vonRedaktion International
MAI 17, 2022
Der Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser zu Gast
Der Weltklimabericht war heute Dienstag, 17. Mai, Thema im monatlichen Stadtforum. Alle sieben Jahre wird der umfangreiche Bericht auf Basis tausender Studien erstellt. Der Südtiroler Glaziologe und international gefragte Klimaforscher Dr. Georg Kaser, der beim Bericht mitwirkte, erläuterte den anwesenden VertreterInnen der Gemeinderats-Fraktionen die neuesten Erkenntnisse der Forschung – und zeichnete dabei ein drastisches Bild: „Wir sind in einer extrem dramatischen Situation, bereits 1,5°C mehr werden zu einer immensen Belastung der Gesellschaft führen und noch sind wir mangelhaft vorbereitet.“ Und aktuell, so Kaser, befänden wir uns nicht auf dem Weg, das 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erde bis 2025 um 2,5°C erwärmt, liegt bei 50 Prozent.
Das Eis der Polarkappen schmilzt, der Anstieg des Meeresspiegels um 0,5 bis 1 Meter ist bereits nicht mehr umkehrbar, Städte wie London, Kopenhagen, Hamburg und Venedig werden noch in diesem Jahrhundert bei Sturmfluten großräumig evakuieren müssen, ist Dr. Georg Kaser überzeugt. Die Auswirkungen der Erderwärmung spüren wir schon jetzt in Form von Wetterextremen: Hitzeextreme, heftige Niederschläge und Dürreperioden werden häufiger, intensiver und dauern länger.
Was muss Innsbruck tun?
Diese Auswirkungen treffen Regionen in den Alpen teils härter und früher. In Innsbruck wurde bereits letzte Woche das erste Mal die 30-Grad-Marke geknackt – dies geschieht mittlerweile 25 Tage früher als noch von 1961 bis 1990, wie vergangene Woche auch im Wetterbericht der „Zeit im Bild“ erklärt wurde. Was kann Innsbruck bzw. andere Städte konkret tun? „Es braucht eine Bestandsaufnahme der Emissionen, dann einen Plan nach dem Motto – wo kann ich schnell einsparen, wo mittel- oder längerfristig – und es braucht ein Monitoring dieses Prozesses. Damit Ziele nicht nur formuliert, sondern auch eingehalten werden und Strategien im Fall auch geändert werden können“, so Kaser. Dabei muss der Fokus das Erreichen des Null-Emissionen-Ziels, also Klimaneutralität sein. Dafür, betont der Forscher, brauche es aber einen fundamentalen, gesellschaftlichen und politischen Systemwechsel. „Und am Ende werden wir auch Heilige Kühe wie den Individualverkehr und das Wirtschaftswachstum schlachten müssen“, betont Georg Kaser. Noch sei das Fenster, der Klimakrise zumindest entgegen zu wirken, offen: „Aber es schließt sich sehr schnell.“
Was passiert bereits?
„Wir müssen die Stadt dringend kühlen und Hitzeinseln vermeiden bzw. ihnen mit mehr Grün und zum Beispiel Wasserspielen entgegenwirken“, betont Bürgermeister Georg Willi und verweist auf entsprechende Projekte wie die Neugestaltungen des Bozner Platzes, des Lugger-Platzes im Olympischen Dorf und den am Montag eröffneten „cool-INN“-Park bei der Messe. In Sachen Grünraumgestaltung arbeitet das Amt für Grünanlagen vermehrt nach dem Schwammstadt-Prinzip. Um die zunehmende Hitzeentwicklung kompensieren zu können, braucht es die schattenspendende und kühlende Ausgleichsfunktion der Bäume. Mithilfe des Schwammstadt-Prinzips werden unter den Straßen und Gehwegen neue Wurzelräume geschaffen, diese werden mit grobkörnigem Schotter und wasserspeichernden Materialien angelegt. Regenwasser kann so länger gespeichert werden und steht den Bäumen länger zur Verfügung. Dieses Prinzip wurde beim „cool-INN“-Park bei der Messe angewandt und kommt auch beim Bozner Platz zum Einsatz.
Außerdem, so Bürgermeister Georg Willi, müsse der Ausbau des Rad- und Öffi-Verkehrs weiter forciert werden. In Sachen Energieeffizienz sei man mit dem Passivhaus-Standard bei städtischen Neubauten bereits Vorreiter, auch die städtischen Beteiligungen IKB und IVB würden wichtige Beiträge zum Klimaschutz leisten. Mit der laufenden Klimawandelanpassungsstrategie – eine Zusammenarbeit von externen wie magistratsinternen ExpertInnen – werden zahlreiche Maßnahmen in verschiedenen Bereichen erarbeitet und umgesetzt. Dieser Prozess hilft dabei, Schritte gegen die Klimakrise noch gezielter und effizienter zu setzen. Denn, ist auch Bürgermeister Georg Willi überzeugt: „Wir müssen mehr tun – und das schneller.“
Quelle: Stadt Innsbruck