vonRedaktion Salzburg
MÄRZ 22, 2024
Wien setzt sich mit Diskriminierung rund um Mehrsprachigkeit auseinander
Zum Thema „Sprache und Mehrsprachigkeit: Rassismuskritische Perspektiven“ lud die Stadt Wien Vereine zur Fachtagung anlässlich des „Internationalen Tages gegen Rassismus“ in das Rathaus ein. Rund 200 Menschen nahmen an dieser erstmalig von der Abteilung Integration und Diversität organisierten Veranstaltung teil. Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr eröffnete die Fachtagung.
Menschen aus 180 verschiedenen Nationen leben in Wien. Fast die Hälfte der Wiener*innen ist mehrsprachig und kann alltägliche Unterhaltungen in zumindest zwei Sprachen führen. Mehr als ein Drittel spricht sogar drei oder mehr Sprachen. Die Tagung ging der Frage nach, wie sich rassistische Diskriminierung in der Alltagssprache ausdrückt und die soziale Inklusion und die gesellschaftliche Anerkennung von mehrsprachigen Menschen in der Bundeshauptstadt behindert.
Mehrsprachige Metropole: Chancen kreieren und nutzen
„In Wien ist fast die Hälfte der Bevölkerung mehrsprachig. Sprache darf nicht als Werkzeug der Ausgrenzung benutzt werden. Wir müssen betonen, dass Mehrsprachigkeit ein Schatz ist, der Wien bereichert und stärkt. Es ist unsere Pflicht und unser Privileg, diesen Schatz zu hegen und zu pflegen. Heute setzen wir ein Zeichen gegen Rassismus und für ein Wien, in dem jede Stimme gehört, jede Sprache geschätzt und jeder Mensch respektiert wird. Lassen Sie uns gemeinsam eine Zukunft bauen, in der Mehrsprachigkeit nicht als Barriere, sondern als Brücke zu Verständnis, Respekt und sozialer Inklusion dient.“ sagte Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr in seiner Eröffnungsrede.
Die Wiener Gemeinderätin und Anti-Rassismus-Aktivistin Mireille Ngosso stimmte in diesen Tenor mit ein: „Sprache ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sie spiegelt Machtdynamiken und gesellschaftliche Strukturen wider. Mehrsprachigkeit enthüllt das komplexe Geflecht menschlichen Ausdrucks, deckt aber auch den systemischen Rassismus auf, der in sprachlichen Hierarchien verankert ist. Kritische Perspektiven auf Sprache und Mehrsprachigkeit verdeutlichen, wie das geht. Rassismus wirkt durch sprachliche Marginalisierung und verewigt Ungleichheit und Entrechtung. Um Rassismus effektiv abzubauen, müssen wir die unterdrückerischen Sprachideologien, die ihn stützen, hinterfragen und herausfordern."
Mit dem Förderschwerpunkt „Unterstützung von Mehrsprachigkeit“ für das Jahr 2024 (5.000 Euro pro Projekt) bekräftigt die Abteilung Integration und Diversität der Stadt Wien ihr Engagement, mehrsprachige Angebote und Initiativen zu fördern und auszubauen. Daneben sucht sie laufend ehrenamtliche Lesepat*innen, die Kindern in ihrer jeweiligen Erstsprache Geschichten und Kinderbücher vorlesen, um Multilingualität zu fördern. Die Abteilung Integration und Diversität bietet neu gewanderten Wiener*innen zudem zahlreiche Orientierungsveranstaltungen wie individuelle Beratungsgespräche (Startcoachings) und kostenlose Informationsveranstaltungen in über 20 Sprachen an.
Wien positionierte sich 2014 mit einer Deklaration als Stadt der Menschenrechte und erklärte die Absicht, Sensibilität sowie Maßnahmen für Menschenrechte in allen Teilen der Gesellschaft zu fördern. Außerdem ist die Bundeshauptstadt seit 2008 Mitglied in der Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus (ECCAR), einem Bündnis, das sich aktiv für Maßnahmen gegen Rassismus auf kommunaler Ebene einsetzt.
Mehrsprachigkeit und Vielfalt anerkennen, Rassismus verlernen
Die Schülerin Maya Enyangaro Schad, letztjährige Gewinnerin des mehrsprachigen Redewettbewerbs "Sag's Multi" des ORF, gab in ihrem Vortrag Einblicke in die Perspektive von Jugendlichen auf Mehrsprachigkeit und ihren Umgang damit. Dabei betonte sie: „Es geht darum Stimmen hörbar zu machen, die unterdrückt werden. Damit Vielfalt uns stärker machen kann, müssen wir Vielfalt stärken.“
„Bei der Tagung setzten sich zahlreiche Organisationen und Expert*innen, die im Bereich rassismuskritischer Bildung tätig sind, in interaktiven Formaten mit der Rolle von Sprache und Mehrsprachigkeit bei gesellschaftlicher Benachteiligung und Ausgrenzung von Menschen auseinander. Es ist gelungen, deren wichtige Arbeit sichtbar zu machen, Austausch und Diskussion zu bewährten Praktiken zu fördern und neue Impulse für den Umgang mit Sprache und Mehrsprachigkeit zur Bekämpfung von Rassismus zu setzen“, resümierte Karin König von der Abteilung Integration und Diversität (MA17).
Podiumsdiskussion: Bekämpfung von sprachlichen Rassismus im Bildungssystem
Wie diese Umsetzung im Bildungsbereich aussehen müsste, erörterten in der hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion Ali Dönmez (DaZ-Lehrer), Elfie Fleck (DaZ-Lehrerin und ehemalige Leiterin des Referats Migration und Schule im Bildungsministerium), Rita Isiba (ZARA-Geschäftsführerin), Munira Mohamud (Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus) und Magdalena Osawaru (Black Voices Volksbegehren). Im Rahmen des Abschlussvortrags "Rassismuskritische Perspektiven auf Mehrsprachigkeit" präsentierte Assimina Gouma, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Wien, praktische Lösungsansätze wie Bewusstseinsbildung, Sensibilisierung oder Stärkung von mehrsprachigen Gemeinschaften, um gegen Diskriminierung und Rassismus vorzugehen.
Quelle: Stadt Wien