vonOTS
MAI 07, 2022
Hommage an Ruth Klüger und gelebte Erinnerungskultur
Wien (OTS) - In Erinnerung und zur Würdigung der bedeutenden austro-amerikanischen Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin und Shoah-Überlebenden Ruth Klüger lud heute Vormittag der Bezirk Neubau zur feierlichen Eröffnung des neuen Ruth-Klüger-Platzes in die Burggasse ein. Mit viel Prominenz und in Anwesenheit der beiden aus den USA angereisten Söhnen von Ruth Klüger, wurde der neue Platz an der Ecke Burggasse-Kirchengasse offiziell eröffnet.
Vor vielen Interessierten las im Anschluss an die Eröffnungsreden von Doris Schmidauer, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Dezoni Dawaraschwili IKG Wien und Bezirksvorsteher Markus Reiter die in Berlin geborene und in Israel aufgewachsene Schauspielerin Tamara Stern aus Ruth Klügers berühmtem und berührendem autobiografischen Werk „weiter leben. Eine Jugend“.
Die Umbenennung dieses Teilbereichs der erweiterten Fußgängerzone wurde auf Initiative der Grünen Fraktion des Bezirks Neubau Ende 2021 einstimmig in der Bezirksvertretung beschlossen. Die Platzeröffnung ist Teil der Ruth-Klüger-Tage, die von 5.-7. Mai mit einem vielfältigen Kulturprogramm im siebten Bezirk stattfinden.
Für Markus Reiter, Bezirksvorsteher Neubau, sind die Ruth-Klüger-Tage ein wichtiger Auftakt für eine dauerhafte Reihe von Veranstaltungen und Aktionen zur Erinnerungskultur im Menschenrechtsbezirk Wien Neubau. Gerade die aktuelle, politisch sehr bewegte Zeit in Europa zeige, wie zerbrechlich Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat sein können. „Ruth Klüger ist im siebten Bezirk groß geworden - das verbindet uns alle in Wien für immer mit ihr. Wir sind sehr stolz, für Ruth Klüger in diesem Bezirk mit dem „Ruth-Klüger-Platz“ ein langfristig sichtbares Zeichen zu setzen. Es ermöglicht ein Erinnern im kollektiven Gedächtnis aller Wienerinnen und Wiener. Wir brauchen eine gelebte Erinnerungskultur, weil wir und die nächsten Generationen die Grausamkeiten und Vernichtungen des NS-Regimes niemals vergessen dürfen“, so Markus Reiter.
Neuer Ruth-Klüger-Platz: ein Zeichen der Erinnerungskultur und ein Zeichen der Zukunft
Die 2020 in Kalifornien verstorbene Ruth Klüger verbrachte die ersten Jahre ihrer Kindheit im siebten Bezirk in Wien. 1942 wurde sie als elfjähriges Kind gemeinsam mit ihrer Mutter von den Nationalsozialisten deportiert. Kurz vor Kriegsende gelang Ruth Klüger mit ihrer Mutter die Flucht aus dem KZ. 1947 emigrierten beide schließlich in die USA.
Doris Schmidauer betont im Rahmen der Eröffnungsrede die Wichtigkeit des Erinnerns: „Die Benennung dieses Platzes nach Ruth Klüger ist ein wichtiger Beitrag zur gelebten Erinnerungskultur. Wir müssen und wollen dieses Erinnern wachhalten. Als Zeichen gelebter Solidarität mit allen, die gelitten haben, die verfolgt und ermordet wurden. Aber auch als Zeichen für die Zukunft. Denn unser Erinnern an das, was war, ist zugleich ein Auftrag für die Gestaltung dessen, was ist und sein wird.“
Auch Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler verweist anlässlich der Platzeröffnung auf die starke und wichtige Signalwirkung der Platzbenennung: „Für Ruth Klüger war der öffentliche Raum im Wien des Nationalsozialismus ‚Feindesland‘. Der öffentliche Raum als unbeschwerter Ort des Spiels, des Austausches mit Anderen und der Erholung war für Jüdinnen und Juden nicht existent. Daher ist die Benennung dieses neuen, bis 2020 noch gar nicht bestehenden Freiraums, ein starkes Signal: Es ist eine Einschreibung der Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin und Holocaust-Überlebenden in die Stadt und die Schaffung eines Ortes, der seine Geschichte erst schreibt“, so Veronica Kaup-Hasler.
Für Dezoni Dawaraschwili, Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, zeigt die Stadt Wien mit der Platzumbenennung Haltung: „Ich freue mich sehr, dass Ruth Klüger mit der Platzbenennung im siebten Bezirk gewürdigt wird. Das Judentum gehört heute so selbstverständlich zu Wien wie die Milch zur Melange, aber jeder und jede Einzelne muss etwas dafür tun, damit unsere offene und vielfältige Demokratie erhalten bleibt. Ruth Klüger ist mit ihrer immer klaren Haltung und ihren deutlichen Worten ein Vorbild dafür. Die Benennung dieses Platzes ist daher ein Bekenntnis im Herzen unserer Stadt zur klaren Haltung gegen jede Form des Antisemitismus und Ungerechtigkeit, um damit Wirken dieser großen Schriftstellerin und Wissenschaftlerin zu würdigen."
Rund um die Platzeröffnung laden die Ruth-Klüger-Tage seit dem 5. Mai zu einem vielfältigen Kulturprogramm ein: Morgen um 11:30 Uhr findet die abschließende Matinee mit Film und Gespräch im Admiral Kino statt – gezeigt wird der beeindruckende und auf vielen Festivals gezeigte Dokumentarfilm „Das Weiterleben der Ruth Klüger“ von Renata Schmidtkunz.
Quelle: OTS