vonRedaktion Salzburg
SEPTEMBER 03, 2022
Jahresstatistik 2021 zeigt beinahe gleichbleibende Anzahl von Bezieher*innen – aufgrund niedrigerer Einkommen geringfügig höhere Leistungen – Rückgang bei Familien und Frauen.
Die Anzahl der Beziehenden von Wiener Mindestsicherung hat 2021 im Jahresdurchschnitt 135.649 Personen betragen und blieb damit nahezu unverändert. Gegenüber 2020 sank die Anzahl der Beziehenden um weniger als ein Prozent bzw. 618 Personen,erläuterten Sozialstadtrat Peter Hacker und die Leiterin der Abteilung Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht (MA 40) der Stadt Wien, Agnes Berlakovich am Freitag anlässlich der Präsentation des Jahresberichtes der Wiener Mindestsicherung für das Jahr 2021.
Während bei Familien mit bis zu drei Kindern und jüngeren Frauen ein Rückgang zu verzeichnen ist, sind andere Gruppen wie Alleinerziehende mit mehreren Kindern und ältere Frauen vermehrt auf Unterstützung angewiesen.„Das Wiener Mindestsicherungsmodell als letztes soziales Netz ist aktuell wichtiger denn je“, erklärt Sozialstadtrat Peter Hacker. „Mit seinem zielgruppenspezifischen Ansatz übernimmt die Wiener Mindestsicherung eine Vorreiterposition in Österreich. Mit Maßnahmen wie der Wiener Jugendunterstützung und dem Woman Empowerment für alleinerziehende Mütter schaffen wir Perspektiven für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Ähnliche Schwerpunkte wären auch für Drittstaatsangehörige denkbar, dazu braucht es aber auch entsprechende Arbeitsmarktprogramme und gute Deutschkurse vom Bund.“
Laut Jahresbericht sanken die Einkommen der Beziehenden 2021 erneut, die Leistungshöhe ging dadurch geringfügig nach oben. 2021 hatte eine Bedarfsgemeinschaft in der Wiener Mindestsicherung durchschnittlich ein monatliches Einkommen (z.B. aus Erwerbstätigkeit, AMS-Einkommen, Pensionseinkommen) in Höhe von 499 Euro zur Verfügung, das sind um insgesamt 13 Euro weniger als im Vorjahr. Die Leistungshöhen steigen gleichzeitig um 3 Euro. Insgesamt erhalten Bedarfsgemeinschaften im Durchschnitt 730 Euro pro Monat aus der Wiener Mindestsicherung.
„Gerade in einer Zeit, in der die Lebenserhaltungskosten stark steigen, wird die Aufgabe der Mindestsicherung zur Sicherung eines ausreichenden Lebensunterhalts wieder stärker in den Vordergrund gerückt. Die Abteilung für Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht hat in den letzten beiden Jahren zusätzliche Leistungen – sowohl des Landes Wien, als auch im Auftrag des Bundes – für Beziehende der Wiener Mindestsicherung ausgezahlt, um die Folgen der Pandemie und der Teuerung abzufedern“, erklärt Agnes Berlakovich, Leiterin der Abteilung Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht der Stadt Wien.
Um die steigenden Energiepreise abzufedern, hat die Stadt Wien im Rahmen der Wiener Energieunterstützung ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, von dem über eine Million Wiener*innen profitieren. Im Rahmen der Energiekostenpauschale erhielten über 200.000 Mindestsicherungsbezieher*innen, Arbeitslose und Notstandshilfebezieher*innen von der Stadt eine Direktanweisung in Höhe von 200 Euro, für Alleinerziehende gab es einen Zuschlag von 100 Euro. Durch die Energieunterstützung Plus und den Wiener Energiebonus werden bis Jahresende bis zu 650.000 Haushalte Unterstützungen von der Stadt unterstützt. „Wir haben hier punktgenau, rasch und unkompliziert geholfen, während die Bundesregierung ankündigt, verschleppt und die Menschen mit vermeidbaren Gegenverrechnung wie beim Teuerungsausgleich verwirrt“, so Sozialstadtrat Hacker.
„In diesen herausfordernden Zeiten ist es wichtig, besonders betroffene Menschen mit maßgeschneiderten Angeboten zu unterstützen. Mit dem U25 können wir Jugendliche und junge Erwachsene gezielt und bedarfsgerecht an den Arbeitsmarkt heranführen. Die jungen Menschen nehmen das Angebot auch gerne an, in den letzten zwei Jahren konnten 30.000 Arbeitsvermittlungen verbucht werden. Es ist überaus erfreulich, wenn wir junge Menschen mit diesem Angebot Perspektiven für ihre berufliche Zukunft aufzeigen und sie dabei begleiten können“, so Jörg Konrad, Sozialsprecher von NEOS Wien.
Zentrale Entwicklungen der Wiener Mindestsicherung 2021:
Weniger Familien sind auf Mindestsicherung angewiesen – Rückgang um 4%Vor allem Paare mit bis zu drei Kindern schaffen 2021 den Ausstieg aus der Mindestsicherung, wobei anzumerken ist, dass mit steigender Kinderzahl der Ausstieg schwieriger wird. Der Rückgang beläuft sich bei Paaren mit einem Kind auf 10%, bei Paaren mit zwei Kindern auf 6%. Die Zahl der Paare mit vier oder mehr Kindern stagniert. Eine gegenläufige Entwicklung ist bei Alleinunterstützten zu sehen: Ihre Anzahl steigt um 6% im Vergleich zum Vorjahr – u.a. wegen der steigenden Zahl der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten.
