vonRedaktion Salzburg
SEPTEMBER 06, 2023
Mit einem Hochwasserscheitel von 410 Zentimetern am Pegel Huben hat die Ötztaler Ache am Montag vergangener Woche den Wert für ein 100-jährliches Hochwasser (HQ 100) überschritten. Die Pitze, die Ruetz, die Sill und der Ziller erreichten Abflüsse im Bereich eines Hochwassers, wie es statistisch alle 30 Jahre vorkommt (HQ 30).
„Die Betreiber unserer großen Speicherkraftwerke haben beim Hochwasserereignis der letzten Woche sehr vorausschauend und verantwortungsvoll agiert und damit einen Beitrag geleistet, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind“, bedankt sich LHStv Josef Geisler bei TIWAG, VERBUND und Illwerken. Einmal mehr habe sich gezeigt, dass die großen alpinen Kraftwerksspeicher vor allem in den Seitentälern wie dem Kaunertal, dem Pitztal und dem Zillertal zum Hochwasserschutz maßgeblich beitragen.
Rückhalt von Speicherkraftwerken berücksichtigt
Aber die Wirkung der Speicherkraftwerke nimmt flussab deutlich ab. „Die Speicherkraftwerke sind daher keinesfalls ein Ersatz für Hochwasserschutzmaßnahmen im Tal“, unterstreicht Energie- und Wasserwirtschaftsreferent LHStv Josef Geisler. Jedes Hochwasser ist anders. „Ob und in welchem Ausmaß die alpinen Kraftwerksspeicher dämpfend wirken, hängt immer von der räumlichen und zeitlichen Niederschlagsverteilung ab“, weiß Georg Raffeiner vom Hydrographischen Dienst des Landes Tirol. Der Kraftwerksrückhalt ist in den Hochwasserkennwerten und den darauf aufbauenden Schutzprojekten auch entsprechend berücksichtigt.
Kein Wasser aus Speichern abgegeben
Nach der Hochwasserwarnung des Landes Tirol haben sich die Kraftwerksbetreiber TIWAG und VERBUND technisch und personell auf die Hochwassersituation vorbereitet und in weiterer Folge den Betrieb der Speicherkraftwerke eingestellt, um die Gewässer zu entlasten. Aus den direkt in die Kraftwerksspeicher fließenden Bächen ist somit kein Wasser in die darunterliegenden Gewässer und in weiterer Folge in den Inn gelangt.
„Darüber hinaus haben wir große Anstrengungen unternommen, um auch die Wasserüberleitungen aus dem Pitztal in den Speicher Gepatsch im Kaunertal sowie aus dem Stubaital und Sellraintal in die Speicher Längental und Finstertal im Kühtai zu gewährleisten“, schildert Lukas Larl-Zögernitz, Abteilungsleiter Kraftwerksbetriebsführung bei der TIWAG. 125.000 Liter Wasser pro Sekunde, die sonst die Hochwassersituation verschärft hätten, konnten durch die getroffenen Maßnahmen in den Speichern der TIWAG aufgefangen werden. „Das hat zu einer deutlichen Entlastung des Kaunertals, aber auch des Pitztals, des Stubaitals und des Sellraintals geführt“, so Zögernitz. Am Inn in Innsbruck machte die Rückhaltewirkung der Speicherkraftwerke im Oberland immerhin noch rund 20 Zentimeter aus.
Zusatznutzen durch Pumpbetrieb
Bei den VERBUND-Kraftwerken im Zillertal wurden am Montag, den 28. August über 24 Stunden rund 1,3 Milliarden Liter Wasser in den Speichern der Kraftwerksgruppe zurückgehalten. Um Platz im relativ kleinen Stillup-Speicher zu schaffen, wurden von dort rund 290 Millionen Liter Wasser in den höher gelegenen Speicher Zillergründl gepumpt. „Wir hätten auch noch weitere Reserven gehabt“, versichert Werksgruppenleiter Marco Fiegl.
„Ohne die Speicher im Zillertal wäre die Situation auch am Pegel Brixlegg am Inn eine andere gewesen. Der Hochwasserscheitel wäre dort bis zu 30 Zentimeter höher gewesen “, rechnet Georg Raffeiner vom Hydrographischen Dienst des Landes Tirol vor. „Das wiederum hätte zu größeren Schäden auch im Siedlungsgebiet geführt“, weiß Stefan Walder von der Abteilung Wasserwirtschaft. Auch er betont die Notwendigkeit von Hochwasserschutzprojekten im Nahbereich der gefährdeten Flächen im Tal. Solche größeren, gemeindeübergreifenden Projekte, die Schutz vor einem 100-jährlichen Hochwasserereignis bieten sollen, sind nicht nur im Unterinntal, sondern auch im Oberinntal im Bereich Zams/Schönwies sowie an der Brixentaler Ache in Umsetzung und Bearbeitung.
240 Millionen Liter weniger in Trisanna und Rosanna
Das Paznaun – vom Hochwasser 2005 schwerstens getroffen – hat beim vergangenen Hochwasser im Vergleich zu den anderen betroffenen Gebieten von geringeren Regenmengen, einer niedrigeren Schneefallgrenze und den Wasserableitungen nach Vorarlberg profitiert. 240 Millionen Liter Wasser aus den Überleitungen Kops Ost und Schönverwall sind im Zeitraum von 14 Stunden in die Speicher der Illwerke statt in die Trisanna und in die Rosanna geflossen.
Quelle: Land Tirol