vonRedaktion Salzburg
NOVEMBER 19, 2020
Aktuelle Stunde zu Beginn
Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zu einer Sitzung zusammen.
Präsident Mag. Karl Wilfing (VP) sprach eingangs zum Jubiläum „100 Jahre Landesverfassung Niederösterreich“: Fast genau auf den Tag vor 100 Jahren hätten die Vorgänger der Abgeordneten einen wichtigen Beschluss gefasst und das Bundesland Niederösterreich habe erstmals eine eigene Landesverfassung bekommen. Zwei Jahre nach der provisorischen Landesversammlung am 5. November 1918 sei dieser Beschluss ein weiterer wichtiger Meilenstein zum eigenständigen Bundesland Niederösterreich gewesen. Damit sei die Trennung von Niederösterreich und Wien festgeschrieben worden. Die Abgeordneten hätten damit klargemacht, dass die Angelegenheiten Niederösterreichs eigenständig geregelt werden. Mit dieser Landesverfassung sei auch die demokratische Grundordnung festgeschrieben worden. Diese demokratische Grundordnung sei keine Selbstverständlichkeit, was vor einigen Tagen bei dem Anschlag in Wien vor Augen geführt worden sei. Wilfing nutzte die Gelegenheit, sich bei den Kräften der Exekutive und den Rettungsorganisationen zu bedanken. Das Mitgefühl gelte den Opfern, den Verwundeten und den Hinterbliebenen.
Die Landesverfassung sorge dafür, dass die Organe des Landes handlungsfähig seien. In diesem Zusammenhang sei eine Publikation erarbeitet worden, in der festgeschrieben sei, welch hervorragender Garant die Verfassung für das Bundesland Niederösterreich sei.
Zu Beginn der Sitzung wurde eine Aktuelle Stunde zum Thema „Bildungschancen wahren – Schulen und Kindergärten offen lassen!“ abgehalten.
Abgeordnete Elvira Schmidt (SP) sagte, die Schule sei nicht nur ein Ort, wo Wissen vermittelt werde, sie sei auch der Ort, wo die Kinder einen sozialen Kontakt suchten. Deshalb sei es so wichtig, über Bildung und die Chancen für alle Kinder zu reden. Von den aktuellen Schulschließungen seien Eltern, Kinder, Pädagoginnen und Pädagogen sehr überrascht gewesen.
Der Minister habe bereits vor Wochen versprochen, dass FFP2-Masken an die Schulen geliefert würden. Die SP fordere einen geregelten Unterricht, die Kinder seien nicht diejenigen, wo Corona am meisten Risiko berge. Die Maturaklassen würden sehr viel an Lernzeit verlieren, man könne sie in den Turnsaal lassen. Das Bildungsthema sei kein parteipolitisches, jetzt gehe es um die Gesundheit.
Abgeordnete Mag. Indra Collini (Neos) hielt fest, dass die Bildungsschere mit jedem Tag weiter auseinanderklaffe. Alle seien dafür gewesen, die Schulen mit regulärem Unterricht offenzuhalten. Sie verstehe es daher nicht, warum die Bundesregierung die Schulen niedergefahren habe. Gerade bei Kindern müsse man sensibel sein und besonders abwägen. Die bildungspolitischen Verantwortlichen seien ihrer Verantwortung nicht nachgekommen. Auch die Bildungslandesrätin sei Antworten auf die von ihr gestellten Fragen schuldig geblieben. Sie erwarte sich Antworten und entsprechende Taten.
Abgeordneter Mag. Georg Ecker MA (Grüne) meinte, Kinder und Jugendliche seien besonders von dieser Krise betroffen. Das Fehlen von persönlichen Kontakten drücke aufs Gemüt. Zudem seien die Bildungseinrichtungen Lebensorte der Schüler. Die erneuten Einschränkungen seien eine Zumutung. Großer Dank gelte daher den Lehrkräften, die versuchten das Beste aus dieser Situation zu machen. Es gebe eine große Bandbreite zwischen Schulen offen zu halten und gänzlich zu schließen. Nun gehe es darum, sichere Schulen zu schaffen und er frage sich, warum nicht schon längst andere Lösungen vorbereitet worden seien.
