Was wir von Alpenvereinshütten über das Energiesparen lernen können

vonOTS
OKTOBER 21, 2022

Foto: Markus Kohlmayr/Alpenverein

Foto: Zellerhütte/Alpenverein

Vorbilder in Sachen Nachhaltigkeit: Begehrtes Umweltgütesiegel an Zellerhütte und Voisthalerhütte vergeben

Der Österreichische Alpenverein betreibt seine 231 Hütten mit dem ehrgeizigen Ziel, diese zu vorbildlichen Beherbergungsstätten im Hinblick auf eine ökologische und nachhaltige Bewirtschaftung zu entwickeln. Gerade in herausfordernden Zeiten, in denen Energiesparen zum Gebot der Stunde wird, können wir viel von den Inseln im Gebirge lernen. Der Alpenverein gibt Tipps und zeichnet zwei ganz besondere Hütten für ihr herausragendes ökologisches Engagement mit dem begehrten Umweltgütesiegel aus.

Alpenvereinshütten als Vorbild für nachhaltige Energieversorgung

Das oberste Gebot lautet beim Alpenverein bereits seit jeher: Den Energieverbrauch minimieren, wo immer möglich. Schon aufgrund der Insellage der Hütten in weitgehend unerschlossenen Gebieten ist dieser Vorsatz bei Planung und Erhalt von Schutzhütten ein ständiger, nicht weg zu denkender Begleiter. „Aus ökologischer Sicht sind unsere Hütten vorbildlich. Erstens aus Überzeugung, zweitens aus der Mangelsituation und den erschwerten Bedingungen am Berg heraus. Wir hoffen, damit auch eine Inspiration für die ‚normalen‘ Gastro- und Unterkunftsbetriebe unten im Tal zu sein“, sagt Andreas Ermacora, Präsident des Österreichischen Alpenvereins.

Auch in Punkto Verhalten lässt sich so manches vom Berg ins Tal transferieren: „Im Zuge unserer Bergabenteuer verbrauchen wir auf Hütten ganz selbstverständlich weniger heißes Wasser, kommen länger mit der gleichen Wäsche aus und kleiden uns nach dem Zwiebelschalenprinzip. Auf Grund der weiten Wege optimiert jede Alpenvereinshütte ihre Transportwege für die Lebensmittelversorgung – übertragen auf unseren Alltag kann eine solche Einstellung einen Beitrag leisten, als Gesellschaft Energie einzusparen, in dem wir beispielsweise bereits am Heimweg von der Arbeit den Einkauf erledigen und nicht extra dafür mit dem Auto losfahren“, gibt Andreas Ermacora als Anregung mit.

Wider die Energiekrise: Über den aktuellen Strompreis und die Gasknappheit müssen sich die allermeisten Alpenvereinshütten jedenfalls keine Sorgen machen. „Beheizt werden unsere Schutzhütten in Extremlage in der Regel weder mit Öl noch mit Gas. Wir fördern keinerlei fossile Energieträger und sehen zum Beispiel keine Raumheizung in Schlafräumen vor. Die Standardkonfiguration zur Energieversorgung auf Hütten ist ein netzunabhängiges, hybrides System aus PV-Anlage und Batterien, wenn möglich ein Kleinwasserkraftwerk und/oder rapsölbetriebene Blockheizkraftwerke samt Kraft-Wärmekopplung aus Kühlwasser und Abgasen als Redundanz“, erklärt Doris Hallama, Alpenvereins-Vizepräsidentin. Zur Warmwassergewinnung wird ebenfalls entweder solarthermisch, mit Überschussstrom aus der PV-Anlage oder mittels Wärmeauskopplung aus einem Holz- oder Pelletofen gearbeitet.

Um das Engagement im Bereich Umweltschutz besonders zu fördern, wird seit 1996 das renommierte Umweltgütesiegel für Alpenvereinshütten verliehen. Dieses Jahr durften sich Vertreter der Zweigvereine Alpenverein TK Windischgarsten und des Alpenverein Austria über die begehrte Auszeichnung freuen: Die Zellerhütte (Totes Gebirge, 1.575 m) und die Voisthalerhütte (Hochschwabgruppe, 1.654 m) wurden für ihr ökologisches Engagement ausgezeichnet.

Ein Ort der Sinnlichkeit: Die Zellerhütte im Toten Gebirge

Die kleine Hütte mit 26 Schlafplätzen liegt traditionell am Anstieg zum Warscheneck inmitten eines unberührten Lärchenwaldes. Die 1901 erbaute und im Frühjahr 2018 sanierte Zellerhütte wird von den erfahrenen Hüttenwirtsleuten Theresia und Wolfgang Panholzer mit Team gleichsam liebevoll und hochprofessionell bewirtet und ist im Besitz des Alpenverein-Zweigvereins TK Windischgarsten.

