vonRedaktion Salzburg
OKTOBER 05, 2020
Mehr Hochwassersicherheit, bessere Gewässerqualität und Grünbereiche für die AnrainerInnen
Auf 18,4 km fließt der Liesingbach durch Wiener Stadtgebiet, die Hälfte wurde bereits renaturiert. Mit heute nimmt die Stadt Wien die andere Hälfte in Angriff und schafft damit einen Gesamtlückenschluss auf dem insgesamt 9,2 km langen Abschnitt zwischen Kaiser-Franz-Josef Straße und Großmarktstraße im 23. Wiener Gemeindebezirk. Heute starten die Bauarbeiten für das 300 m lange Teilstück zwischen Karl-Sarg-Gasse und Rudolf-Waisenhorn-Gasse. Das Projekt „Integrativer Hochwasserschutz Liesingbach“ wird von der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ko-finanziert. Die Bauarbeiten werden von der Fachabteilung Wiener Gewässer und Wien Kanal durchgeführt.
„Wir geben hier an der Liesing Natur zurück, attraktivieren die Uferbereiche und pflanzen neue Bäume. Für die Anrainerinnen und Anrainer schaffen wir attraktive Grünbereiche am Wasser. Das Großprojekt an der Liesing ist ein aktiver Beitrag am Weg zur Klimamusterstadt Wien“, so Umweltstadträtin Ulli Sima anlässlich des heutigen Baubeginns.
„Gute wasserwirtschaftliche Planungen und Umsetzungen von Projekten sind speziell in städtischen Bereichen wichtig und oft eine große Herausforderung. Die Maßnahmen am Liesingbach zeigen eindrucksvoll, wie gut man viele Ansprüche kombinieren und zum Wohl der Wienerinnen und Wiener umsetzen kann. Am Liesingbach steigern wir mit unserer finanziellen Unterstützung die Wasserqualität, schaffen einen neuen Lebensraum für alle und setzen ein wichtiges Zeichen für die Ökologisierung unserer Gewässer,“ betont Elisabeth Köstinger, Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.
Bis Ende 2027 wird das Projekt, bei dem Wiener Gewässer und Wien Kanal ihre Bauarbeiten am Liesingbach bündeln, stufenweise mit insgesamt 6 Bauteilen abgewickelt. Die Bauarbeiten werden möglichst umwelt- und klimaschonend durchgeführt, auf den Erhalt des Baumbestandes wird besonderes Augenmerk gelegt, neue Bäume werden gepflanzt.
Gewinn für Mensch und Natur
Nach Fertigstellung wird der gesamte Liesingbach auf Wiener Stadtgebiet ein naturnah gestalteter, hochwassersicherer, ökologisch aufgewerteter Bach sein. Grünräume entlang des Gewässers werden vergrößert oder geschaffen. Dadurch soll der Liesingbach an die klimatischen und wachstumsbedingten städtischen Veränderungen angepasst werden.
Für die Anrainerinnen und Anrainer des Liesingbaches bedeutet das Vorhaben einen Zugewinn an wertvollem neuen Grünraum am Wasser. Neue Bäume werden Schatten spenden, Tiere und Pflanzen werden sich ansiedeln, die Uferbereiche werden neu gestaltet sein und damit für die SpaziergeherInnen, LäuferInnen und RadfahrerInnen einen enormen Zuwachs an Lebensqualität bringen.
Mehr Sicherheit durch zusätzliches Kanalsystem
Hand in Hand mit dem Flussbau wird am Ufer-Kanalsystem gearbeitet. Um die Wasserqualität zu steigern, errichtet Wien Kanal einen zusätzlichen Rohrkanal im Bachbett. Damit können Verunreinigungen aus dem bestehenden Regenwassersystem vom Bach ferngehalten werden. Der erste Spülstoss von den umliegenden Verkehrsflächen bei Regen, gelangt so über den neuen Kanal in die Hauptkläranlage nach Simmering. Durch die Zusammenarbeit bei Planung und Bau werden außerdem Kosten und Ressourcen reduziert.
Speicherbecken Gelbe Haide für 10 Mio. Liter Regenwasser fertiggestellt
Im Kampf gegen klimabedingte Starkregenereignisse setzt die Stadt Wien neben einer intelligenten Kanalnetzsteuerung auf riesige unterirdische Speicherbecken. Nach Simmering und Favoriten wurde nun das dritte Bauwerk dieser Art im 23. Bezirk in Inzersdorf fertig gestellt. Unmittelbar neben der Triester Straße, im Autobahnknoten Inzersdorf, entlastet es dabei nicht nur die Liesing, sondern schützt auch die Anrainer vor Überflutungen. Von den Bauarbeiten wird bald nichts mehr zu sehen sein. Der Speicher ist bereits unter einer mächtigen Erdschicht verschwunden, an der Oberfläche entsteht demnächst eine saftige Streuobstwiese.