Abgeordnete Vesna Schuster (FP) brachte einen chronologischen Abriss eines Wochentages in Zeiten von Homes-Schooling und Home-Office. Mit dem zweiten Lockdown erzähle man heute fast dasselbe wie vor acht Monaten, weil die Türkis-Grüne Regierung nichts dazugelernt habe. Man habe den Eindruck, dass die Regierung nicht gewusst hätte, dass im September die Schule beginne. Die Schulschließungen würden laut ihr jahrelange Konsequenzen nach sich tragen. Den Anspruch an die Sonderbetreuungszeit könne man „kübeln“, weil er nicht gelte. Es herrsche Chaos.
Abgeordnete Kathrin Schindele (SP) begann ihre Ausführungen mit Geschehnissen aus einer niederösterreichischen Volksschule. Kinder und Lehrer seien durch den Wind. Sie frage, warum es nicht rechtzeitig Konzepte gegeben habe. Wo bleibe die notwendige Unterstützung für die Schulen und warum seien Vorkehrungen nicht getroffen worden? Verlasse man sich darauf, dass alles irgendwie laufe? Dass es so halbwegs funktioniere, verdanke man den Pädagogen und Schulleitern und nicht dem Ministerium. Man müsse zeitnah darüber informieren, wie der Schulstart erfolge und jetzt die Weichen für die Zukunft stellen, damit man keine verlorene „Generation Corona“ bekomme. Man dürfe nicht vergessen, die Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen wertzuschätzen.
Abgeordnete Michaela Hinterholzer (VP) betonte, man durchlebe schwierige Zeiten, diese erforderten rasche und wirksame Lösungen. Die Infektionszahlen in Österreich seien drastisch gestiegen. Die Situation sei dramatisch, und jetzt gehe es darum, dass das Gesundheitssystem nicht überfordert werde. In dieser prekären Situation müsse die Gesundheit oberste Priorität haben. Die Maßnahmen des Lockdowns seien gut überlegt worden. Die Schulen und Kindergärten seien offen für Kinder, deren Eltern sie nicht betreuen können. Das Angebot werde auch angenommen. In den Kindergärten seien 33 Prozent in Betreuung. In den Schulen gebe es unterschiedliche Betreuungsquoten. Man habe auch technisch aufgerüstet, hielt sie fest. Sie bedankte sich bei den Pädagoginnen und Pädagogen für ihr großartiges Engagement. Es brauche jetzt Zusammenhalt, Durchhalten und Disziplin.
Abgeordneter Mag. Reinhard Teufel (FP) meinte, die Aktuelle Stunde habe das richtige Thema und den richtigen Titel. Er kritisierte den „Politsprech“ im Programm der Bundesregierung. Derzeit erlebe man eine „Realität des Chaos“ für Schüler, Lehrer und Familien. Es gebe bereits Studien aus der Schweiz, wo festgehalten werde, dass Kinder im Fernunterricht „so gut wie nichts“ lernten. Den Kindern würde hier die Zukunft verbaut werden.
Dritte Präsidentin Mag. Karin Renner (SP) sagte, sie wolle hier festhalten, dass die Abgeordnete Schmidt in ihrer Rede die Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich gelobt habe. Im Zusammenhang mit den Infektionszahlen hätten in Österreich im Vergleich zu Deutschland schon früher die Alarmglocken läuten müssen, meinte sie weiters.
