vonRedaktion International
OKTOBER 21, 2020
18.05 Uhr. Die Dämmerung setzt ein. Und mit ihr steigen Rauchschwaden in den Himmel auf. Ein alter Bauernhof steht in Flammen. Nur wenige Zeit später heulen die Sirenen. Die Feuerwehr rückt an. Jetzt geht es um jede Sekunde. Ist noch jemand im Haus? Sind Tiere betroffen? Wo zuerst löschen? Nur wenige Zeit später ist der Brand unter Kontrolle, die Hofbesitzer atmen auf.
In Situationen wie dieser ist die Feuerwehr unerlässlich. Aber auch bei Autounfällen, Überflutungen, Sturmeinsätzen oder wenn ein Wespennest die Idylle auf der Terrasse trübt, ist sie zur Stelle. Als wichtiger Teil einer funktionierenden Gesellschaft müssen die Wehren auch für künftige Herausforderungen gewappnet sein und sich stets weiterbilden und weiterentwickeln. Die folgenden Themenbereiche zeigen, wohin die Reise in Zukunft geht:
Demographische Veränderungen bei den Mitgliedern
In Österreich wird das Ehrenamt nach wie vor großgeschrieben, trotzdem klagen vor allem kleinere Feuerwehren am Land oder Wehren in Großstädten oft über fehlenden Nachwuchs. Aus diesem Grund wurde das Eintrittsalter in die Freiwillige Feuerwehr herabgesetzt: Seit 2019 können nun bereits Achtjährige Feuerwehrluft schnuppern. Eine der größten Herausforderungen liegt später darin, die Sechzehnjährigen so vom Feuerwehrdienst zu überzeugen, dass sie danach direkt in den Aktivstand wechseln und damit der Truppe erhalten bleiben.
Neben der Jugend spielt die Generation 50 plus in vielen Wehren eine entscheidende Rolle. Auch für sie müssen die Rahmenbedingungen passen, genauso wie für die Reservisten, die ebenfalls in die große Feuerwehrfamilie integriert werden müssen.
Apps, Digitalkameras & digitale Helferlein
Digitalisierung ist im Feuerwehrwesen ein weiteres großes Thema. Moderne Einsatzleitsysteme, die auf dem Smartphone und dem Tablet installiert werden können, eine digitalisierte Dokumentenablage oder ein digitalisierter Materialdienst und diverse hilfreiche Apps sind bereits Realität, komplette Einsatzpläne direkt auf dem Smartphone oder virtuelle Assistenten aller Art ebenfalls schon bald denkbar. Auch Smart Home und Smart Building Sensorik sind wichtige Schlagwörter in diesem Zusammenhang. Mit Hilfe einer solchen modernen Sensorik könnte die Mannschaft zum Beispiel bereits bei der Anfahrt zum Einsatzort entsprechende Prognosen über den Schaden und die Anzahl der betroffenen Personen erhalten. Von einer Echtzeitlokalisierung von Einsatzkräften ist ebenso immer öfter die Rede.
Einsatzfahrzeuge und -ausstattungen am Puls der Zeit
Ebenfalls keine Zukunftsmusik mehr: vollelektrisch angetriebene Feuerwehrfahrzeuge mit spezifischen Aufbaumöglichkeiten, wie sie der österreichische Hersteller Rosenbauer vor kurzem auf den Markt gebracht hat. Auch digitale Helferlein im Einsatzfahrzeug selbst sind immer wieder Thema. Das Frankfurter Forschungsprojekt SIRENE (Secure and Intelligent Road Emergency NEtwork) beschäftigt sich beispielsweise mit der Frage, wie Einsatzfahrzeuge in urbanen Gebieten gezielt beschleunigt werden können, indem Lichtsignalanlagen und ein intelligentes Routing kombiniert werden. Feuerwehrmitgliedern würde so – unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage und Hindernissen wie Baustellen – die optimale Route zum Einsatzort angezeigt. Sobald sich das Fahrzeug auf exakt dieser Strecke befindet, werden nur jene Lichtsignalanlagen mit einer Priorisierung aktiviert, die das Auto tatsächlich passieren wird.
Neue Arbeitszeitmodelle für eine höhere Einsatzbereitschaft
Für Einsätze nach Feierabend oder am Wochenende finden sich meist genügend Freiwillige, heulen die Sirenen jedoch einmal unter der Woche vormittags oder mittags minimiert sich die Anzahl der verfügbaren Mitglieder schnell. Die Bereitschaft vieler Firmen, ihren Mitarbeitern Home-Office zu ermöglichen, die sich nun auch in Corona-Zeiten gezeigt hat, könnte hier Abhilfe verschaffen. Flexiblere Arbeitszeiten und Gleitzeitmodelle sind weitere Maßnahmen, die zur Verbesserung beitragen können.
Weiterbildung und Flexibilität als wichtigste Kriterien
Produktzyklen sind heutzutage um ein Vielfaches kürzer als noch vor einigen Jahren, die Anzahl der Neuerfindungen und Neuerscheinungen steigt damit rasant. Die Folge: Immer mehr Technologien finden in immer kürzeren Abständen den Weg in unseren Alltag. Das heißt aber auch: Die Wehren müssen diese Technologien ebenso verstehen und beherrschen, um im Ernstfall zu wissen, mit welchen Risiken sie rechnen müssen. Egal, ob Photovoltaik-Anlagen am Dach, alternative Antriebsmöglichkeiten in Fahrzeugen oder moderne Akkus in allerlei Gerätschaften – hier ist es wichtig, stets am Ball zu bleiben, wodurch Weiterbildung und Wissensvermittlung zu einem immer wichtigeren Kriterium geworden sind. Gleichzeitig nehmen Naturkatastrophen und Einsätze größeren Ausmaßes zu. Man denke nur an Stürme, die ganze Landstriche verwüsten oder Überflutungen, die Dörfer in Mitleidenschaft ziehen. Hier gilt es, flexibel zu bleiben, um auch solche Einsätze gut zu meistern.
Der Mensch bleibt wichtigstes Gut
Doch trotz aller Veränderungen und Innovationen im Feuerwehrwesen ist der Mensch auch in diesem Zusammenhang nach wie vor das höchste Gut. Denn keine digitale Erfindung wird das Wissen und vor allem die Intuition und das richtige Gespür eines erfahrenen Einsatzleiters ersetzen können. Er kennt zudem seine Mannschaft, weiß, wen er wo und wie einsetzen kann, kennt die Umgebung und kann von einem reichen Erfahrungsschatz profitieren. Eine wichtige Unterstützung sind moderne Erfindungen allerdings allemal.