Innsbruck: Über Müll und die Welt

vonRedaktion International
NOVEMBER 26, 2022

Foto: M. Freinhofer

Büchsenhausen-Stipendiatin Bettina Knaup vorgestellt

Seit 2003 bietet das Internationale Fellowship-Programm für Kunst und Theorie im Künstlerhaus Büchsenhausen für KünstlerInnen die Möglichkeit, überregionale Kunst- und Gesellschaftsdiskurse mit lokalen Themen in Zusammenhang zu bringen und reflektieren. Für das Jahr 2022/23 wurde die Künstlerin Bettina Knaup ausgewählt.

„Bettina Knaup beschäftigt sich in ihrer Arbeit ‚common wastes‘ mit einem aktuellen gesellschaftlichen, umweltpolitisch brisanten und globalen Thema, das für WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen gleichermaßen interessant ist und uns alle betrifft. Knaup untersucht den Umgang mit Müll und seine Rolle als eine Form von Gemeingut und Kulturerbe“, hielt Kulturstadträtin Mag.a Uschi Schwarzl fest. Die Stadt Innsbruck unterstützt das Programm seit 2005 mit einem jährlichen Arbeitsstipendium, aktuell in der Höhe von 6.000 Euro.

Zur Künstlerin

Bettina Knaup, freie Kuratorin und Autorin (Berlin), hat zahlreiche internationale Festivals, Ausstellungen und Projekte (ko-)kuratiert, darunter das International Festival of Contemporary Arts City of Women (Ljubljana, 2001–2004), performing proximities (Beursschouwburg, Brüssel, 2008), performance platform. body affects (Sophiensaele, Berlin, 2012) und das Archiv- und Performanceprojekt re.act.feminism, das von 2008 bis 2013 durch Europa tourte (u.a. Akademie der Künste Berlin, Fundació Antoni Tàpies, Barcelona, Wyspa Institute of Art, Gda?sk, Tallinn Art Hall) und 2022 im Rahmen der Manifesta 14 in Pristina eine Neuauflage erfuhr. Sie publiziert, unterrichtet und arbeitet regelmäßig mit anderen KünstlerInnen und KuratorInnen zusammen.
Mehr dazu unter https://www.reactfeminism.org/

Zum Projekt „common wastes“

Im Rahmen ihres Fellowships arbeitet die Kuratorin Bettina Knaup an ihrem neuen Projekt „common wastes“ – einem langfristigen, transnational ausgerichteten Residenz- und Forschungsvorhaben, das modellhaft Kunstinstitutionen und Abfallinfrastrukturen (wie Deponien oder Recyclinganlagen) in dauerhafte Beziehungen und Austauschprozesse einbinden möchte.

Die (neo-)koloniale Praxis, toxische Überreste zu exportieren, auszulagern, zu versenken und zu vergessen, stößt zunehmend auf Widerstand und auch an faktische Grenzen. Müll verschwindet nicht, er taucht wieder auf, und er bleibt, nahezu überall, wenn auch nicht gleichmäßig verteilt. So betrachten WissenschaftlerInnen die zahllosen über den ganzen Planeten verstreuten Mülldeponien des 20. und 21. Jahrhunderts bereits als das größte menschliche Vermächtnis auf dem Planeten Erde. Vielleicht sind diese großteils unterirdischen Formationen sogar alles, was bleiben wird – ein verteiltes, groß angelegtes Reste- und Materiallager, Archiv oder gar Kulturdenkmal? Das Projekt „common wastes“ schlägt daher vor, die in die Erde, Luft und Wasser exzessiv eingebrachten Müllmengen als eine Form des Gemeinguts und des Kulturerbes zu erforschen, aber auch das Wachstumsparadigma und Produktivitätsethos von Kunst- und Kulturinstitutionen einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Bettina Knaup untersucht unter anderem, was es für das Künstlerhaus Büchsenhausen bedeuten könnte, seine Abfälle – die verworfenen Projekte, verbrauchten Energien und Materialien, die meist unsichtbaren Beziehungen zu den unterschiedlichsten InstandhaltungsarbeiterInnen, die den Betrieb einer Institution ermöglichen – zur Kenntnis zu nehmen, zu berücksichtigen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.

Mehr unter www.buchsenhausen.at/fellow/bettina-knaup/


Quelle: Stadt Innsbruck

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