Die folgenden Tagesordnungspunkte wurden bei getrennter Berichterstattung (jeweils Abgeordneter Handler und Hauer) und Abstimmung gemeinsam behandelt:
Änderung der Geschäftsordnung – LGO 2001. Der Ausschussantrag lautet auf Ablehnung.Erklärung gegen Islamismus und Terrorismus. Der Ausschussantrag lautet auf Ablehnung.Dokumentationsstelle politischer/radikaler Islam in NÖ. Der Ausschussantrag lautet auf Ablehnung.Verbot des „Politischen Islam“ analog zum Verbotsgesetz 1947. Der Ausschussantrag lautet auf Ablehnung.Sicherungshaft für potenzielle Gefährder.Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft von Dschihadisten. Der Ausschussantrag lautet auf Ablehnung.Maßnahmen im Sozialbereich bei Verurteilungen nach den §§ 278b ff StGB.Anti-Terror-Paket für Österreich.
Abgeordneter Mag. Helmut Hofer-Gruber (Neos) eröffnete die Debatte. Man stehe noch immer unter dem Eindruck der „abscheulichen Ereignisse“ des 2. November. Ein „unwürdiges Schauspiel“ seien für ihn auch die parteipolitisch motivierten Schuldzuweisungen. Es sei höchste Zeit, mit diesem „Hick-Hack aufzuhören“ und eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen. Sollte es ein Versagen gegeben haben, müssten die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden. Emotionen wären ein schlechter Ratgeber, und man sollte sich nicht zu einer „Anlass-Gesetzgebung hinreißen lassen“. Man habe es bisher vermieden, sich einer „konstruktiven Diskussion“ zu stellen.
Abgeordneter Mag. Georg Ecker MA (Grüne) dankte zu Beginn seiner Ausführungen allen Einsatzkräften, auch jenen aus Niederösterreich. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen hätten auch ein „eklatantes Versagen“ des BVT gezeigt. Die heute eingebrachten Anträge sind für ihn „ein Ablenkungsmanöver vom eigenen Versagen“. Vielmehr gelte es, das verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen. Dazu brauche es auch eine Neuorganisation der zuständigen Behörden. Darüber hinaus sollten gesetzliche Anpassungen durchgeführt werden, wo sie notwendig wären. Jede Maßnahme müsse sich aber im Rahmen der Verfassung bewegen.
Klubobmann Udo Landbauer, MA (FP) nannte die Wortmeldungen seiner Vorredner bezeichnend. Es herrsche das Motto „Es wird schon nicht noch einmal etwas passieren“ vor. Die FP sei mit Sicherheit keine Menschenhasser-Partei, er verachte aber Islamisten und Terroristen. Der Islamismus sei der größte Feind der freien demokratischen Gesellschaft. „Verfolgen, festnehmen und außer Landes bringen“ sei weder schwer zu verstehen noch umzusetzen. Die Zeit des Wegschauens müsse endlich vorbei sein. Man brauche ein Verbotsgesetz für den politischen Islam, eine Aberkennung der Staatsbürgerschaft für IS-Sympathisanten, Sicherheitshaft für tickende Zeitbomben, eine Verwehrung der Sozialhilfe für IS-Rückkehrer, eine blau-gelbe Dokumentationsstelle, einen jährlichen Bericht über den Stand des Islamismus und einen Codex für islamische Vereine und Moscheen inklusive der Auflösung radikaler Einrichtungen.
Klubobmann Reinhard Hundsmüller (SP) sagte, er wolle weder die Ereignisse noch die Gesamtsituation verharmlosen, aber auch nicht in die politische Agitationssprechweise seines Vorredners einstimmen. Er sei ein Zeitzeuge der Gründung des BVT, schon damals habe es große finanzielle und rechtliche Einschränkungen gegeben. Zudem sei organisatorisch einiges falsch gelaufen. Wenn man einen tatsächlichen großen Umbau wolle, brauche es einen massiven finanziellen Mitteleinsatz.Was man sich vorstellen könne, sei die Gründung eines Landessicherheitsrates als Analogie zum nationalen Sicherheitsrat. Der Abgeordnete brachte einen dementsprechenden Abänderungsantrag zum Antrag betreffend Änderung der Geschäftsordnung – LGO 2001 ein. Zum Antrag betreffend Anti-Terror-Paket für Österreich brachte er einen Antrag auf getrennte Abstimmung ein.
