vonOTS
JULI 06, 2023
Unter Leitung des AIT Center for Technology Experience entsteht im Projekt FWSafeXR eine Trainingslösung in Extended Reality (XR) für alle, die in der Forstwirtschaft tätig sind.
Kann Training mithilfe von VR-Brillen und simulierten Szenarien die Arbeitssicherheit im Wald erhöhen? Wie können sicherheitskritische Aspekte der Waldarbeit durch Simulation erlebbar und erfahrbar gemacht werden? Diese Fragen werden im Forschungsprojekt „FWSafeXR“ am AIT Center for Technology Experience gemeinsam mit Partnern aus dem Umfeld der forstlichen Ausbildung, Sicherheit und Gesundheit erforscht.
Das Unfall- und Gefahrenpotenzial bei der Waldarbeit ist hoch: Es wird mit großen Gewichten und hohen Spannungen gearbeitet, Forstmaschinen und Geräte wie die Motorsäge sind bei falscher Anwendung potenziell sehr gefährlich. Die Statistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) der vergangenen fünf Jahre zeigt: Etwa ein Drittel aller tödlichen Arbeitsunfälle sind Forstunfälle. 1.900 Menschen müssen jährlich aufgrund von Waldunfällen im Krankenhaus behandelt werden – sehr oft handelt es sich hier um schwere Verletzungen. Mit guter Arbeitsvorbereitung und gezieltem Training könnte die Arbeitssicherheit um einiges erhöht werden. Arbeitssicherheit wird allerdings oft nicht ausreichend trainiert. Das führt dazu, dass viele Personen nur wenig Übung haben und in vielen Situationen nicht wissen, wie sie richtig agieren sollten.
Ziel: Erhöhung der Arbeitssicherheit und weniger Unfälle
Ziel des Projekts FWSafeXR ist es, die Unfallrate in der Forstarbeit durch virtuelles Training zu senken. Die Herausforderung dabei ist es, sicherheitsbezogene Trainingsinhalte in der Forsttechnik zu identifizieren und in Extended Reality (XR) Technologie zu simulieren. Dies schließt auch den Bereich der medizinischen Ersthilfe im Wald mit ein, der sehr eng mit sicherheitsrelevanten Aspekten in der Forsttechnik verwoben ist. Weiters wurde ein Gamification-Konzept entwickelt, um das Training mittels spielerischer Elemente anzureichern.
“Der besondere Vorteil von XR-Technologien liegt darin, dass Auszubildende gefährliche Situationen realitätsgetreu simuliert in einer sicheren Umgebung erleben können, ohne sich realen Gefahren aussetzen zu müssen“, erklärt AIT Projektleiter Raimund Schatz vom Center for Technology Experience. „Gerade im forstwirtschaftlichen Bereich haben XR-basierte Lern- und Erlebnisräume viel Potenzial, weil sie spielerisches, wiederholbares Erfahrungslernen ermöglichen. Damit erreichen wir auch eine nachhaltige Veränderung des Verhaltens der trainierenden Forstarbeiter:innen in realen Arbeitssituationen“, ist Schatz überzeugt.
Das Projekt verfolgt einen multi-disziplinären mensch-zentrierten Ansatz, der sicherstellt, dass alle relevanten Stakeholder:innen (Ausbildner:innen, Fachexpert:innen, Auszubildende etc.) vollständig in die Entwicklung eingebunden sind. Ihre Anforderungen und Bedürfnisse sollen von den entwickelten Prototypen abgedeckt werden. Zusätzlich wird der Entwicklungsprozess von einer empirischen Studie begleitet. Neben dem AIT Center for Technology Experience als Projektkoordinator sind die Forstlichen Ausbildungsstätten (FAST) Traunkirchen und Ossiach des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), das Österreichische Rote Kreuz Landesverband Oberösterreich, der Arbeiter-Samariterbund-Österreich und die MINDCONSOLE GmbH am Projekt beteiligt.
Drei Ausbildungsmodule – Evaluationsstudie im Juni
Im Zuge des Projekts werden drei Ausbildungsmodule als XR-Prototypen entwickelt.