Mega-Becken so groß wie Wiener Konzerthaus
Sechs Meter tief, eine Grundfläche so groß wie das Wiener Konzerthaus und ein Fassungsvermögen von 10 Millionen Liter Regenwasser – das sind die beeindruckenden Maße des neuen Speicherbeckens von Wien Kanal. Das Bauwerk soll vor allem gegen das klimawandelbedingte Phänomen der „Rain-Bombs“ schützen. Das sind lokal begrenzte, plötzlich auftretende Starkregenereignisse, die die Kanalisation überlasten. Das Einzugsgebiet des Speicherbeckens ist 462 Fußballfelder groß und liegt in den Bezirksteilen Altmannsdorf und Hetzendorf. Von dort wird das Wasser in einem Rohr mit 1,8 Meter Durchmesser unter den Gleisen der Badner Bahn und den 8 Spuren der B17-Triester Straße in das Becken geleitet.
Aufnahme von 15.000 Liter pro Sekunde
Bei einem Unwetter können die Regenmassen im neuen Becken nahezu vollständig zwischengespeichert werden. Bis zu 15.000 Liter Wasser, das entspricht dem Inhalt eines Tankwagens, kann der Speicher pro Sekunde aufnehmen. Nach Abklingen des Regens wird das Wasser mittels Kanalnetzsteuerung, einem aufwändigen elektronischen Abwasser-Steuersystem, kontrolliert zur Hauptkläranlage Simmering zur Reinigung abgeleitet. Für die Entleerung des Beckens haben die Kanalplaner rund 8 Stunden veranschlagt, um es für das nächste Regenereignis vorzubereiten.
Die Renaturierungsprojekte Liesingbach – Ein Rückblick
Der Liesingbach ist mit 30 km Länge der längste unter den Wienerwaldbächen. Er durchfließt das Wiener Stadtgebiet in den Bezirken Liesing und Favoriten von Westen nach Osten auf einer Länge von 18,4 km. Die Hälfte des Liesingbaches auf Wiener Stadtgebiet wurde in den beiden letzten Jahrzehnten von der Stadt Wien schrittweise renaturiert und gleichzeitig die Hochwassersicherheit verbessert. Diese Renaturierungs- und Hochwasserschutzmaßnahmen am Liesingbach erfolgten stufenweise in den Jahren 1997 bis 2016 und wurden ebenfalls vom Bundesministerium Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und der EU gefördert.
So wurde im EU-Projekt „Living River Liesing“ von 2002 bis 2006 der Liesingbach beim Abschnitt Stadtgrenze Kledering bis zur Großmarktstraße auf einer Länge von 5,5 Kilometern in einen naturnahen Fluss umgestaltet. Die wasserbaulichen und ökologischen Maßnahmen wurden von der Fachabteilung Wiener Gewässer, die kanaltechnischen Arbeiten von Wien Kanal durchgeführt. Der Bach wurde von seinem kanalartigen, gepflasterten Bett befreit, ein leistungsfähiger Transportkanal für das Abwasser bei Regenwetter wurde errichtet. Von den Maßnahmen profitierten sowohl das Ökosystem im und am Gewässer, die Wasserqualität als auch der Hochwasserschutz. Der Liesingbach hat sich auf diesem Abschnitt zu einem wichtigen Freizeit- und Natur-Hotspot entwickelt.
Neues Großprojekt Integrativer Hochwasserschutz Liesingbach
Der Hochwasserschutz des Liesingbaches wird im Projektgebiet und bachabwärts mittels wasserbaulicher Umbauten bei den Rückhaltebecken auf den neuesten Stand der Technik gebracht und verbessert.
Mit den Maßnahmen, die in den nächsten Jahren am Liesingbach durchgeführt werden, werden die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllt. Diese sieht einen guten ökologischen und chemischen Zustand für alle europäischen Gewässer vor.
Eckdaten des Projekts
Die Bauarbeiten an der 9,2 km langen Bachstrecke werden schrittweise an Teilabschnitten durchgeführt. Aus projekttechnischen Gründen wird mit dem Bauteil 4 gestartet, im Anschluss folgen die Bauabschnitte 1, 2, 3 und 5.
Bauteil 1: Großmarktstraße bis Gutheil-Schoder-Gasse Bauteil 2: Gutheil-Schoder-Gasse bis Atzgersdorf Bauteil 3: Atzgersdorf bis Rudolf-Waisenhorn-Gasse Bauteil 4: Rudolf-Waisenhorn-Gasse bis Liesinger Platz Bauteil 5: Liesinger Platz bis Kaiser-Franz-Josef-Straße Bauteil 6 betrifft das Speicherbecken Gelbe Haide, welches planmäßig Ende 2020 fertiggestellt sein wird. Fertigstellung des Gesamtprojekts: Ende 2027 Gesamtkosten: 84 Millionen Euro
Quelle: Stadt Wien