Zweiter Präsident Mag. Gerhard Karner (VP) sagte, dass der 2. November ein schrecklicher Tag gewesen sei. Er betonte, dass auch Kräfte aus Niederösterreich im Einsatz gewesen seien, Polizistinnen und Polizisten und Rettungskräfte vom Roten Kreuz und dem Arbeiter-Samariter-Bund, hob er explizit beide Rettungsorganisationen hervor, da im Antrag nur das Rote Kreuz genannt werde. Die Frage sei, wie man als Gesellschaft, als Politik auf dieses furchtbare Ereignis reagiere. Er führte aus, dass Innenminister Karl Nehammer mit Ruhe und Besonnenheit in dieser Ausnahmesituation reagiert habe, das sei richtiges und vernünftiges Regieren. Die Bundesregierung habe sehr rasch ein Anti-Terror-Paket beschlossen und das werde auch umgesetzt. Ein Antrag der VP dazu solle diese Maßnahmen unterstützen und umfasse außerdem zusätzliche. Davon ein zusätzliches Gremium einzuführen, halte seine Fraktion nichts, denn der Terrorismus sei nationale Aufgabe.
Abgeordneter Erich Königsberger (FP) betonte, dass Innenminister a.D. Herbert Kickl, nichts an die Öffentlichkeit gebracht habe. Er habe nur das wiedergegeben, was am Vortag schon in den Zeitungen zu lesen gewesen sei. Man habe seitens der FP eine Fülle an Anträgen eingebracht und zwar mit einem klaren Ziel: Terror, religiöser Fanatismus, Hass bis hin zur Ermordung, etc. hätten nichts in unserem Land verloren und man müsse dagegen mit aller Härte vorgehen – auch wenn es dazu Änderungen in der Verfassung bräuchte. Die VP habe aber bereits alle Anträge bis auf einen im Ausschuss abgelehnt.
Abgeordnete Dr. Helga Krismer-Huber (Grüne) äußerte sich zum Thema „verantwortungsvolles Regieren“, von dem Präsident Karner gesprochen habe. Sie wolle mit ihm gerne den Diskurs darüber führen, was verantwortungsvolles Regieren sei. Das sei es wohl nicht, wenn bei derartigen Fehlern im Innenministerium sofort die Justizministerin angegriffen werde. Jetzt gelte es, Antworten zu geben und das relativ rasch.
Der Abänderungsantrag des Abgeordneten Hundsmüller zum Antrag der Abgeordneten Landbauer u.a. betreffend Änderung der Geschäftsordnung – LGO 2001 wurde abgelehnt. Der Hauptantrag sowie sämtliche weitere Anträge der Abgeordneten Landbauer u.a., die auf Ablehnung lauten, wurden angenommen.
Der Antrag der Abgeordneten Landbauer u.a. betreffend Sicherungshaft für potenzielle Gefährder wurde mit Stimmen von FP, VP und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Der Abänderungsantrag des Abgeordneten Landbauer zum Antrag des Abgeordneten Hauer betreffend Maßnahmen im Sozialbereich bei Verurteilungen nach den §§ 278b ff StGB blieb in der Minderheit. Der Hauptantrag wurde mit Stimmen von Neos, SP und VP angenommen.
Der Antrag auf getrennte Abstimmung des Antrags der Abgeordneten Michalitsch u.a. betreffend Anti-Terror-Paket für Österreich wurde einstimmig angenommen. Punkt 1 des Antrags wurde mit Stimmen von VP und Grüne angenommen, Punkt 2 wurde ebenfalls angenommen und zwar mit allen Stimmen bis auf Grüne und Neos.
Quelle: Land Niederösterreich