vonRedaktion Salzburg
JÄNNER 22, 2021
Fast ein Jahrhundert nach der Ausrottung ist der Luchs in unsere Wälder zurückgekehrt
Nachdem bereits seit 2020 anhand von eindeutigen Beutetierresten davon ausgegangen werden konnte, dass in den Quellenschutzwäldern der Stadt Wien (Bereiche Hochschwab/Rax/Schneeberg) ein Luchs anwesend ist, war pünktlich zu Heiligabend ein Geschenk unter den Bäumen der naturnah bewirtschafteten Wälder. Zwei Luchse, unterschiedlichen Geschlechts, konnten nachgewiesen werden.
Über den Nachweis der schönen Raubkatze, die bereits als ausgestorben galt, ist Forstdirektor Andreas Januskovecz ganz besonders erfreut. „Der Luchs gehört zum natürlichen Artenspektrum in unseren Wäldern. Gemeinsam mit anderen in unseren Wäldern wieder heimischen Raubtieren, wie dem Wolf, tragen sie zur Erhaltung eines ökologischen Wildstandes auf natürliche Weise bei.“
Auch die Naturschutzorganisation WWF Österreich freuen die Nachweise, weil Europas größte Katzenart hierzulande akut vom Aussterben bedroht ist. „Der Luchs fühlt sich in Wiens Wäldern zu Recht wohl“, so WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler. In Österreich leidet die seltene Art jedoch besonders unter zerschnittenen Lebensräumen. Straßen und Infrastruktur verhindern, dass einzelne Luchse zur Fortpflanzung zueinander finden. „Auch Fälle von Wilderei dezimieren die isolierten Populationen. Dieser Teufelskreis muss unbedingt durchbrochen werden“, fordert Pichler.
Begeistert über die Sichtung des Luchses zeigt sich auch Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky, der für das im Eigentum der Stadt Wien stehende Quellenschutzgebiet verantwortlich zeichnet: „Es ist eine besondere Auszeichnung, dem Luchs und in den letzten Jahren auch dem Wolf einen Lebensraum in Wiens Quellenschutzwäldern bieten zu können“. Auch seien die Zusammenarbeit und das Engagement des Forst- und Landwirtschaftsbetriebs der Stadt Wien und des WWF ausgezeichnet.
Luchse zählen zu den streng geschützten Arten
Alle natürlichen Vorkommen gehen hauptsächlich auf Wiederansiedlungen in den 1970er und 1980er Jahren zurück. Letzte Freilassungen gab es von 2011 bis 2017 im Nationalpark Kalkalpen. Vor der Wiederansiedelung wurde in Österreich 1918 der letzte heimische Luchs im Bregenzerwald erlegt. In Westeuropa war damit der Eurasische Luchs bis zur erfolgreichen Wiederansiedelung weitgehend ausgerottet.
Raubtiere sorgen für eine natürliche Regulierung des Wildtierbestandes
Luchse sind Einzelgänger und jagen vor allem nachts. In Abhängigkeit des Nahrungsangebotes sowie der landschaftlichen Gegebenheiten ist die Größe ihres Revieres von 50 bis 400 km² stark schwankend. Ihr Lebensraum muss genügend Deckung sowie Nahrung aufweisen. Sie sind reine Fleischfresser und benötigen ca. 2 kg pro Tag. Rehe und Gämsen sind die hauptsächlichen Beutetiere der Luchse. Daneben zählen, Hasen, Mäuse, Eichhörnchen, junge Wildschweine und viele weitere kleinere Säugetiere aber auch Vögel und Fische zum Beutespektrum der Luchse. Der in Österreich und den Nachbarländern vorkommende Eurasische Luchs erreicht eine Schulterhöhe von 50 bis 70 Zentimeter. Die Weibchen bringen rund 73 Tage nach der Paarung bis zu fünf Jungen auf die Welt. Die Lebenserwartung von freilebenden Luchsen beträgt 10 bis 15 Jahre.
Für Menschen stellen Luchse keine Gefahr dar
Die scheuen Raubtiere verlassen sich bei der Jagd auf ihre perfekte Tarnung und führen auch sonst in ihrem Revier ein beinahe unsichtbares Leben. Der Mensch passt nicht ins Beuteschema der Tiere, im Gegenteil halten sie sich aus menschlicher Nähe lieber fern. Daher werden auch nur die wenigsten Menschen bei uns jemals einen Luchs in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Die gemeinsamen Bemühungen des Naturschutzbundes mit weiteren Organisationen sind seit Jahren darauf ausgerichtet, die Wiederansiedelung des Luchses in Österreich zu forcieren. Um die räumliche und zahlenmäßige Entwicklung einer Population zu dokumentieren, ist ein aufwendiges Monitoring erforderlich. Ein Nachweis über die Anzahl der vorkommenden Tiere kann über die Fellzeichnung der Tiere erbracht werden. Jeder Luchs hat eine individuelle Fellzeichnung und kann anhand von Fotos zum Beispiel von Wildkameras identifiziert werden. Für die Quellenschutzwälder der Stadt Wien konnte die erfolgreiche Wideransiedelung in den letzten Monaten mehrmals dokumentiert werden.
Quelle: Stadt Wien