„Die Kriterien für das Umweltgütesiegel erfüllt die Zellerhütte auf vorbildliche Art und Weise, alle Musskriterien werden erfüllt, von den möglichen 75 Punkten bei den Sollkriterien werden sogar hervorragende 70 Punkte erreicht“, zeigt sich Doris Hallama, erfreut.

Der Spagat zwischen Tradition und Moderne ist bei der Zellerhütte hervorragend gelungen: Während man sich in der urigen Holzstube mit dem Kachelofen gleich heimelig fühlt und der Charakter einer Bergsteigerhütte erhalten blieb, hat die Hütte seit der Modernisierung 2018 dennoch ein hoch technologisiertes Herz: „Das Energiekonzept ist schlüssig und funktioniert mit PV-Anlage und Blockheizkraftwerk auf Pflanzenölbasis einwandfrei. Die Hüttenpächter beschäftigen sich sehr stark mit der Technik und können Verbräuche plausibel erklären, nachvollziehen und entsprechend reagieren“, lobt Georg Unterberger, Leiter der Abteilung Hütten, Wege & Kartographie. Und weiter: „Energie war immer schon ein wertvolles und rares Gut. Intelligent geführte Alpenvereinshütten können eine Vorbildwirkung für alle haben.“

Modern am Berg: Die Voisthalerhütte

Unter den eindrucksvollen Mauern des Hochschwab liegt die Voisthalerhütte des Alpenverein Austria am Beginn des schönen Hochtals Obere Dullwitz. Die alte Voisthalerhütte thronte dort bereits seit 1898, nach über 120 Jahren konnte die Gebäudesubstanz aber angesichts ihres baulichen Zustandes und den heute gültigen gesetzlichen, technischen und hygienischen Auflagen nicht mehr in einem wirtschaftlichen Sinne saniert werden. Nach der Wettbewerbsauslobung 2018 wurde der Ersatzbau der Voisthalerhütte nach dem Grundsatz „so groß wie notwendig und so klein wie möglich“ geplant und optimiert, sodass der Holzmassivbau heute energetisch und bautechnisch den neusten Standards entspricht.

Die neue Voisthalerhütte mit 48 Schlafplätzen setzt seit August 2021 mit ihrem einfachen, klaren Volumen ein gut sichtbares Zeichen im hochalpinen Gelände. „Aufgrund der Wasserknappheit im Karst und der entsprechenden Bewusstseinsbildung wurden in der neuen Hütte keine Gästeduschen errichtet. Die Trinkwasserversorgung erfolgt durch eine neu errichtete Quellfassung samt vergrößerten Wasserreservoiren im Westen des Gebäudes“, erklärt Georg Unterberger. Die Abwasserentsorgung erfolgt über die neu konzipierte, vollbiologische Kläranlage mit anschließender Versickerung.

Auch in Sachen Energieversorgung ist der Neubau autark: „Das flache Pultdach wurde für den maximalen Sonneneintrag zweiseitig geneigt ausgerichtet und trägt eine entspiegelte PV-Anlage mit einer Leistung von 22 kWp und Pufferbatterien“, informiert Unterberger. Da es in den Saisonrandzeiten zur Verschattung durch die umliegenden Gebirgskämme kommt, wird die PV-Anlage durch ein neues Rapsöl-Blockheizkraftwerk mit Kraft-Wärmekopplung unterstützt. Dieses ersetzt ein altes Dieselaggregat, wodurch der Verbrauch von rund 1.700 Liter Diesel jährlich vermieden wird.

Umweltgütesiegel: Strenge Kriterien

Der Alpenverein setzt sich stark für eine nachhaltige Energieversorgung und die Umweltfreundlichkeit seiner Hütten ein. So erfüllen bereits viele Schutzhütten die strengen Voraussetzungen des Umweltgütesiegels. Damit sind umweltgerechte Bewirtschaftung, geregelter Wasserverbrauch und sparsamer Energieeinsatz garantiert. Um das Umweltgütesiegel zu erhalten, sind Faktoren wie Energieeffizienz und -versorgung, Abwasserbehandlung, Abfallvermeidung und -entsorgung oder auch eine sauber gehaltene Hüttenumgebung ausschlaggebend. Zu den Grundvoraussetzungen zählen die Identifikation der Hüttenwirtsleute mit den Zielen des Umweltgütesiegels, der Ideologie des Alpenvereins, der ÖAV-Hüttenordnung sowie ein umweltgerechtes und energieeffizientes Betreiben und Bewirtschaften der Alpenvereinshütte unter Beachtung aller bundes- und landesgesetzlichen Regelungen. Alle Neuinvestitionen in Ver- und Entsorgungsanlagen sind dabei dem aktuellen Stand der Technik angepasst, um einen geringstmöglichen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen.

Der Österreichische Alpenverein, der Deutsche Alpenverein sowie der Alpenverein Südtirol haben zusammen bereits 135 ihrer Hütten mit dem Umweltgütesiegel ausgezeichnet.

Quelle: OTS

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