Frauen unter 45 Jahren finden 2021 vermehrt in BeschäftigungDer Rückgang der Personen ab 25 Jahren in der Wiener Mindestsicherung 2021 ist fast ausschließlich auf Frauen zurückzuführen: Ihre Anzahl sinkt um 406 Personen pro Monat, während jene der Männer um 252 Personen steigt. Ein Blick auf die Beschäftigungszahlen zeigt, dass dies insbesondere auf Frauen unter 45 Jahren zutrifft. Bei Personen über 45 Jahre gibt es kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
80% aller ABGÄNGE waren nicht über Wiener Mindestsicherung krankenversichertDieser Anteil ist überdurchschnittlich hoch und verdeutlicht, dass arbeitsmarktnahe Personen, die durch AMS, Arbeitgeber*in oder Selbstversicherung krankenversichert waren, eher aus der Mindestsicherung aussteigen. Dies zeigt sich auch in der deutlich höheren Abgangsquote von Personen mit Erwerbseinkommen oder Personen mit AMS-Einkommen. Umgekehrt lässt sich daraus ableiten, dass die Krankenversicherung über die Wiener Mindestsicherung als Indikator für einen längeren Verbleib gesehen werden kann.
Jedes siebte Kind in Wien lebt in einer Bedarfsgemeinschaft der Mindestsicherung47.826 Kinder leben in einer Bedarfsgemeinschaft der Wiener Mindestsicherung. Das sind 14,5% der Kinder in Wien, die in Haushalten mit einem Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle leben. Die Armutserfahrungen der Kinder äußern sich in vielen Lebensbereichen: Gesundheit und Ernährung, Wohnqualität, Kleidung, Bildung und Freizeitgestaltung. Diese vielschichtigen Herausforderungen haben sich für Kinder und Jugendliche durch COVID-19 nochmals deutlich verschärft und zu zusätzlichen Schwierigkeiten in den Bereichen Bildung, Fürsorge und Sicherheit sowie psychische Gesundheit geführt.
Schlechterstellung der Frauen am Arbeitsmarkt hat Auswirkungen auf PensionWährend nur 3.480 Männer über 66 Jahre auf Unterstützung der Wiener Mindestsicherung zurückgreifen müssen, sind es bei Frauen mit 6.173 Personen fast doppelt so viele. Die deutlich niedrigeren Einkommen der Frauen im Erwerbsalter führen – in Kombination mit einer geringeren Anzahl an Versicherungsjahren – zu einer deutlichen Schlechterstellung der Frauen im Pensionsalter. Im europäischen Vergleich ist der Unterschied der ausbezahlten Pensionen zwischen den Geschlechtern in Österreich besonders hoch.
Weniger Frauen, aber mehr Männer mit Erwerbseinkommen in der MindestsicherungWährend 2020 ein deutlicher Rückgang der Personen mit Erwerbseinkommen verzeichnet worden ist, steigt 2021 die Zahl wieder, allerdings nur sehr gering (+1%). Diese Entwicklung ist innerhalb der Geschlechter und Erwerbseinkommensarten sehr unterschiedlich: Während mehr Männer mit Erwerbseinkommen (+2%), aber auch mit Lehrlingsentschädigungen (+8%) in Bezug sind, erhöht sich bei den Frauen nur die Anzahl der Bezieherinnen mit Lehrlingsentschädigung (+22%). Frauen mit Erwerbseinkommen hingegen gehen vermehrt aus der Mindestsicherung ab (–5%). Insgesamt beläuft sich der Anteil der Personen mit Lehrlingsentschädigung auf 13% aller Personen mit Erwerbseinkommen. Die Höhe der Erwerbseinkommen (inkl. Lehre) liegt pro Person und Monat bei 622 Euro. 7% aller Mindestsicherungsbeziehenden sind erwerbstätig. Insgesamt sind 63% der Personen mit Erwerbseinkommen in der Mindestsicherung männlich. Dieses Geschlechterverhältnis spiegelt sich auch bei den Working Poor in Wien wider: 13% der erwerbstätigen Wiener gelten als Working Poor, bei den erwerbstätigen Wienerinnen sind es 8%.
Bezugsdauer der Alleinerziehenden steigt erneutWährend sich an der Zahl der Alleinerziehenden in der Wiener Mindestsicherung 2021 wenig verändert, zeigt sich bei der Bezugsdauer neuerlich ein Anstieg. Sie erhöht sich auf 9,07 Bezugsmonate. Insbesondere die Anzahl der Kinder scheint entscheidenden Einfluss auf die Ausstiegsmöglichkeiten aus der Wiener Mindestsicherung zu haben: Die Zahl der Alleinerziehenden mit einem Kind sinkt um 2%, bei den Alleinerziehenden mit vier oder mehr Kindern steigt sie um 3%.
Statistik der Wiener Mindestsicherung für 2021 in Vollversion online:https://www.wien.gv.at/spezial/mindestsicherung/
Quelle: Stadt Wien