1) Vorbereitende Maßnahmen vor dem Arbeitseinsatz im Wald
2) Sicherheitsrelevante Aspekte der Baumfällung (inkl. Sicherung des Geländes)
3) Anforderung und Einweisung eines Rettungshubschraubers nach einem Arbeitsunfall
Diese XR-Trainings-Prototypen wurden gemeinsam mit den Expert:innen der FAST Traunkirchen und Ossiach, mit dem Österreichischen Roten Kreuz Landesverband Oberösterreich und dem Arbeiter-Samariterbund-Österreich auf Richtigkeit und Funktionalität getestet. Darüber hinaus fand im Juni eine großangelegte Evaluationsstudie statt, an der 70 Personen der FAST Traunkirchen teilnahmen. In der Studie wurde einerseits die User Experience und Akzeptanz der XR-Prototypen sowie andererseits auch der Mehrwert von virtuellem Training gegenüber traditionellen Lernmethoden anhand von objektiven Lerntransferkriterien untersucht.
„Das Spannende an diesem Projekt ist, dass wir erstmalig einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirkung von XR-basiertem Training in der forstlichen Ausbildung erhalten“, sagt Florian Hader, Leiter der FAST Traunkirchen. „Die Reaktionen der Teilnehmer:innen waren bisher durchwegs positiv: Das XR-Training macht nicht nur Spaß. Es motiviert auch, verschiedene Handlungsoptionen zu erkunden, darüber zu reflektieren und korrekte Abläufe durch Wiederholung zu festigen“, zeigt sich Hader begeistert.
AIT Forscher Dr. Andreas Sackl, Leiter der Evaluationsstudie, erläutert: „Erste Auswertungen der Studienergebnisse zeigen sehr positive Ergebnisse: XR-trainierte Teilnehmer:innen machen im praktischen Test viel weniger Fehler im Vergleich zu jenen Personen, die auf traditionelle Art unterwiesen wurden. Die XR-trainierten Teilnehmer:innen sind während der Ausübung der erlernten Tätigkeiten auch mental geringer belastet und haben viel seltener Frustrationserlebnisse.“
Anwendungsbereiche und Ausblick
Viele der in FWSafeXR entwickelten Inhalte sind nicht nur im forsttechnischen Kontext relevant, sie können darüber hinaus auch in anderen Anwendungsbereichen (z.B. Landwirtschaft, Outdoor- und Freizeitaktivitäten im Sommer und Winter) verwendet werden, um die passive Sicherheit zu erhöhen bzw. Verhalten in Notfallsituationen entsprechend trainieren zu können. „Die Projektergebnisse dienen nicht nur der Verbesserung der forstwirtschaftlichen Ausbildung, sondern sie kommen auch allen Organisationen im Sicherheits- und Gesundheitsbereich zugute. Denn durch XR-basierte Ausbildungssimulationen werden praxisnahe, direkt durchlebbare interaktive Lernsituationen geschaffen, die die Kursteilnehmer:innen besser auf Gefahren- und Notsituationen vorbereiten. Wir profitieren hier stark von der Zusammenarbeit mit unseren Partner:innen aus diesem Bereich“, so Hader.
Deshalb sollen sowohl Projekterfahrungen als auch Arbeits- und Nutzungsergebnisse in der künftigen Planung von Kursen und Fortbildungen berücksichtigt und damit vorhandene E?Learning Angebote erweitert und ergänzt werden. „Die Erfahrungen und Ergebnisse dieses Projekts sind wegweisend für weitere Schritte in der Arbeitssicherheit, Prävention und Hilfeleistung“, fasst AIT Projekteiter Raimund Schatz zusammen.
Förderhinweis
Das Projekt FWSafeXR wird im Rahmen des Ressortforschungsprogramms über dafne.at mit Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) finanziert und läuft bis September 2023. Das BML unterstützt angewandte, problemorientierte und praxisnahe Forschung im Kompetenzbereich des Ressorts.
Quelle: OTS