vonRedaktion International
JULI 25, 2023
Die Weltgesundheitsorganisation WHO macht am 25. Juli mit dem „World Drowning Prevention Day" auf das wichtige Thema Ertrinken aufmerksam. Auch in Österreich stellt Ertrinken nach wie vor eine große Gefahr dar. Laut Statistik Austria ertranken im Zeitraum 2016-2020 16 Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren. Allein heuer sind bereits wieder drei Kinder in Österreich ertrunken, zuletzt bei einem Badeunfall am Wörthersee. „Ertrinken ist damit die Ursache für beinahe jeden fünften tödlichen Kinderunfall", so Univ.-Prof. Dr. Holger Till, Präsident des Vereins „Große schützen Kleine" und Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie Graz. „Auffällig ist jedoch, dass Ertrinkungsopfer in den letzten Jahren älter geworden sind. Lag das durchschnittliche Alter von Kindern mit Ertrinkungsunfällen im Zeitraum 2007-2011 noch bei rund 4 Jahren, so stieg es kontinuierlich an und betrug im Zeitraum 2017-2021 schon beinahe 6 Jahre", erklärt Till. Zahlreiche Studien und Beobachtungen belegen, dass die Schwimmkenntnisse von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren laufend abgenommen haben. Eltern würden ihren Kindern durchschnittlich weniger Schwimmkenntnisse vermitteln. Insbesondere Kinder mit einem niedrigen sozialen Status, sowie elterlich beidseitigem Migrationshintergrund seien laut Studien davon verstärkt betroffen. „Durch die Corona-Beschränkungen konnten außerdem viele Schwimmkurse nicht abgehalten werden. Dadurch ist großer Nachholbedarf entstanden. Als Stadt sind wir deshalb gefordert entgegenzuwirken", sagt Sport-, Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner.
Initiative „Schwimmen rettet Leben“
„Deswegen haben wir die Initiative „Schwimmen rettet Leben" gestartet", so der Stadtrat. Dieses Projekt wird in Kooperation zwischen Stadt Graz (Sport- bzw. Jugendamt), Steirischer Landesschwimmverband und dem Verein „Große schützen Kleine" durchgeführt. Gesetzt wird dabei auf zwei Säulen: Einerseits geht es um Sensibilisierung von Eltern und Kindern für das wichtige Thema. Alle Schulen wurden deshalb mit entsprechenden Transparenten ausgestattet, um Aufmerksamkeit in der Zielgruppe zu erzeugen. Herzstück ist aber der massive Ausbau der Schwimmkursplätze. „Kinder sollen nachholen können, was sie vielleicht durch Corona verpasst haben. Wir haben sehr schnell gesehen, dass der Wunsch der Eltern und Kinder gerade in diesem Bereich besonders groß ist. Deshalb haben wir im heurigen Jahr eine große Offensive dazu gestartet. Außerdem haben wir das gesamte Angebot zum Thema Schwimmen Lernen auch übersichtlich auf der Website www.schwimmen-rettet-leben.at zusammengefasst."
Größte „Schwimmkurs-Offensive“ der Geschichte
„Schon in den vergangenen Jahren hatten wir immer 360 Schwimmkursplätze im Sommerprogramm des Sportamts", erklärt Hohensinner weiter, „im Rahmen der heurigen Schwimmkursoffensive haben wir dieses Angebot auf rund 1.000 Plätze fast verdreifacht. So hat etwa das Sportamt sein Angebot für Kinder ab 6 Jahren um 300 Plätze ausgebaut. Durchgeführt werden die Kurse von Schwimmlehrer:innen sowie Tainer:innen des Landessportverbandes und finden bzw. fanden in den ersten drei Ferienwochen im ATG und VGT statt. Neu hinzugekommen sind heuer erstmals im Rahmen des Kinder- und Jugendschwerpunktes der Stadt auch Schwimmkursangebote für 3- bis 6-Jährige. Ursprünglich waren hier 200 Schwimmkursplätze geplant und angekündigt. Aufgrund der großen Nachfrage wurde nun aber auch auf 300 aufgestockt. Diese werden ebenfalls in den ersten Sommerferienwochen in der Auster gemeinsam mit der Schwimmschule Delphinchen organisiert. „An diesen Zahlen sieht man auch den großen Bedarf bzw. die Nachfrage. Alle unsere zusätzlichen Angebote waren ausgebucht", so Hohensinner. Ergänzt wird das breite Schwimmangebot noch durch weitere Initiativen wie die Aktion Fisch oder auch die Angebote des Ärztlichen Dienstes im Amt für Jugend und Familie.
Schwerpunkte zum Präventionstag
Neben den bereits genannten Schwerpunkten zu "Schwimmen rettet Leben" gibt es besondere Initiativen zum World Drowning Prevention Day. So wird der Verein „Große schützen Kleine" mit einer Sicherheitstour in Graz präsent sein. Es werden Badesicherheitsbücher und -infofolder in vier Grazer Bädern verteilt. Außerdem finden vier Badesicherheitsauftritte der Clownin Popolina in den ersten zwei August-Wochen statt. Auch im Familienkompetenzzentrum werden entsprechende Spezialvorträge zum Thema Schwimmen abgehalten.
Auch der Landesschwimmverband Steiermark unterstützt die Aktion. „Schwimmkurse sind extrem wichtig, nicht nur für den Sport, sondern eben auch für die Sicherheit", sagt Präsident Hugo Schuster. Er betont aber gleichzeitig: „Schwimmen muss geübt und gefestigt werden. Als sicherer Schwimmer gilt man erst dann, wenn man das Fahrtenschwimmer-Abzeichen erreicht hat, das ist ein echtes Qualitätssiegel. Um dies flächendeckend zu forcieren, fehlen aber die Kapazitäten in der Infrastruktur, nicht nur in Graz." In der Stadt braucht es aus Sicht des Schwimmverbandes jedenfalls ein weiteres Sportbad, welches auch für die Ausbildung genutzt werden kann.
Lautlos, innerhalb weniger Minuten, in weniger als 10 cm Wassertiefe
„Kinder ertrinken lautlos, innerhalb weniger Minuten und manchmal schon in weniger als 10 cm Wassertiefe", erklärt Till. Laut der Studie „Freizeitraum Wasser" brachte eine Recherche von Medienberichten über Vorfälle seit 2007 bei den 0-14-Jährigen in Summe 265 tödliche Ertrinkungs- und nicht tödliche Beinahe-Ertrinkungsunfälle hervor. Von den 265 Unfällen endeten 18% tödlich, 82% der Kinder überlebten. „Ganz wichtig zu bedenken ist jedoch, dass das nicht heißt, dass 8 von 10 Ertrinkungsunfällen glimpflich ausgehen. Bei weiteren zwei dieser Kinder werden aufgrund des Sauerstoffmangels lebenslange, teils schwere, Behinderungen die Unfallfolge sein", so Till. Die Vorfälle ereignen sich zu rund 50% in öffentlichen Badeeinrichtungen. Ein Viertel findet im privaten Garten (Pool, Biotop) und ein weiteres Viertel in Naturgewässern (Seen, Flüsse, Teiche) statt. In öffentlichen Bädern war die Überlebenschance jedoch mit 93% am höchsten. Wesentlich schlechter schaut es im privaten Garten und in Flüssen aus: Hier endeten rund ein Drittel der Vorfälle tödlich.
Quelle: Stadt Graz