vonRedaktion Salzburg
MAI 31, 2022
Haltungsvorgaben für Schweine müssen nach Begutachtung dringend nachgebessert werden
Es ist die wohl "größte Sauerei" im Tierschutzpaket der Bundesregierung: Die fehlenden Verbesserungen in der Schweinehaltung und die geplante Einbetonierung des Vollspaltenbodens in den heimischen Ställen lösen seit Wochen Protest und Unverständnis aus. Nun haben sich Vertreter*innen aus Wissenschaft, Veterinärmedizin, Landwirtschaft und Umweltschutz zu Wort gemeldet. Ihre Forderung: Schluss mit Tierleid verursachenden Haltungsbedingungen, und zwar jetzt. Die Begutachtungsfrist für das Tierschutzpaket endet am Mittwoch.
Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, Bio-Schweinebauer Norbert Hackl, Gesundheitsmediziner Hans-Peter Hutter, Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei und Tierethiker und Veterinärmediziner Rudolf Winkelmayer haben der Tierschutzombudsstelle Wien unter dem Titel "Stoppt den Vollspaltenboden" ihre Statements zum Thema zur Verfügung gestellt. "Die Einigkeit über alle Disziplinen hinweg zeigt: Die Mindeststandards, die die Bundesregierung im sogenannten Tierschutzpaket für die landwirtschaftliche Tierhaltung vorschlägt, sind für die Gesellschaft von heute und die besonderen Herausforderungen, vor denen sie steht, schlichtweg ungenügend", so Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien. "Was morgen als Novelle verkauft werden soll, ist in Wahrheit von vorgestern."
Eine konkrete Vision, wie das Morgen aussehen kann, hat Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich: "Weniger Fleisch, dafür bessere Bedingungen für die Tiere sowie Preise von denen Bäuerinnen und Bauern leben können – das wäre eine echte Win-Win-Win-Situation."
Dass es nach zwei Jahren Pandemie kein Zurück zu einem Lebensstil geben darf, der "auf maßloser Ausbeutung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und einem hohen Maß an menschlichem und tierischem Leid beruht", stellt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter klar. "Klimakrise – Biodiversitätskrise – Gesundheitskrise. Das ist unser Hier und Jetzt. Eine lebenswerte, gesunde Zukunft erfordert eine grundlegend neue Herangehensweise, wie wir produzieren, konsumieren und welche Werte wir priorisieren", so Hutter.
Die Rückwärtsgewandtheit der politisch Verantwortlichen wird vom Tierethiker und ehemaligen Amtstierarzt Rudolf Winkelmayer kritisiert: […] wenn wir beim heutigen Stand des Wissens noch immer so rückständig handeln, wie es die nur zaghaften Änderungspläne des Tierschutzrechts befürchten lassen, dann hat unsere Rationalität versagt und mit ihr unsere Humanität."
Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb appelliert nicht nur im Sinne des Klimaschutzes für einen veränderten Umgang mit unseren "sogenannten Nutztieren". "Tiere im Dienst der Menschen zu halten mag unvermeidbar sein, aber die Ethik gebietet, dass diesen ihre Dienstbarkeit so angenehm wie möglich gestaltet wird, ihre Haltung so artgerecht wie möglich erfolgt", stellt Kromp-Kolb in ihrem Statement klar.
Norbert Hackl, Gründer und Betreiber des Biohofes Labonca, hält fest, dass beinahe alle Haltungsformen in der Landwirtschaft in keiner Weise oder nur teilweise den Kriterien einer bedürfnisgerechten Haltung entsprechen. "Vollspaltenböden sind das Schlimmste, das man einem Schwein antun kann, dennoch prägen Vollspaltenböden das Leben der meisten Schweine in unserem Land."
"Dieses „Tierschutzpaket" muss grundlegend überarbeitet werden, bevor es im Nationalrat abgestimmt bzw. vom Bundesgesundheitsminister erlassen wird", fordert die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy abschließend. "Wir erwarten uns, dass dies nach dem Ende der Begutachtungsfrist am Mittwoch umgehend geschehen wird."
Quelle: Stadt Wien