoch nie außer Acht gelassen werden. Seit der Fertigstellung des Ausbaus können 24 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgeführt werden, ohne dass der Bach über seine Ufer tritt. Für die Finanzierung des Gesamtprojekts liegt seitens des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus eine Genehmigung von 1,29 Millionen Euro vor, die jedoch nicht zur Gänze ausgeschöpft werden wird. Die Finanzierung übernehmen zu 40,2 Prozent das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, zu 40 Prozent das Land Steiermark und zu 19,8 Prozent die Stadt Graz.
Gabriachbach bald fit für hundertjährliches Hochwasser
Nach der Eröffnung der drei Bauwerke stehen die nächsten Projekte für einen verbesserten Hochwasserschutz in Graz bereits in den Startlöchern: Noch heuer soll der Spatenstich für ein weiteres Projekt am Gabriachbach erfolgen, im folgenden Jahr ist dann der Baubeginn für ein Rückhaltebecken am Messendorferbach vorgesehen. Am Gabriachbach in Andritz wurden bereits zwei Rückhaltebecken sowie ein Teil des Linearausbaus im Bereich der Schleppbahntrasse fertiggestellt. Nun steht der Lückenschluss Hoffeldstraße an: Hier wird der Bach so aufgeweitet, dass ein Abfluss von fünf Kubikmetern pro Sekunde gewährleistet ist, ohne dass das Gewässer über seine Ufer tritt. Entsprechende der Planung wird dieser Abschnitt Ende nächsten Jahres fertig sein. Dann sollte der Gabriachbach im Gesamtverlauf fit für ein hundertjährliches Hochwasser sein.
Neues Rückhaltebecken am Messendorferbach: Baustart 2022
Das neue Rückhaltebecken am Messendorferbach wird nordwestlich des Arnikaweges im Stadtbezirk St. Peter entstehen und ein Fassungsvermögen von rund 20.000 Kubikmetern aufweisen. Für beide Projekte liegen bereits technisch finanzielle Genehmigungen vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus vor.
Quelle: Stadt Graz