vonRedaktion International
APRIL 11, 2025
Noch verbirgt sich das Juwel der Wiener Moderne hinter Gerüst und lichtem Baunetz, im Inneren sind Geländer, Säulen, Treppen zum Schutz der historischen Substanz mit OSB-Platten verkleidet, restaurierte Fenster harren ihres Wiedereinbaus. Seit dem Beginn der Sanierungsarbeiten an der 650-Quadratmeter großen, denkmalgeschützten Villa Beer ist viel geschehen: dank Bauherr Lothar Trierenberg werden der interessierten Öffentlichkeit via Blog regelmäßig fundierte Einblicke in die Restaurierung und die Aktivitäten auf der Baustelle gegeben.
Aus Anlass des 140. Geburtstags von Architekt Josef Frank 2025 will Trierenberg die Villa Beer, ein architektonisches Juwel der Wiener Moderne und Baudenkmal von internationaler Bedeutung, als Hausmuseum öffentlich zugänglich machen. „Das Engagement und die Feinfühligkeit, mit der hier ein privater Bauherr das Baudenkmal mit hohem finanziellen Aufwand sichert, obendrein einer zeitgemäßen ökologischen Sanierung unterzieht und dem Publikum öffnen wird, ist einzigartig“, lobt Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „Die Öffnung von Villa und Garten für die interessierte Öffentlichkeit im musealen Rahmen ist der Stadt Wien ein großes Anliegen. So kann Architekturgeschichte und das Raumgefühl dieses einzigartigen architektonischen Meisterwerks sich unmittelbar vermitteln.“
Die Villa Beer Foundation unter Lothar Trierenberg hat bei allen Planungen zur künftigen Nutzung die Gemeinnützigkeit mitgedacht. Damit wird der Geist der ursprünglichen Villenbesitzer, der Familie Beer, bewahrt, die das Haus auch als Ort für größere Gesellschaften und kulturellen Austausch errichten ließ. In Anerkennung dieses hohen Aufwands möchte die Stadt Wien die Arbeiten am Haus mit Mitteln des Altstadterhaltungsfonds, im Sinne der Bewahrung dieses ikonischen Gebäudes für das Stadtbild, unterstützen. In der Sitzung vom 4. April wurde daher von den Mitgliedern des Beirats eine Förderung in Höhe von 500.000 Euro bewilligt. „Nun auch zusätzlich zur ideellen Unterstützung der Stadt Wien einen finanziellen Beitrag zu erhalten, hilft uns enorm. So können wir in Teilbereichen Dinge noch detaillierter bearbeiten, vor allem aber ist es eine schöne Anerkennung unseres Engagements“, betont Lothar Trierenberg.
Im Zuge der umfangreichen Sanierung wurden im vergangenen Jahr schon große Arbeiten umgesetzt. Der Keller wurde von Grunde auf isoliert und mit einer neuen Bodenplatte ausgestattet, das Dach und die gesamte Haustechnik wurden erneuert und das Haus in vielen Teilen wieder in den Originalzustand zurückgeführt. Die Förderung des Altstadterhaltungsfonds fließt in die Sanierung der sichtbaren Außenhülle. Der historische Gartenzaun zu Straße ist fast zur Gänze wiedergestellt, die Fassade wird in den nächsten Wochen verputzt und die Metall-Kastenfenster, die zu 100 Prozent erhalten sind, werden nach historischen Verfahren saniert.
Im Fokus des künftigen Hausmuseums, steht die Vermittlung der Architektur des 1929-1930 errichteten, viergeschossigen Wohnhauses. Zentralen Stellenwert hat aber ebenso der zeitgeschichtliche Kontext: Aufgearbeitet werden die Biografien ihrer Architekten und der Bauherrenfamilie Beer, deren Lebensläufe stellvertretend für jene zahlreicher anderer, in den 1930 zur Emigration gezwungener Wiener Jüd*innen stehen.
Das zu den Hauptwerken der Wiener Moderne und zu den bedeutendsten Beispielen der Wohnkultur der Zwischenkriegszeit zählende Gebäude befindet sich in der Wenzgasse 12 in der Hietzinger Cottage, nur 250 Meter entfernt von Adolf Loos‘ „Haus Scheu“, einer anderen architektonischen Ikone jener Zeit. Die Villa Beer zählt neben dem Haus Rietveld in der Werkbundsiedlung und der Wohnung von Margarete Schütte-Lihotzky zu den drei vom internationalen Netzwerk „Iconic Houses“ in Wien gelisteten Häusern.
1929 hatte die Industriellenfamilie Beer das Grundstück erworben, noch im selben Jahr startete die Bautätigkeit durch die Architekten Josef Frank und Oskar Wlach, den neben Loos und Hoffmann führenden Vertretern der zweiten Wiener Moderne. Die Villa verwirklicht Franks Ideen auf ideale Weise: Sie folgt einem offenen Raumkonzept, das konventionelle Geschoßgrenzen und Zimmerteilungen verneint und jedem Raum einen Zugang nach draußen ermöglicht. Die Villa Beer sollte nicht nur Wohnort der Familie Beer sein, sondern Raum für den Empfang von Gästen und musikalische Soireen bieten. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen sie aber bereits 1932, ein Jahr nach dem Einzug, Haus und Grundstück zu verpfänden.
Nach dreijährigen Vorarbeiten, die der Erforschung der historischen Bausubstanz, ihrer Architekten und Bauherren gewidmet waren, starteten Ende März 2024 in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und zahlreichen Spezialist*innen die Sanierungsarbeiten (Leitung: Architekt Christian Prasser). In deren Rahmen werden sämtliche noch vorhandene Elemente des Innenraumes und der Fassade renoviert, Fehlstellen nach bauzeitlichem Vorbild ergänzt. Danach sind Erdgeschoß, erstes Obergeschoß und Teilbereiche des Dachgeschoßes in ihrer ursprünglichen Raumabfolge erlebbar und bieten Platz für Ausstellung und kulturelle wie wissenschaftliche Veranstaltungen. Unter dem Dach entsteht zusätzlicher Raum für ein „Research/Artist-in-Residence“-Programm. Die für den musealen und kulturellen Betrieb notwendige Infrastruktur wird im Keller untergebracht; eine Erweiterung der Unterkellerung schafft Raum für Schaulager und Archiv.
Weiterführende Informationen:
Villa Beer Foundation
www.villabeer.wien
Quelle: Stadt Wien